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Ganzir schrieb:der Homo Oeconomicus ist ein rein theoritisches Konstrukt, er ist nicht mit der Hand greifbar und die postulate, die sich aus diser Annahme ergeben sind daher wohl kaum von empirischem Material abgeleitet oder?
äh ja, damit gibst du mir aber doch recht (?)
der homo oeconomicus ist eben nur ein theoretisches kontstrukt. ich kritisiere dieses ja gerade.
man soll ja, bzw das beansprucht zb marx, wenn man kapitalismus erklären will, auf einer nicht-empirischen begriffsebene (eben wertformen, die sind nämlich nicht greifbar, aber 'existieren' in sozialen verhältnissen) operieren, die aber eben schon immer am empirischen material maß nimmt. und nicht, wie die neoklassik (und in teilen auch der keynesianismus) kapitalismus erklären/analysieren wollen ausgehend von einem theoretischen konstrukt das eine handlungsform unterstellt, die es so noch nicht einmal irgendwann gegeben hat. wenns denn diese art des naturaltausches, wie er bei denen unterstellt wird, wenigstens auch mal real gegeben hätte..aber hats schlicht nicht; fraglich ob dann überhaupt das beispiel mehr taugen würde, denn dann wärs nachwievor nicht kapitalismus, sondern eben was anderes.
der ausgangspunkt von deren beispielen ist doch dass da zwei sich treffen, die zufälliger weise genau das dabei haben was der andere will und komischerweise auch noch in genau der proportion dabeihaben. das ist absurd. da gibts kein geld, da gibts keine wertformen, da gibts keine vergesellschaftung, da gibts keine strukturellen gesetze, die sie überhaupt erst in den stand setzen dass sie tauschen müssen (tausch ist nicht selbstverständlich, sondern man kann ja auch genausogut annehmen, dass einer was hat, was der eine braucht und der gibts ihm schlicht und damit fertig) usw usf. in meinen augen ein einziger hokus pokus. und die glauben dieses zeugs auch noch, das sie da von sich geben.
die kapitalistischen gesetze und strukturlogiken, die ausgehen von der waren- und geldform, sind schon vor den individuen da, die in das marktgeschehen treten. ihr zustandekommen ist nicht so dass es das an irgendeinem tag im 13. jahrhundert nicht gab und einen tag später wars schwupps da. das sind historische prozesse von gesellschaftlichen kämpfen, machtpolitiken, eroberungskriegen usw usw. unsereiner und was weiß ich wieviele generationen vor uns finden diese gesetze aber einfach vor. wir suchen sie uns nicht aus.
ich bleche beim bäcker kein geld hin weil ich das so will und es toll finde, sondern weil das der modus der vergesellschaftung des tauschaktes im kapitalismus ist in dem ich nun mal lebe.
von meinen handlungen aus dann abstrakt und in eine imaginäre handlungsform übersetzt auf kapitalismus aber schließen wollen, wie die neoklassik, zäumt das pferd von genau der falschen seite aus auf.
zu deiner äußerung über den staat: es gibt keine stunde null. das ist selbst ein mythos. dem ist vorher ein komplexer gesellschaftlicher prozess vorgelagert, wo sich machtkonstellationen erst gebildet haben, die überhaupt was 'ausrufen' konnten, bestimmte menschenmengen für sich gewinnen konnten usw usf. das ist viel komplizierter und indirekter als mal eben aus nem fenster war rauschschreien und ne republik ins leben rufen.
das wäre so als wenn man behaupten würde, dass der holocaust die stunde null gewesen sei (das behaupten wirklich welche - um sich damit nicht weiter auseinandersetzen zu müssen) und es keinerlei anzeichen im vorfeld gab, dass sowas potentiell möglich ist.
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