Dass Mass Effect etwas besonderes war sieht man eben auch daran, wie intensiv auch noch 4 Jahre nach dem Relase des Spiels hier über das Ende diskutiert wird.
Versteht mich nicht falsch, ich habe Mass Effect wirklich geliebt und auch die ersten beiden Teile mehrfach durchgespielt. Auch den dritten Teil fand ich bis auf die letzten Minuten wunderbar. Die Mass Effect Trillogie war eines meiner absoluten Lieblingsspiele. Und wenn es Menschen gibt die mit dem Ende leben können und damit zufrieden sind ist das schön für sie.
Ich habe Mass Effect so sehr genossen und gemocht, dass ich mit dem Ende jedoch alles andere als zufrieden und immer noch enttäuscht bin. Die Leute bei BioWare und EA wussten was wir erwarten, haben aber dieses Vertrauen missbraucht; vermutlich des schnellen Geldes wegen. Warum sie das taten ist mittlerweile wirklich egal. Dass mein Vertrauen auf alle Zeiten weg ist was dieses Unternehmen als auch dieses Studio angeht bleibt aber Fakt.
Und wo ich echt das kalte Kotzen bekomme ist, wenn Leute schreiben dass man die Großartigkeit des Endes einfach nicht begreifen könne weil man zu dumm dafür sei. Ich lese sehr viele Bücher, tatsächlich sogar mehr als der Bevölkerungsdurchschnitt meines Alters (zumindest wenn man einer Untersuchung der Bertelsman-Stiftung glauben kann). Daher sind meine Ansprüche an erzählerische Qualität vermutlich einfach auch recht hoch, zugegeben. Aber ich hätte mich auch mit einem durchschnittlichen Ende zufrieden gegeben, ich habe ja gar nicht erwartet dass wir eine Lösung auf hochklassigem shakespearanischen Niveau erhalten.
Was wir jedoch erhalten haben ist - vom literarischen Standpunkt aus betrachtet - unterirdisch. Da gibt es auch nichts zu beschönigen. Es ist schwer zu verstehen warum so gutes und so schlechtes Storytelling bei Mass Effect 3 so dicht beisammen liegen. In den letzten 5 Minuten wird praktisch alles was man aus literarischer Sicht flasch machen kann falsch gemacht während man davor praktisch das Meiste richtig gemacht hat und weit über dem Niveau der üblichen Videospiele lag.
Ich möchte den Beitrag hier nicht ausarten lassen, gebe es daher nur verkürzt wieder: In den letzten 10 Minuten wird das Genre als auch der inherente Konflikt plötzlich gewechselt, man greift zudem zum Mittel einer Deus-Ex-Machina (hat nichts mit dem Spiel "Deus Ex" zu tun sondern ist ein Begriff aus der Theaterwissenschaft) was schon seit der Antike an für sich immer als Zeichen für sehr billiges und schlechtes Storytelling gilt, und verliert völlig den erzählerischen Narrativ. Ein intelligenter YouTuber hat dazu mal ein fast 40-minitüges Video (auf Englisch) gemacht in welchem er dies näher erklärt für Menschen die keine Literaturwissenschaften studiert haben:
YouTube-Video.
Dass manche Leute dann das Kind als psychologische Projektion oder sowas sehen, weil Shepard das Kind auf der Erde nicht retten konnte und deswegen innerhlich mit sich hadert, ist - verzeihung - auf dem erzählerischen Niveau einer Nachmittags-Soap und jedesmal wenn mir jemand in diese Richtung argumentiert, wirkt das auf mich wie wenn ich mit jemandem diskutiere der "Berlin Tag und Nacht" für anspruchsvolle Unterhaltung hält und glaubt nun in diesem Ende großartige literarische Tiefen zu entdecken. Um es kurz zu machen: das tut weh. So richtig.
Ich möchte damit wirklich niemanden beleidigen, ich habe selbst Freunde die oben genannte Sendung gern mal anschauen, aber ich muss mir das hier jetzt einfach mal von der Seele schreiben ohne meine Gedanken zu beschönigen.
Wie gesagt, es ist für mich vollkommen in Ordnung wenn jemandem das Ende gefällt, wo ich mich jedoch aufregen könnte ist wenn mir jemand kommt und behauptet man sei nicht intelligent genug um die Großartigkeit des Endes von Mass Effect zu erfassen. Wegen diesen Leuten kann BioWare jetzt ME:Andromeda produzieren und uns anspruchsvollere Kunden wieder vollkommen ingnorieren, es gibt ja genug zahlende Kunden die mit diesen billigen Lösungen zufrieden sind, nicht wenige daruter die bereitwillig Lösungen akzeptieren um nicht tiefer darüber nachdenken zu müssen und manche die sie sogar für große Philosophie halten. Das macht mich traurig und wütend zu gleich.