Apacon schrieb:
Warum sind Schwarze Jugendliche deutlich häufiger in Gangs als Weiße?
Zunächst haben sich schwarze Jugendliche nicht selbst zu "Gangs" zusammengefasst ... aber gemeinsam ist man wenigstens manchmal in der Überzahl, was Repressalien vermeiden hilft. Auch Repressalien von anderen Gangs übrigens.
Natürlich hält sich sowas dann selbst am Leben und kann sich auch selbst verstärken ... gerade in Bevölkerungsschichten, die von der Polizei eher das Gegenteil von Hilfe erwarten.
Apacon schrieb:
Warum schließen weniger die Highschool ab?
Schau in irgendeine Studie zu Highschoolabbrechern und du wirst sehen, dass der massgebliche Punkt bei einem Abbruch sehr oft der finanzielle Hintergrund ist ... und zwar eigentlich unabhängig von der Hautfarbe.
Leider ist der sozioökonomische Status gerade bei schwarzen in den USA eben NICHT unabhängig von ihrer Hautfarbe.
Für mich ist es eigentlich kaum verwunderlich, dass so viele Schwarze die Highschool abbrechen. Etwas ähnliches lässt sich auch in Deutschland beobachten. Je höher der elterliche höchste Bildungsabschluss ausfällt, desto höher ist auch beim Kind die Chance auf einen höheren Bildungsabschluss.
Apacon schrieb:
Warum ist die Kriminalitätsrate so massiv erhöht?
Da liegen die Gründe tatsächlich im Milieu ... du siehst ja die Zustände, die momentan beschrieben werden. Die sind nicht neu und dadurch gibt es zu jeder Zeit in schwarzen Milieu viel mehr Andockmöglichkeiten an kriminelle Netzwerke.
Gleichzeitig ist es (aus Perspektive einiger schwarzer) in den USA für einen Schwarzen wohl auch bedeutend leichter, kriminell an viel Geld zu kommen, als über ehrliche Arbeit (durch letztere ist wahrscheinlich noch nie jemand reich geworden).
Apacon schrieb:
Warum wachsen die meisten Kinder in schwarzen Haushalten ohne Vater auf? Warum gibt es deutlich weniger intakte Familien?
Warum setzt du den fehlenden Vater so prominent?
Vielleicht gibt es deswegen so viele Vaterlose Familien, weil die Väter ganz gerne mal von Cops erschossen werden ... oder weil die Opfer von Ganggewalt meist männlichen Geschlechts sind.
In der Nachkriegsgeneration sind in Deutschland auch viele ohne Vater aufgewachsen ... und haben dennoch keine solchen Probleme entwickelt.
Am fehlenden Vater kann es nicht liegen ... da können sich Puritaner auf den Kopf stellen, und mit den Füßen Hurra schreien.
Eine intakte Familie kommt auch ohne biologischen Vater aus, solange es "männliche Identifikationsfiguren" gibt (und das müssen nichtmal zwingend Männer sein).
Apacon schrieb:
Warum haben sich diese Gegebenheiten teilweise drastisch verschlechtert in der Zeit, in der die Bürgerrechtsbewegung solch massive Fortschritte machte?
Das ist tatsächlich recht einfach zu beantworten.
Weil die Gesetzliche Gleichstellung es für alle Rassisten notwendig machte, nun selbst aktiv zu benachteiligen. Die Gesetze haben ihnen das ja nicht mehr abgenommen.
Sobald ein Fortschritt gesetzlich verankert wurde, formiert sich der Rückschritt zum Sturm.
Das kann man in der jüngeren deutschen Geschichte bei allen möglichen gekippten Paragrafen nachvollziehen. Als der Schwulenparagraf fiel, gab es danach weit mehr Übergriffe auf homosexuelle Einrichtungen, als davor ... nur vor Gericht haben die dann nicht noch zusätzlich auf die Fresse gekriegt.
Die Abtreibungsgegner wurden erst dann in Deutschland so richtig aktiv, als Abtreibung nicht mehr komplett verboten war ... davor war ja alles in Butter.
Fridays for future hat zwar einiges erreicht ... aber eben auch einige starke und aggressive Gegenbewegungen getriggert.
Was macht Mensch, wenn seine Privilegien nicht mehr von Gesetzen geschützt werden? Er versucht sie natürlich selbst zu verteidigen ... und das Ergebnis ist nicht selten eine Schlechterstellung derer, die das Gesetz eigentlich gleichstellen will.
Apacon schrieb:
Und vor allem: Was ist dein Lösungsansatz?
Da Kultur nunmal für Anpassungsprozesse eine Weile braucht, wäre mein Lösungsansatz vor allem Geduld:
1. Gesetzliche Gleichstellung herstellen.
2. Entscheidern in Wirtschaft und Zivilgesellschaft jegliche Einordnungsmöglichkeiten in gewohnte Rassismen nehmen (keine Bilder bei Bewerbungen, keine Angaben zu Geschlecht, Herkunft etc.). Es reicht, wenn man in rassistische Handlungsmuster verfallen kann, sobald man den Bewerber vor sich stehen hat.
3. Zeit ... viel Zeit. 50 Jahre sind nichts, wenn es um kulturellen Wandel geht.
Ich denke auch, dass die über eine gesetzliche Gleichstellung hinausgehenden Änderungen aus den Gruppen selbst kommen müssen. Und zwar sowohl aus der Gruppe der noch immer priviligierten Weißen als auch aus der Gruppe der nun lediglich gesetzlich gleichgestellten Afro-Amerikaner.
Gesetzliche Gleichstellung ist schon viel ... aber man sollte sie eben nicht mit echtem gesellschaftlichem Wandel verwechseln ... der braucht noch um einiges länger, als ein Gesetz auf dem Weg durch die demokratischen Instanzen.