DugDanger schrieb:
In Afrika herrscht weder Kapitalismus noch Kommunismus noch sonst irgendwas, dort herrscht Anarchie.
Resourcen werden dort bestimmt nicht FÜR die Afrikaner abgebaut, die können sie aufgrund ihrer fehlenden Technologie gar nicht verwerten.
Westliche Firmen wittern gutes Geschäft und lassen über ein paar Nebenakteure Minen betreiben, eskortieren die Resourcen aus dem Land und schöpfen den Mehrwert ab, während das Land selbst im Bürgerkrieg versinkt.
Du wirfst hier wirtschaftliche Systeme mit politischen Systemen durcheinander. Anarchie ist kein wirtschaftliches System, sondern ein politisches (oder nicht vorhandenes politisches) System.
Wieso funktioniert es denn, dass Konzerne in Afrika auf diese Weise die Ressourcen abbauen lassen? Doch nur, weil diese "Nebenakteure" Geld verdienen wollen, wie ist ihnen dabei egal und das wohl ihrer "Arbeiter" erst recht. Das ist also Kapitalismus pur.
DugDanger schrieb:
Schwellen und Entwicklungsländer werden für den marktwirtschaftlichen Akteur im Westen dann interessant, wenn man ihnen ein Produkt verkaufen kann, weil man es gut und günstig herstellt (Beispiel Griechenland u.a.) oder wenn man ihre Resourcen gut und günstig abschöpfen kann (Süd Afrika u.a.).
Seit wann ist Griechenland ein Schwellen- oder gar Entwicklungsland? Und was stellt Griechenland denn gutes und günstiges her (außer Olivenöl und vielleicht noch Feta)?
Aber du hast Recht, natürlich werden diese Länder erst durch diese Faktoren interessant. Ich würde aber sagen, erst werden die Länder durch ihre günstigen Lohnkosten oder Ressourcen interessant. Dann werden sie auch als Absatzmärkte interessant (z.B. China), vorausgesetzt es gibt ein politisch stabiles (soziales) System.
Trotzdem erkenne ich jetzt nicht, was gegen meine Aussage spricht, dass der reine Kapitalismus nicht auf seine Arbeiter und Umwelt achtet. Die soziale Marktwirtschaft dies aber tut (oder zumindest versucht). Die Grenze der sozialen Marktwirtschaft ist natürlicherweise immer die Landesgrenze, weil dahinter hat die Politik, die diese soziale Marktwirtschaft steuert keinen (oder kaum noch) Einfluss.
DugDanger schrieb:
Da kann man doch richtig Stolz sein auf die eigene Effizienz, besser, aufs eigene Land!!
Ich versteh den Zusammenhang nicht, tut mir leid.
DugDanger schrieb:
Naja, dass ist halt das Problem, wenn man mal wohin schaut.
Wo ist denn der Unterschied zwischen unserer Rentenversicherung und einer privaten (wie in den USA)?
Interessiert es dich, dass dein Geld die Rentner von heute bekommen? Akzeptierst du es, dass du einzahlst aber eventuell viel weniger rausbekommst (Rentenformel)?
Den einzelnen interessiert doch nur was er einzahlt und was er rausbekommt...dafür brauch ich kein hochtrabendes soziales Umlageverfahren.
Die KKV gehen ähnliche Wege, erst die privaten dann die gesetzlichen. In 10 bis 20 Jahren gibts auch für uns Risikoprämien.
Will sagen, du knobelst ein paar Unterschiede zwischen Marktwirtschaft und sozialer Marktwirtschaft raus. Finde doch erst mal raus was Marktwirtschaft an sich, hier und heute bedeutet.
Tut mir leid, da wir nach meiner Meinung in einer sozialen Marktwirtschaft leben, muss ich in ein (meiner Meinung nach) rein kapitalistisches Land schauen, um die Unterschiede erkennen zu können. Wenn ich nicht in ein anderes Land schaue, dann kann ich leider auch keine Unterschiede erkennen.
Die Unterschiede z.B. bei der Rentenversicherung sind vor allem. In den USA musst du keine Rentenversicherung haben und viele können es sich auch gar nicht leisten eine Rentenversicherung abzuschließen. Die Folge ist eine hohe Altersarmut. In Deutschland muss jeder Arbeitnehmer zusammen mit seinem Arbeitgeber in die Rentenversicherung einzahlen. Das bedeutet jeder hat auch einen Anspruch auf die Rente. Das wir mit unserem derzeitigen Umlagesystem der Rente ein Finanzierungsproblem haben steht außer Frage. Ein kapitalbasiertes System ist aber auch nicht sicher, auch dort wird auf Risiken hingewiesen.
Ein Pflichtrentensystem, in das sowohl Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzahlen gehört, für mich, aber trotzdem zu einer sozialen Marktwirtschaft dazu.
Edit: Hab noch was vergessen, zum Thema PKV und GKV
Was meinst du mit erst die PKV und jetzt die GKV? Und was heißt Risikoprämien? In den USA gibt es nicht nur Risikoprämien, sondern Menschen die sich (egal wie viel sie bereit wären zu zahlen) nicht versichern dürfen!
DugDanger schrieb:
Wie soll ich meinen Wettbewerber auf dem Markt verdrängen und gleichzeitig mit ihm solidarisch sein?
Ach stimmt, wenn er dann auf der Ersatzbank sitzt (ARGE), dann zahl ich über meine Abgaben sein H4. Okay.
