speedyjoe schrieb:
ich schaue nie tagesschau. in der regel bietet sie mir nur eine zusammenfassung der heutigen ereignisse, die ich ohnehin schon in den medien gelesen habe. wieso also eine halbe stunde dafür aufwenden? die tagesschau ist deshalb, aus meiner sicht, wenig geeignet, fundierte berichte zu liefern, da es von anderen tagesereignissen konkurrenziert wird.
Das Schlimme an der Ukraine-Krise ist nicht nur die lückenhafte Berichterstattung und auch nicht, daß der ganze Krisenverlauf allein den USA in die Hände spielt (Nato-Aufrüstung, neues Feindbild, wirtschaftliche Ostabschottung der EU, TIPP und Fracking), sondern vor allem der Mangel an Diskussion innerhalb der EU.
Auch eine Opposition scheint es kaum noch zu geben, lediglich Ex-Politiker, die nichts mehr zu verlieren haben, äußern sich offen skeptisch.
Die EU scheint in Angststarre vor dem großen geopolitischen Spiel zu verharren. Die Doppelmoral in der Anfangszeit Kiews mag noch nachvollziehbar sein, aber spätestens jetzt müssen doch Fragen gestellt werden, wie sich Kiew die Zukunft der Ukraine vorstellt. Es sind schon weniger unfähige Regierungen zurückgetreten und die waren immerhin ordentlich gewählt.
Sogar die sonst vielbemühte UN wird nur noch von russischer Seite angerufen.
Die alte Krise ist im Süden noch nicht überwunden, und wir lassen schon willfährig die nächste zu?
Aber wenn wir schon von Qualitätsjournalismus sprechen, dann wird das nur spät im ZDF ausgestrahlt :
ZDF - Die Anstalt - vom 29.04.2014
Auch wenn RT als pro-russisch gilt, trauen sie sich immerhin direkt vor Ort zu berichten:
Youtube - Odessa: Ukrainian nationalists Finishes jumping people from a burning building.
Youtube - Odessa: Ukrainian nationalists shot at people who tried to escape from the fire
Youtube - Odessa: People jumping from burning building in
Youtube - Slavyansk firefight : Gas pipe explodes amidst fierce fighting
Youtube - Panzer werden per Zug nach Donetsk transportiert
Erneut Kampfhubschrauber über Slawjansk abgeschossen
In der Tat wäre es interessant zu erfahren, wie Kiew es jetzt plötzlich geschafft hat, militärische Einheiten zu mobilisieren, nachdem bei früheren Versuchen eine hohe Zahl von Deserteuren augenfällig war. Man könnte auch denken, ein Pleitestaat könnte sich keine Parallelarmee zur regulären leisten. Wer also hat in der Nationalgarde angeheuert, wie wird sie finanziert und wie ausgerüstet. Kein Wort dazu ist in der Presse zu finden.
Ist es schon so, daß ein Journalist, der im "Ukrainian Crisis Media Center" danach fragt anschließend seine Akkreditierung verliert oder nicht mehr eingeladen wird?
Auch das wäre eine Meldung wert, denn Pressefreiheit ist gerade in der Ukraine beim Aufbau einer neuen Demokratie essentiell.
speedyjoe schrieb:
in dieser frage kommt natürlich auch der geopolitische aspekt hinzu, die einflusssphären. gibt kiew dem osten die autonomie, hat russland den machtpoker gewonnen und der westen verloren und das will er vermeiden. es ist auf dieser geopolitischen ebene eine zusätzliche konfrontation, auf der keine seite sein gesicht verlieren will und das verkompliziert die lösungsfindung in der ukraine.
Zur der Vollständigkeit deiner These fehlt noch ein bisschen an Hintergrundwissen :
Das Buch vom US-Politiker Zbigniew Brzezinski "Die einzige Weltmacht - Amerikas Strategie der Vorherrschaft" (
PDF) gilt als Blaupause dafür, was gerade in der Ukraine passiert. Die Ukraine taucht im Sachregister auf über 20 Seiten auf. Brzezinski schrieb zur Ukraine :
(S. 75):
„Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt, weil ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung Rußlands beiträgt. Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr. Es kann trotzdem nach einem imperialen Status streben, würde aber dann ein vorwiegend asiatisches Reich werden, das aller Wahrscheinlichkeit nach in lähmende Konflikte mit aufbegehrenden Zentralasiaten hineingezogen würde, die den Verlust ihrer erst kürzlich erlangten Eigenstaatlichkeit nicht hinnehmen und von den anderen islamischen Staaten im Süden Unterstützung erhalten würden. Wenn Moskau allerdings die Herrschaft über die Ukraine mit ihren 52 Millionen Menschen, bedeutenden Bodenschätzen und dem Zugang zum Schwarzen Meer wiedergewinnen sollte, erlangte Russland automatisch die Mittel, ein mächtiges Europa und Asien umspannendes Reich zu werden.“
Ukraine Krise - verdeckte Agenda in Berlin