Khaotik schrieb:
Ich bin ja der Meinung, dass die Gesamtgesellschaft den Arbeitsdruck zum Überleben braucht. Fast jeder Job ist in irgendeiner Form wichtig und trägt seinen Beitrag zum Gesamterfolg bei.
Imo ist der Arbeitsdruck das, worunter immer mehr Menschen heutzutage leiden:
https://www.igmetall.de/im-betrieb/gesundheit-und-arbeitsschutz/dgb-index-studie-arbeitsbelastungen
Ob so etwas auf Dauer sinnvoll ist, lasse ich mal dahingestellt, ich persönlich sehe da nichts Gutes im Arbeitsdruck, eher im Gegenteil, nämlich gesundheitliche Probleme für viele Menschen, die die Geselleschaft mitträgt.
Khaotik schrieb:
Wenn mit BGE keiner mehr „gezwungen“ wird einen Job zu machen den er nicht machen will, wird es viele Jobs geben die einfach keiner mehr machen wird.
Siehe oben, ich bin nicht der Ansicht, dass ein Zwang in irgendeiner Art etwas Gutes ist, bzw. dass da auf Dauer etwas Gutes herauskommen kann.
Khaotik schrieb:
Wer glaubt denn ernsthaft, dass irgendjemand gerne Müll anderer Leute wegräumt, ihnen das Essen zum Tisch trägt und sich dann noch anmotzen lässt oder die übelriechenden Klos im nächsten Industriebetrieb putzt? Oder setzen wir dann nochmehr auf ausländische Hilfsarbeiter die den Job dann schon machen werden? Weil die müssen ja wenns in ihrem Land kein BGE gibt….
Denkst du ernsthaft, dass die Städte verdrecken, keine Pakete mehr ausgeliefert werden und keine Toiletten mehr geputzt werden? Klar kann man immer vom worst case ausgehen, aber ob das so hilfreich ist...
Tja, wer putzt denn dann die Toiletten, holt Pakete ab oder kümmert sich um den Müll? Dann doch wohl die Personen, die einen Bedarf an der Arbeit haben und niemandem ein attraktives Angebot machen, um diese Arbeit zu erledigen. Eigentlich ganz logisch. Wenn man keine Reinigungskräfte mehr findet, gehen logischerweise die Preise erstmal hoch.
Ebenso logisch ist es, dass sich bei (zu Beginn) stark steigenden Preisen dann immer mehr Menschen finden werden, die diese Arbeit dann erledigen, bis sich der Preis für die Dienstleistung auf ein in einer Welt mit BGE normales Niveau einpendelt. Bitte nicht so tun, als ob die Preise dann immer so hoch bleiben würden, wenn es aufgrund des Preises für immer mehr Menschen attraktiv wird, dieser Beschäftigung nachzugehen. Angebot und Nachfrage.
Ich würde auch nicht davon ausgehen, dass dann alle Menschen die Füße hochlegen (wie gesagt, das ist immer der worst case). Ich sehe bei uns am Rhein sogar Menschen, die freiwillig abends beim Spazierengehen Müll aufsammeln (da mache ich auch mit) und so etwas würde imo massiv zunehmen. Viele Menschen würden sich selbst darum kümmern, wenns kein anderer macht. Ich bin da nicht so schwarzseherisch und denke eher Gutes über meine Mitmenschen als etwas Schlechtes.
Menschen wären in der Lage auch mal ganz andere Dinge auszuprobieren und wichtige Arbeit, auf die im allgemeinen eher herab geguckt wird, würde deutlich höher angesehen. Auch das könnte dazu führen, dass Menschen solche Jobs lieber machen, da sie dann endlich mal eine entsprechende Wertschätzung erfahren würden oder z.B. eine Friseurin anstatt 5 Tage die Woche nur 3 oder 4 Tage arbeiten müsste. Das würde sicherlich dafür sorgen, dass manche Menschen dann in ihrem Job einfach weiterarbeiten, nur halt entspannter und mit deutlich weniger Stress. Das würde mittelfristig sicherlich mehr zu unsere Gesellschaft beitragen.
Ich habe dazu keine genaue Statistik gefunden, aber eigentlich müsste man mal die Kosten für arbeitsstressbedingte Ausfälle gegenrechnen, die bei weniger Sorge um den Arbeitsplatz und geringere Arbeitsbelastung wegfallen würden. Es gibt einige Statistiken, die von um die 6-7 Milliarden €/Jahr ausgehen, jedoch imo etwas zu ungenau sind:
https://www.igmetall.de/im-betrieb/arbeits--und-sozialrecht/stress-kostet-geld
Sicherlich würde nicht alles eingespart werden, aber einen deutlichen Effekt hätte es sicherlich, wenn die Menschen weniger Existenzängste hätten oder eine 3-4 Tagewoche anstatt 5 oder 6. Von der deutschen Verwaltung, die wir uns jetzt erlauben, wenn es um Themen wie H4 etc. geht, fange ich gar nicht erst an. So etwas wird immer gerne "vergessen", wenn man über ein mögliches BGE redet. Es geht dabei nicht nur um Geld, denn eine entspanntere und freie Gesellschaft ist imo auch eine bessere Gesellschaft, von der wir alle profitieren.
Zudem würden in so einem Modell sicherlich viele überflüssige Jobs wegfallen.
Khaotik schrieb:
Wenn man dann in der Folge fehlenden Arbeits“zwangs“ für die einfache Putzkraft 50€ netto die Stunde auf den Tisch legen muss damit es überhaupt jemand macht, muss das an anderer Stelle kompensiert werden. Zur Not über den Produktpreis. Oder jeder normale Mitarbeiter hat halt 1x im Monat Zwangsputzdienst. Genauso die Pflegekräfte. Dann beträgt die Zuzahlung für den Pflegeplatz vll nicht mehr 1000€ sondern 3000€ damit sich jemand kümmert.
Das wäre eine Möglichkeit, imo besser als ein indirekter Arbeitszwang.
Khaotik schrieb:
Überdurchschnittlicher Wohlstand basiert doch sicherlich nicht wenig auf dem unterdurchschnittlichen Wohlstand anderer. Nicht nur innerhalb von DE. Oder warum genau werden so dermaßen viel Konsumgüter aus Billiglohnländern bezogen?
Das ist ein anderes Thema, das sicherlich damit auch zu tun hat und über das dringend mal eine öffentliche Debatte geführt werden müsste. Wenn man sich mal überlegt, dass es einem zu großen Teilen gut geht, weil es anderen schlecht geht, ist das imo keine gesunde Ausgangsbasis für eine gesunde Gesellschaft.