@sheep
Ich verstehe aber nicht ganz, wie man einerseits eine Konkurrenzsituation von diesen sogenannten rationalen Egoisten aufziehen will, in der dann aber der einzelne rationale Egoist sich so verhalten soll, dass er einem anderen rationalen Egoisten nicht schadet. Das ist ein Widerspruch in sich, der durch die bloße Definition des rationalen Egoisten in der Realität nicht aufgehoben werden kann und geht vielleicht nur innerhalb von mathematisierten Modellen auf, die aber mit dem Tun und Handeln der tatsächlichen Subjekte wenig zu tun haben. Man schadet anderen allein schon dadurch, dass man sich als Variable im Kapitalverwertungsprozess einklinken will bzw. darin seinen Platz sucht.
Das Prinzip von Konkurrenz ist doch gerade, dass man beispielsweise die Marktstellung eines anderen streitig macht, dass man ihn verdrängt etc. um soviel abzuschöpfen wie eben die Marktsituation oder das Segment hergibt in einer bestimmten Konstellation.
Wie und wo soll da die beschworene Rücksicht ihren Platz haben? Das ist nach meinem Dafürhalten wirklich Ideologie, die zwar nett zum propagieren ist, aber durch die Praxis ständig widerlegt wird. Denn: Entweder man zerstört die Existenz des anderen Konkurrenten dadurch, dass man ihn vom Markt drängt (seis als Unternehmer einen anderen Unternehmer oder als Arbeitnehmer, der andere Arbeitssuchende von Job xy ausschließt, dadurch, dass man sich gegen sie durchsetzt usw). Wo nimmt man bei sowas Rücksicht? Nirgends. Es ist ein Sachzwang dieser Gesellschaftsordnung, dass man, wenn man Rücksicht nimmt, automatisch sich zum Verlierer erklärt und mit den entsprechenden materiellen- (Nichtbesitz, Armut) und geistigen Folgen (Neurosen, Depressionen, Angst, Verzweiflung) zu leben hat, also das Subjekt, das in der Konkurrenz hinten rausgefallen ist, systematisch zerstört wird. Und rausfallen tun Subjekte genau deswegen, weil die Möglichkeiten lohnend für das Kapital zu arbeiten nicht von ihrer Entscheidung zu wollen oder nicht zu wollen abhängt, sondern nur davon abhängt, ob markttechnisch Verwertungsmöglichkeiten fürs Kapital da sind. Es hängt nur davon ab, welche Anzahl Menschen das Kapital braucht oder nicht braucht.
Wie gesagt: Wo man da von Rücksicht sprechen kann, das erschließt sich mir nicht. Es ist ein schlicht aggressives gesellschaftliches Verhältniss, das nur zusammengehalten wird durch den Rechtskatalog von Staaten, die mit allerlei Auflagen, Normen, Subventionen Sorge dafür tragen, dass das Wirtschaftssubjekt nicht vollständig zerstört wird. Aber das hat nichts mit der Rationalität der Einzelnen zu tun, sondern wird ihnen auferlegt; denn von alleine würden sie es eben nicht tun. Und sie würden es deswegen nicht tun, weil sie eben, vom gleichen Staat, der ihnen den Rahmen vorgibt, zugleich auch schon immer als freie und gleiche Privateigentümer deklariert sind, die sich im Konkurrenzkampf zu bewähren haben, ob sie wollen oder nicht.
Edit:
Gerade diese Verbindung zwischen a) der aggressiven Betätigung des Einzelnen in der Konkurrenz und b) seiner Fixierung zum Konkurrenzsubjekt durch die Staaten, wird nicht gesehen. Stattdessen wird sich die Konkurrenz mit der angeblichen Natur des Menschen erklärt. Das ist grundfalsch. Die Konkurrenz ist deswegen, weil sie über das Recht ins Leben gerufen wird.