Na gut ... dann reden wir wohl noch immer aneinander vorbei:
th3o schrieb:
warum im kapitalismus von bestimmten formen aus eine gesellschaftsspezifische wirkung ausgeht und warum von diesen formen aus das wirtschaftlich-kapitalistische(!) handeln von akteuren beeinflusst wird.
Kannst du hierzu mal ein konkretes Beispiel geben?
Also welche gesellschaftsspezifische Wirkung geht aus bestimmten Formen im Kapitalismus hervor und wie beeinflusst sie das Handeln der Akteure unabhängig vom Nutzenempfinden eben dieser? Etwas im Vergleich zum Feudalismus oder zur Planwirtschaft oder einer anderen Gesellschaftsform deiner Wahl.
th3o schrieb:
meine subjektive abwägung beeinflusst den preisbildungsprozess überhaupt nicht. diese ware wird 100€ kosten egal was ich mir dabei denke. und dass dieser preis zustandegekommen ist hat was mit marktgesetzlichkeiten zu tun und mit formspezifischen aspekten die nicht in den termini subjektiver nutzenlehre ausgedrückt werden können. hier liegt also eine limitation des theoretischen feldes der subjektiven nutzenlehre vor, und nicht meine böse absicht die subjektive nutzenlehre nicht wahrhaben zu wollen.
Ich gebe dir in soweit recht, als dass es egal ist, welchen Wert ich persönlich einer Ware beimesse, wenn der Wertschätzung aller sich aber entsprechend verändert, hat das auch einfluss auf den Preis der Ware. Angenommen eine Ware kostet 200EUR und niemand möchte mehr als 100EUR bezahlen, dann verschwindet die Ware entweder vom Markt (weil sie so günstig nicht hergestellt werden kann oder wird im Preis sinken). Wenn sich das nur ein einzelner Mensch denkt, passiert da natürlich überhaupt nichts.
th3o schrieb:
er hat gesehen, dass die wirtschaftswissenschaften sich nicht einmal die frage danach stellen warum im kapitalismus bestimmte aspekte bestimmte formen annehmen
Ist die Frage nicht vielmehr, ob sich die Wirtschaftswissenschaften, diese Frage überhaupt stellen wollen. Schauen sie sich nicht vielmehr in der Welt um (ganz empiristisch) und sagen dies und das passiert und hier ist unser Model, warum es so ist. Anders ausgedrückt: Nach Aristoteles fällt ein Stein nach unten, weil jeder Gegenstand die Tendenz hat zu einem bestimmten Ziel zu streben, welches seinen Naturzustand darstellt, daher war für ihn der Staat auch der Naturzustand des Menschen, eine Sichtweise, welche aus dem teleologischen Weltbild stammt und was den Stein betrifft auch daher rühren mag, dass er so schlau er evtl. auch war sich Gravitation mit dem Wissen und den Mitteln seiner Zeit nicht erklären konnte. Heute wissen wir, dass es Gravitation gibt, damit ist aber zunächst nur geklärt, dass ein Körper der Masse hat eine bestimmte Gravitation "ausübt". Warum Masse die Eigenschaft der Gravitation besitzt ist damit aber noch nicht klar, es lässt sich lediglich mehr erklären. Du brachtest das Beispiel mit dem Fön... richtig das kann man weiter analysieren, aber zu letzten Ursache dringt man damit auch nicht vor. Ganz objektiv können wir also nur die Frage stellen, welcher Ansatz bietet und den höheren Erklärungswert mit Hinblick auf welchen Erkenntnisgegenstand.
th3o schrieb:
marx interessiert es nicht wie vergesellschaftung von menschen an sich funktioniert [...], in seinem fall eben kapitalistische, funktioniert.
Gut wenn es die universalhistorische nicht gibt, dann nochmal die Aufforderung, was der konkrete Unterschied zum Feudalismus wäre oder einer anderen bestimmten Form.
th3o schrieb:
wie kommt sowas eigentlich genau zustande? interessiert die wirtschaftswissenschaften zb gar nicht.
Kann man ihnen das denn zum Vorwurf machen? ... siehe oben.
th3o schrieb:
sie reden von gütern, aber meinen waren.
Nach marxscher Terminologie ja. Denn Wasser ist für Marx ein Gut (für mich auch). Warum weil Wasser gut für den Menschen ist (es hält ihm am leben). Wenn ich es tausche gegen Brot, wird es zu einer Ware.
Was aber, wenn ich außerhalb der marxschen Terminologie operiere und diese Unterscheidung nicht mache, weil ich alles für als Handelbares "Gut" betrachte, dann kann ich auch weiterhin von Gut reden oder nicht? ... Analog Gebrauch und Tauschwert...
th3o schrieb:
die fragen selbst sind von politischen und sozialen gehalten (was bei adam smith, david ricardo, j.s. mill usw. noch wenigstens der fall war) gereinigt.
