und warum hat es in den ehemaligen ostblockstaaten funktioniert? die grösse russlands allein kann nicht der grund sein, dass die reformen, die man eigentlich schon in der hochphase des kalten krieges bereits hätte durchführen müssen, dass das land dermassen schnell kollabiert ist nach glasnost und perestroika.
Weil diese im Grunde allesamt eine eigene Identität hatten und zum Teil lange vorher von zentraleuropäischen Monarchien wie Österreich-Ungarn oder Deutschland beherrscht wurden, wo es einfach schon andere Impulse gab als im overall eher stagnierenden Zarenreich. Nimm dir Tschechien (trotz der deutschtümeligen österreichischen Regierung ein Industriezentrum und Hort der rechtlichen Entwicklung [bspw. Hans Kelsen stammt von dort]) als Beispiel oder Polen (Demokratievorläufer bereits im 18. Jhd., selbstbewusst in Punkto nationaler Selbstbestimmung). Dort war auch durch die Durchmischung der Bevölkerung (und sei es auch nur der oberen Schichten) mit u.a. deutschstämmigen Menschen der Einfluss der Entwicklungen in West- und Zentraleuropa höher, weil man etwa auch eine gemeinsame Sprache hatte, die den Austausch erleichterte. Zudem sind die 2004 aufgenommenen Länder vergleichsweise klein, wenn man sie in Relation zu Russland setzt. Und trotzdem ist dort auch jetzt nicht alles Eitelwonne, trotz Unionsbeitritt, etc.
Und größere Länder wie Rumänien, Bulgarien oder die Ukraine sind noch schlimmer beinander und nicht gerade Vorzeigemodelle für einen funktionierenden Übergang. Die haben noch immer große Probleme in Punkto Rechtsstaatlichkeit und der Verinnerlichung von Seiten der Bevölkerung bzgl. dieses Konzeptes. Keine Ahnung, worauf das nun genau zurückzuführen ist, aber ich denke, dass der stagnierende Einfluss des Zarenreiches, des Osmanischen Reiches und dann der der SU dort seine mentalen Spuren hinterlassen konnte, weil es bisher stets an Alternativen mangelte.
Durch die riesige Ausdehnung Russlands hat besagter Einfluss der politischen Emanzipation des einfachen Bürgers aber bestenfalls bis in den russischen Westen (also Teile: des alten Polens, Rumäniens, der Ukraine) gereicht, danach hat er aber gefühlt rapide abgenommen. Und wie hätte er sich auch festsetzen sollen, wenn zuerst der Zar und dann die Tscheka und der NKWD alles in der Hinsicht entweder nach Sibirien oder gleich ins Grab schickte? Auch das Wirtschaftssystem war nicht (bzw. nur
sehr, sehr kurz auf das Entstehen einer selbstbewussten Mittelschicht ausgelegt. Da kann sich keine Bürgermentalität west-/zentraleuropäischer Prägung entwickeln, die aber eine nicht unwesentliche Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie nach unserem Muster ist.
Wenn diese also fehlt, was bleibt dann noch als Option, um ein Land mit dieser Größe und diesen ethnischen Unterschieden zusammenzuhalten, zu konsolidieren und wirtschaftlich wieder auf die Schiene zu bringen? Eine Demokratie ist letztlich nur so stark wie sie Rückhalt in der Bevölkerung hat. Wenn die aber apathisch ist, dann war es das mit ihr.
Bzgl. Reformen: also ich hab meine Zweifel, ob es so sinnvoll für das russische Volk war, den Staat in einen Selbstbedienungsladen für Glücks- und Raubritter zu verwandeln. Genau das war neben den nationalistischen Zentrifugalkräften ja einer der Gründe, warum es so grandios bergab mit Russland ging. Und dabei hat die Absenz einer effektiv kontrollierenden Zentralgewalt - bedingt durch Größe und Schwächung - sicherlich einen erheblichen Anteil dazu beigetragen.