Andy8891 schrieb:
Und die gibt es aktuell nicht?
Scheinbar nicht genügend, als dass die Leute darin für sich eine Perspektive sehen würden.
Andy8891 schrieb:
Dein Vorschlag besteht darin, das sich die Gesellschaft um die Kriminaltität herum ändert, wobei diese Gesellschaft bereits "gut" ist.
Wäre die Gesellschaft wirklich "gut" gäbe es wohl keine Kriminalität, oder?
Zumindest in dem Belang ist unsere Gesellschaft scheinbar nicht "gut genug" um Morde oder organisiertes Verbrechen zu verhindern. Denn diese Dinge gibt es weiterhin, weltweit und unabhängig vom jeweiligen Strafsystem.
Andy8891 schrieb:
Das ist der Weg, den ich die ganze Zeit vorschlage.
Nein ... du nutzt in der Erzählung, warum du nicht kriminell geworden bist, den kant'schen Imperativ ... der ist zwar im Original etwas komplexer (sowas mit "in allen denkbaren Realitäten" und so), lässt sich aber in dem von dir in drei Varianten beschriebenen "was du nicht willst, was man dir tu, das füge auch keinem anderen zu" recht gut in seiner Wirkung zusammenfassen.
Im übrigen ist das weit älter als Kant.
Bei mir war das recht ähnlich ... aber nicht immer ... es hat eine Weile gedauert, bis ich erkannt habe, wie unsinnig Gewalt ist (aber die körperliche habe ich schon immer abgelehnt) ... oder Stolz, "Ehre", Besitz ... oder all die Dinge wegen derer andere kriminell werden.
Das zu erkennen, was du erkannt hast, verlangt eine gewisse Weitsicht, und genau bei der Vermittlung dieser Weitsicht versagt unsere Gesellschaft manchmal.
Genau an diesem Punkt setzt mein Gedanke an ... wie kann es gelingen, das, was dich offensichtlich abgehalten hat, einer größeren Anzahl von Menschen zu vermitteln?
Bei vielen klappt das ja schon ... aber wie kriegt man die letzten paar Prozent?
Und dafür braucht es meiner Meinung nach primär eine Gesellschaft, die einem an allen Ecken und enden zeigt, dass es sich lohnt, sich an die Regeln zu halten. Unsere Gesellschaft zeigt an vielen Ecken eigentlich eher das Gegenteil.
Ich weiß, genau dagegen stellst du dich in deinen Augen ... ich weiß aber nicht, ob sich wirklich was ändert, wenn man für jeden Kinkerlitz gleich umgebracht werden kann ... dadurch wird wahrscheinlich nur unser Justizapparat zu einem Sammelbecken für potenzielle Mörder ... denn da können sie das dann ja ungestraft machen.
Im organisierten Verbrechen ist es ja eigentlich seit Anfang an "normal" dass man mal eben umgebracht werden kann, und dann eigentlich alle denken, man hätte es auch verdient.
Dein Beispiel mit dem Autounfall (Fussgöänger geht bei rot über die Ampel und wird überfahren -> kein Mord), ist schon ziemlich hart an der Realität vor Gericht vorbei, denn du stellst keine weiteren Fragen, als die eine, ob der Fussgänger die eine Regel missachtet hat ... die rote Ampel.
Vor Gericht wird aber eben auch gefragt, ob der Autofahrer den Unfall hätte verhindern können.
Da wird gefragt, ob der Fussgänger ungebremst umgenagelt wurde, oder ob wenigstens ein Versuch angenommen werden kann, dieses Menschenleben zu retten ... hat sich der Autofahrer überhaupt an alle Regeln gehalten ... war er z.B. zu schnell unterwegs, und konnte deswegen nicht rechtzeitig reagieren ... hätte der Fussgänger bei geringerem Tempo eventuel sogar überlebt ... oder hat der Autofahrer sich bis zum Aufprall an die Tempoempfehlungen gehalten, und einfach ganz bewusst draufgehalten?
Hat er sich an die gerne vergessene Regel gehalten, nach der ein Fahrzeugführer vorrausschauend und rücksichtsvoll (vor allem im Bezug zu schwächeren Verkehrsteilnehmern) zu agieren hat?
Es gibt bei diesen Ermittlungen ein paar Ausgänge, die wohl jeden Richter dazu ermutigen werden, zu denken, dass das ein Mord war ... mindestens aber fahrlässige Tötung. Der Regelverstoß des Getöteten bedeutet dann lediglich mildernde Umstände ... mit Glück und gutem Anwalt.
Zu denken (oder wohlmöglich wahrheitsgemäß auszusagen), dass der Getötete ja selbst Schuld sei ... "was rennt der Idiot auch bei rot auf die Strasse?" ... ist ein super Ansatzpunkt für ein Plädoyer auf Mord ... denn das lässt auf mindestens kurzfristige Planung schließen.
Den Freifahrtschein für Autofahrer, den du deiner Betrachtung bei dem Beispiel zu Grunde legst, gibt de StVO nicht her ... und an der wird sich auch ein mit diesem Fall befasster Strafrichter orientieren müssen, wenn es um die Schuldfrage geht.