Richtig das sind sie. Das sehe ich aber nicht als Problem an. Dann über politische Fragen kann man doch inter Politikwissenschaft diskutieren, warum beschuldigst du die Wirtschaftswissenschaften nicht über politische Sachverhalte zu unterrichten? Das ist doch auch gar nicht ihr Gegenstand, noch behaupten sie dies und zumindest die Professoren, welche ich ihn Wirtschaft kennengelernt habe, haben das auch alles ohne Umscheife zugegeben. Insofern beschuldigst du glaube ich die falschen Leute zu unrecht.
th3o schrieb:
wie schwer es ist, überhaupt auf diese anderen fragen aufmerksam zu machen, wie sehr es einem schon ins 'blut' übergegangen ist bestimmte sachen nur durch die bürgerliche brille zu betrachten, das sieht man ja wunderbar an den diskussionen hier.
Nein überhaupt nicht... du stellst nur die falschen Fragen .... wenn wir über politische und soziale Sachverhalte reden wollen, dann sag das doch einfach, bisher reden wir nur über ein Wirtschaftssystem. Beispiel:
Evtl. ist ein Mensch bereit eine seiner Nieren gegen Geld zu verkaufen. Mit subjetiver Nutzenempfinden usw. kann man hier ein ganze Menge erklären.
Ob es überhaupt erlaubt sein sollte, einen solchen Vertrag zu schließen, erachte ich nicht als eine Frage, welche die Wirtschaftswissenschaften zu beantworten haben, sondern als eine der Politik.... liegt evtl. hier der Punkt an dem wir uns missverstehen?
th3o schrieb:
nicht nur dass das keine frage für wirtschaftswissenschaften ist, sondern mit ihrem begriffsinstrumentarium wischen sie diesen gesellschaftlichen aspekt schlicht vom tisch
Es stellt sich die Frage ob dieser Aspekt für die Wirtschaftswissenschaften wichtig ist. Ich habe das Gefühl, du verlangst von den Wirtschaftswissenschaften alle gesellschaftlichen Sachverhalte erklären zu können, einen Anspruch den sie selbst aber gar nicht an sich stellen und bist dann sauer, dass sie es nicht tun.
th3o schrieb:
das ein politisches skandalon ist und der wegfall von theorien die überhaupt die klassenthematik noch implizieren
Evtl. weil diese Thematik nicht mehr so wichtig ist, wie zur Zeit von Marx? Stichwort auf die Spezifika jeder Gesellschaft achten? Jeder Arbeiter (wie viele gibt es davon heute und wie viele gab es davon zur Zeit von Marx - anteilig an der Gesamtbevölkerung) hat heute die Möglichkeit mit einer bombastischen Idee zu einem Venture-Kapitalgeber zu gehen und zu sagen "Boah ey - dat is mein Bisinessplan" und wenn die Gegenseite den "Boah-Ey-Effekt" auch so sieht, ist er ratz die fatz im Besitz von Produktionsmitteln, die zunächst vieleicht noch der Bank gehören, da er sie durch Kredit gegenfinanziert, die aber durch aus zu seinem Stammkapital werden können. Frage: Hatte ein Arbeiter zu Zeit von Marx diese Möglichkeit? Wie stark ist der Dienstleistungssektor heute ausgeprägt und wie stark war er das zur Zeit von Marx ist im Zeitalter der Dienstleister nicht jeder sein eigenes Produktionmittel? usw. Könnte es sein, dass die Klassenthematik nicht mehr so virulent ist, weil Klassen an sich (no pun indented) nicht mehr so ausschlaggeben für die Lebensverhältnisse der Menschen sind. Die Arbeit wollten z.B. gar nicht so dolle rebellieren. Mit mehr Geld und besseren Arbeitsverhältnissen waren sie zu frieden (Sozialversicherung Gewerkschaften usw.) - Schlimm?
th3o schrieb:
mir dämmert hier so langsam dass du dir in dieser ganzen diskussion nicht im ansatz über die politischen implikationen deiner position im klaren bist. ich glaube für dich ist das hier eher nur so ein kleines geplänkel, ein spielchen, einfach ein lockeres meinungen-austauschen. es ist viel mehr als das.
Falls du mir unterstellen willst, dass ich mir keine Gedanken darüber mache, wie ein Staat aussehen sollte und in welcher Gesellschaft ich lieber lebte (vergleichen mit anderen) so irrst du dich gewaltig. Aber dann sollten wir uns darüber unterhalten, wie der Staat (oder wenn du diesen Begriff nicht magst), wie Gesellschaftliches zusammenleben) organisiert sein sollte.