Bonanca schrieb:
Merkmal A wird als Begründung genutzt, Merkmal B dann aber als Klassifizierung verwendet.
Ich kritisiere, dass Merkmal B und nicht Merkmal A als Klassifizierung verwendet wird.
Als Merkmal A könnte man hier "die Gesellschaftsstruktur in ihrer historischen Gewordenheit" setzen, in der Träger des Merkmals B ("Falsche" Hautfarbe) systematisch benachteiligt wurden, wodurch die Nachfahren derer, die aufgrund der Organisation dieser Strukturen (unter anderem über Merkmal B ... welches sie NICHT tragen) Vorteile erlangten, sich von vornherein in einer vorteilhaften Startposition befinden.
Auch wenn die heutigen Nachfahren der weißen Kolonisten nicht direkt an der Kolonisierung beteiligt waren, sie profitieren noch heute von der Geschichte (wollen das aber halt nicht so recht wahrhaben) ... und genauso setzt sich auch die Benachteiligung der ehemals Unterdrückten für ihren Nachfahren fort.
Man kann Gesetze ändern, aber damit erreicht man nicht, dass nicht irgendein Entscheider einen schwarzen aus welchem Grund auch immer irgendwie unsympatisch findet, und dann doch lieber den weißen einstellt.
Nur ein Beispiel für einen möglichen "Alltagsrassismus", über die sich die rassistisch geprägten Gesellschaftsstrukturen reproduzieren können. Für die meisten ist das "Alltag" oder "Erfahrung" ... aber es hat rassistische Wurzeln ... aber die bezwifelt man ja sogar beim berühmt berüchtigten "racial profiling".
Hier wurden einige Fragen gestellt, die sich bei der Lekttüre auch nur einiger ausgesuchter Forschuingsberichte zu sozialer Segregation sowie Bildungs- und Karrierechancen von selbst beantworten.
Wenn das heimatlliche Anregungsniveau mit der sozioökonomischen Status der Eltern korelliert, und dieses im allgemeinen für schulischen Erfolg für wichtig gehalten wird, dann ist klar, dass Kinder aus sozial schwachen Schichten es schwerer haben werden, einen hohen Bildungsabschluss zu erreichen. Sie brauchen entsprechend oft länger, schreiben schlechtere Noten und auch die Abbrecherquote ist in dieses Schichten besonders hoch.
All das ist messbar ... und hat nichtmal zwingend was mit Ungleichbehandlung in der Schule zu tun ... der Faktor "aktive Diskriminierung" ist für den Effekt lediglich ein Verstärker ... vorhanden ist D auch im perfekten schulischen Umfeld mit diskriminierungskritischen Inhalten an allen Ecken und Enden.
Die Kinder aus armem Hause bringen es nicht ganz so weit, wie die aus reichem Hause, auch wenn sich alle Beteiligten um möglichst faire Bewertung bemühen.
Statistisch, durchschnittlich, tendenziell.
Die Frage in die Runde ist nun, was das in einer Gesellschaft bedeutet, in der es 1. mehr Schwarze als Weiße gibt und 2. prozentual weit mehr schwarze in Armut leben, als Weiße?
Falls ihr nicht von selbst drauf kommt: Das ganze System neigt dazu, die Ungleichheiten zu verstärken ... und wenn man diese Verstärkung nicht will, dann muss man ihr entgegenwirken.
Zum Beispiel mit Quoten ... ich war an einer Schule direkt neben der Uni Bielefeld ... praktisch für Akademiker, Studierende und deren Brut. Um dennoch eine einigermaßen repräsentative Struktur in der Schülerschaft zu haben (damit die gesamnmelten Erkenntnisse übertragbar sind - es war eine Versuchsschule), hat man von anfang an festgelegt, dass 50% der Schüler*innen aus "bildungsfernen Schichten" zu stammen haben. Die Eltern dieser Kinder durften keine Akademiker sein.
Oder eben mit Stipendien, welche sich ausschließlich an die benachteiligte Gruppe richten.
Es geht dabei nicht um Schuld&Sühne oder um Rache, sondern darum, eine gesellschaftliche Schieflage, welche unsere Gesellschaft über Jahrhunderte aufgebaut hat, zu korrigieren.
Viele Weiße haben aber ein (mMn durchaus verständliches) Problem damit, da sie ihre priviligierte Position als "normal" erleben ... und eine Deprivilegierung daher als Ungerechtigkeit, als Manipulation, als "etwas Wegnehmen" ... oder eben als Unterdrückung.