Nein! Das habe ich auch nicht geschrieben. Die soziale Marktwirtschaft ist ein gesellschaftlicher Versuch, die folgen eines reinen Kapitalismus abzumildern. Die Betonung liegt hier auf Gesellschaft, natürlich kann ich versuchen Mitbewerber vom Markt zu verdrängen, aber das ist eine Firma und kein Mensch. Die Menschen werden von der Gesellschaft aufgefangen, ja. Was wäre denn im reinen Kapitalismus? Die Menschen würden auf der Straße landen.
Im übrigen ist das verdrängen auch nur im begrenzten Umfang erlaubt (dies übrigens auch in den USA, deshalb haben auch die keinen reinen Kapitalismus), es gibt z.B. das Bundeskartellamt, dass die marktbeherrschende Stellung von Unternehmen verhindern soll. Auch dies gehört zu einer sozialen Marktwirtschaft dazu, um Monopole und volkswirtschaflichen Schaden zu verhindern.
DugDanger schrieb:
Dies steht aber unter der Prämisse, die ungleiche Vermögensverteilung durch Umverteilung zu reduzieren oder gar aufzuheben. Dafür hat der Staat diverse Mechanismen geschaffen
Mal im Ernst, glaubst du an diese Märchen?
Abgesehen davon, dass alle Statistiken zur Einkommensverteilung und Chancengleichheit genau das Gegenteil beschreiben.
Ja, glaube ich und es ist kein Märchen, dafür ist die soziale Marktwirtschaft erdacht. Oder was ist deiner Meinung nach der Unterschied zwischen sozialer Marktwirtschaft und reinem Kapitalismus?
Womit du allerdings Recht hast ist die Frage, ob diese Grundidee in ausreichendem Maße erfüllt wird. Da würde ich derzeit auch mit einem Nein antworten.
Zum Thema Chancengleichheit ist übrigens die Frage, wodran dies liegt. Festgestellt wird, dass Kinder von "reichen" Eltern bessere Bildungschancen haben als "arme" Eltern. Die Schlussfolgerung ist, es liegt am Geld. Liegt es aber wirklich am Geld?
Vielleicht ist es so, dass sich "reiche" Eltern eher um die schulischen Leistungen ihrer Kinder kümmern? Schließlich könnte man ja davon ausgehen, dass "reiche" Eltern schon eine bessere Bildung haben als "arme" Eltern und daher genau Wissen, wie wichtig schulische Leistungen sind. Sie kümmern sich evtl. einfach intensiver mit ihren Kindern.
Versteh mich nicht Falsch, ich will keine Diskussion über Chancengleichheit starten, ich denke nur, dass es sich hier mit Ursache und Wirkung zu leicht gemacht wird.
Abgesehen davon ist das Chancengleichheitsbeispiel auch wieder ein Beweis für soziale Marktwirtschaft, in Deutschland darf jeder studieren. Der Staat unterstützt einen sogar mit BAföG, was nur zur Hälfte und max. bis 10.000 Euro zurück gezahlt werden muss. In USA gibt es dies nicht und Studiengebühren von mehreren Tausend Euro (nicht paar Hundert wie in Deutschland) fallen auch noch an!
DugDanger schrieb:
Desto höher der Grad der Globalisierung, desto höher der Konkurrenzdruck, desto höher der Grad der ungleichen Vermögensverteilung. PS: die Globalisierung schreitet weiter voran.
Konkurrenzdruck? Stimmt, höher ungleiche Vermögensverteilung? Sehe ich nicht so, global gesehen dürfte die sogar tendenziell Abnehmen. Und ob es durch die Globalisierung in Deutschland zu einer höheren ungleichen Vermögensverteilung kommt, weiß ich nicht. Das kann auch andere Gründe haben.
Aber gerade die ungleiche Vermögensverteilung würde in einem rein kapitalistischen System noch schneller zunehmen.
DugDanger schrieb:
Wieso bauen wir diese ganzen Umverteilungsmasnahmen eigentlich künstlich auf?
Wieso kaufe ich mir einen Jagdhund wenn ich ein Kuscheltier fürs Sofa will?
Das mit dem Jagdhund versteh ich wieder nicht.
Wir bauen diese Umverteilungsmassnahmen auf, damit wir alle ruhiger schlafen können. Natürlich ist der Abstieg von einem Job, zu Arbeitslosengeld I und dann zu Hartz IV schnell und mit erheblichen einbussen versehen. Aber niemand wird dank dieses sozialen Systems auf der Straße leben müssen, was wie ich bereits mehrfach betont habe im reinen Kapitalismus nciht so wäre.
DugDanger schrieb:
Das Zitat von Robert Bosch sollte nur verdeutlichen, dass nicht jeder Arbeitgeber auf Kosten seiner Arbeiter Profite erwirtschaftet
Falsch, nur der Grad des - "auf Kosten seiner Arbeiter Profite erwirtschaften" - variiert.
Du magst Recht haben, vielleicht habe ich es auch falsch formuliert. Es gibt Arbeitgeber, die erwirtschaften mit ihren Arbeitern Profite und nicht auf ihnen oder sogar gegen sie. Ich glaube sogar, dass für einen langen, stabilen, wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens die Arbeiter angemessen entlohnt werden müssen.
Um nochmal eins klar zu stellen. Ich sehe, dass in Deutschland mit Sicherheit nicht alles gut läuft und es viele Baustellen gibt. Aber ich denke, dass wir froh sein können eine soziale Marktwirtschaft zu haben und keinen reinen Kapitalismus. Den oder die Unterschiede habe ich, aus meiner Sicht, dargestellt.