Abe81 schrieb:
Apropos Krise der Bildung, DerOlf: Dinge, die von einer Krise der Bildung zeugen:
- Frei flottierendes Denken: Von einem Thema locker assoziierend auf ein anderes umschwenken, z.B. von dem der Flüchtlingspolitik zum Bildungssystem, durch die Klammer 'Dinge, die blöd im Kapitalismus laufen', die das ganze sehr locker zusammenhalten soll ("Aber das [Antragsprüfung bei Flüchtlingen] ist ja zu teuer - genau wie ein brauchbares Bildungs- oder Sozialsystem DE auf dauer zu teuer war").
Du nennst es "frei flottierendes Denken" aber für mich ist das nichts anderes, als die Zusammenhänge zu berücksichtigen. Auch bei den Flüchtlingen geht es letztlich um ein "das können wir uns nicht leisten". Auch wenn es durch die Gewalt und Moral-Argumentation ausgeschmückt wird ... das mit abstand stärkste Argument ist das (nicht vorhandene) Geld.
Und da sehe ich eben Parallelen zu anderen Bereichen.
Ganz davon ab, schau dir mal den Threadtitel genauer an ... seen?
- Nicht erkennen, dass in den Worten "Alles um der lieben Effizienz wegen, aber eben nicht der Effizienz von Bildung oder Sozialleistungen sondern nur der finanziellen Effizienz wegen..." objektiv, also durch die sprachliche Struktur und Konjunktion, eine Affirmation von Effizienz der Bildung steckt; wenn wohl auch wider die eigene Absicht, etwas anderes ausdrücken zu wollen. Die Krise steckt also darin, gar nicht mehr das ausdrücken zu können, was man eigentlich sagen will.
Effizienz im Bildungssystem definiere ich eben etwas anders. Das hat mit Geld nicht das geringste zu tun (da es sich bei Bildung um eine nicht quantisierbare Zukunftsivestition handelt, ist es mMn widersinnig hier finanzielle Maßstäbe anzulegen).
Ich gebe zu, das war etwas ungenau formuliert - ich halte es nicht für schlecht, auch im Bildungssystem eine Effizienz anzustreben, ich halte nur den gewählten Weg (Kosteneffizienz) für den denkbar schlechtesten. Geht es denn wirklich um das Gelingen von Bildungsprozessen? Wenn ja, warum verkürzt man dann die Schulzeit, obwohl doch seit Jahrhunderten klar ist (eigentlich seit Jahrtausenden), dass gelingende Bidung vor allem eines braucht: Zeit.
Wenn Bildung eine "Investition in unsere Zukunft" darstellt, warum steht den Kommunen dann kein Geld für die Renovierung (oder auch nur Instandsetzung) von Schulgebäuden zur Verfügung?
Warum arbeiten Lehrkräfte teilweise mit Jahrzehnte alten Materialien?
Könnte es sein, dass DAFÜR (gesamtgesellschaftlich gewollt) kein Geld da ist - ist Bildung so unwichtig?
- Die Krise der Bildung auf eine staatliche Reform zu datieren bzw. durch etatistischen Eingriff hervorgerufen, anstatt sie in der gesamtgesellschaftlichen Verfassung zu verorten. Dass der Begriff der Bildung also selbst schon prekär geworden ist, wird verkannt. Sie durch staatlichen Eingriff (vulgo: Kürzung der finanziellen Mittel) verhunzt zu sehen, so als ob es ein richtiges Bildungsideal gäbe, dessen Verwirklichung nur an der Finanzierung scheitere, und nicht an dem, was als Bildung gilt - und dieses Verhältnis darauf zurückzuführen, wie die 'Funktionsweise' dieser Gesellschaft auch das produziert, was man Bildung nennt. Diese hat sich nach jener zu richten.
Natürlich kann ich die Schuld nicht auf den Staat schieben (was ich auch nicht getan habe), aber ich habe eben die Erfahrung (aus der Zeit vor und nach Bologna), dass es in unserer Gesellschaft eigentlich keinen gab, der sich wirklich für die Bildungsinstitutionen interessiert hat - abgesehen von Lehrenden und Lernenden. Der Rest fand's scheinbar einfach richtig - oder (was ich für wahrscheinlicher halte) hatte einfach kein Interesse. Schule? Pah, da bin ich seit Jahren durch mit dem Thema.
Gleichzeitig kamen aus der Pädagogik immer wieder kritische Einwände ggÜ einem an Europa angepassten Bildungssystem. Als es dann da war, musste man mit "Bildung Bolognese" eben einfach umgehen - es wirkte großflächig eher wie Schadensbegrenzung, was da in den Fakultäten und Kollegien diskutiert wurde.
Bei Mathe war man sich z.B. einig, dass schon 10 Jahre eigentlich zu kurz sind, für das, was eigentlich verstanden werden müsste. Die haben sich richtig drüber gefreut, dass sie den fast gleichen Stoff nun in 9 Jahren durchpeitschen müssen.
Klar ist diese Entwicklung daran orientiert, was unsere Gesellschaft mit Bildung assoziiert, als Pädagoge finde ich das aber einfach etwas traurig, da es abseits finanzieller Aspekte dadurch eben nicht besser geworden ist. Und das zeichnet ein Bild der Gesellschaft, das mir so garnicht gut gefallen will.
- Als großer Verteidiger des Rechtsstaats die Suspendierung der Gewaltenteilung befürworten, indem man dafür ist, dass diejenigen, die "inflagranti" (bei was auch immer) erwischt werden, sofort abgeschoben werden dürfen ("RAUS DAMIT" in Kapitalen). Die, die erwischen, dürfen also richten und exekutieren, da sei ja nicht mehr viel auszulegen, also da gebe es ja nichts mehr 'ordentlich zu ermitteln'.
Von solch einer Lynchjustiz habe ich ganz sicher nicht gesprochen - auch wenn du das gekonnt verkennst, für mich ist der Rechtsstaat und die darin installierte Gewaltenteilung ein unumstößlicher Fakt. Dieses "RAUS DAMIT" bedeutet also keinesfalls, dass jeder Polizist sofort abschieben kann. Es bezog sich eben darauf, dass man nicht eine Sonderbehandlung erhalten sollte, nur weil man aus einem anderen Kulturkreis stammt (oder eben Anwaltstochter). Wenn Du inflagranti ertappt wirst (z.B. beim Ladendiebstahl mit der "Beute" in der Hand), was glaubst du wie viel da deine Unschuldsbekundungen vor Gericht wert sind?
Natürlich muss es immer ein ordentliches Verfahren geben ... ich fasse es nicht - du musst mich für einen Vollidioten halten.
Vielleicht formuliere ich unglücklich - das will ich nicht ausschließen - aber manchmal kommt es mir so vor, als hättest du einen heiden Spass dran, meine Beiträge in beinahe sophistischer Manier zu zerpflücken. Du hast jedenfalls kein Problem damit, einzelne Aussagen aus dem Kontext zu lösen und sie in einer art "worst case" Interpretation zu kommentieren ...
Daher frage ich Dich jetzt mal, wo man einen Guide "arguing with abe81" findet.
Muss man dir eventuell alles in mikroskopisch kleinen Häppchen servieren - immer schön analytisch getrennt und jeder Gedanke mit ganz klarer Verstehens-Anweisung.
In dem Fall kommen wir nicht zusammen - ich kann (vielmehr will) nichtmal ein Höhlengleichnis isoliert betrachten (weil es seinen Sinn dann mMn nur scheinbar offenbart), wie soll ich das dann bei komplexen Zusammenhängen hinbekommen?