Tomislav2007 schrieb:
Ich finde es schrecklich wenn Kinder auf die Frage was sie später machen wollen antworten das sie wie Mama/Papa ohne arbeiten zu müssen Hartz 4 haben wollen.
Schrecklich finde ich das auch ... aber mMn liegt es nicht am zu hohen Hartz 4 Satz, sondern an zu niedrigen Löhnen. Hartz 4 ist im Vergleich dazu einfach zu attracktiv. Und das ist natürlich ein Problem.
Tomislav2007 schrieb:
Ich denke das es den Mangel an Selbstständigkeit/Selbstbewusstsein/Eigenverantwortung deutlich verringern würde, ich habe auch nie streichen geschrieben, Hartz 4 verringern würde reichen.
Damit der Billiglohnbereich attracktiver wird, ohne dabei die Profite zu schmälern?
Sicherlich würde kaum noch jemand freiwillig mit Hartz4 leben wollen, wenn er sogar als Teilzeit-Paketsklave mehr Geld verdienen würde.
Man sollte das ganze rein wirtschaftlich betrachten.
Was "kostet" Hartz 4?
Was "kostet" ein Arbeitsverhältnis?
Und nun mal ganz nüchtern überlegen, ob sich letzteres für vielleicht 30% mehr Geld in der Tasche wirklich lohnt? Auch Prekariatskinder werden zu finanzoptimierung konditioniert ... und daher fragen die auch, ob ihnen das Geld die Arbeit auch wert ist. Liegen Hartz4 und erreichbare Arbeitseinkommen aber nahe zusammen, dann lautet die vernünftige Antwort eben öfter mal "nein".
Vor Agenda 2010 (also vor der Schaffung eines eruropaweit nicht vergleichbaren Niedriglohnsektors) gab es dieses Problem zumindest in diesem Ausmaß noch nicht ... Der Grund dürfte der damals noch größere Abstand zwischen Sozialhilfe und erreichbarem Arbeitslohn gewesen sein.
Die Frage ist auf jeden Fall, wie man mehr Platz zwischen sozialen Sicherungssystemen und Arbeitsverhältnissen schafft ... aber den Hartz4 Satz noch weiter abzusenken, würde für die wirklich Bedürftigen ebenfalls bedeuten, dass ihr leben damit ohne Nebenjob nicht finanzierbar ist.
Wer sich über flaschensammelnde Rentner ärgert, der sollte nicht leichtfertig so etwas fordern, denn Fakt ist, dass Hartz 4 für einige wirklich Bedürftige schon heute nicht ausreicht (was man an den flaschensammelnden Rentnern gut sehen kann).
Egal mit welcher Maßnahme man versucht, Arbeitsunwillige in prekäre Jobs zu zwingen ... diese Massnahmen werden immer auch jene treffen, die einfach nicht arbeiten können.
Das Grundproblem bleibt die zu geringe Distanz zwischen niedrigen Arbeitslöhnen und sozialen Sicherungsnetzen ... und dagegen müssen wir sicherlich etwas tun.
Die Aufgabe des Bildungssystems sehe ich hier sicherlich gegeben ... es wäre eine Wertevermittlung, die nicht den schnöden Mammon ins Zentrum stellt bzw. den Menschen zeigt, dass es neben Geld auch andere lohnende Dinge im Leben gibt.
Ich arbeite für meine Freizeit (in der ich meinen Hobbies nachgehe) ... und ich lebe auch genau wegen dieser Freizeit ohne Jobcenter ... das, was die wirklich verlangen, kostet zwar nicht wirklich viel Zeit ... aber die Zuastzbelastungen durch sinnlose Weiterbildungen (Mandalas legen oder Kinderbücher ausmalen), Coachings (bei Menschen die selbst keinen besseren Job finden, als Bewerbungscoach
![LOL :lol: :lol:](/forum/styles/smilies/lol.gif)
) und vor allem absolut unpassende Vermittlungsvorschläge sind meiner Meinung nach ein Grund, erst dann wieder Stütze zu beantragen, wenn ich mit meinem eigenen Einkommen nach Abzug der Fixkosten weniger als €100,- im Monat übrig habe. Solange ich 20 Stunden die Woche für MIndestlohn arbeiten kann, wird das JC nichts von mir hören.
Insgesamt gebe ich zu bedenken, dass es das gleiche System ist, welches dem Unternehmer sagt, dass er für benötigte Leistungen nicht unnötig draufzahlen sollte, und dem Kind aus einer Hartz4-Dynastie, dass sich Arbeit nicht wirklich lohnt. Denn aus deren Warte ist Arbeit ein unnötiger Mehraufwand, der nur unter günstigen Umständen eine echte Rendite abwirft. Jeder Unternehmer würde sich gut überlegen, ob er diesen Aufwand treiben möchte.
Wenn wir den Niedriglohnsektor verkleinern, wird sich mit ihm auch das Problem der Hartz4-Dynastien verkleinern ... und die wirklich Bedürftigen müssen nicht mehr Angst haben, dass die Gesellschaft ihnen ebenfalls einen reindrückt, nur weil ein paar Schmarotzer nicht kapiert haben, dass man wirtschaftlich erfolgreich sein muss, um gesellschaftlich anerkannt schmarotzen zu dürfen.