@new Account():
Eventuell kann ich dir keine für dich befriedigende Antwort geben.
Es hat aber auch mit dem Pygmalion Effect zu tun.
Minderheiten, mit denen z.B. "Weichlichkeit" verbunden wird, traut man fast automatisch keine sehr große Durchsetzungsfähigkeit zu ... völlig unabhängig von der tatsächlichen Durchsetzungefähigkeit diser Person.
Dadurch setzt man diesen jemand eventuell nur ungern Situationen aus, bei denen er Durchsetzungskraft braucht, dies wirkt sich auf die Leistungen der Person aus, was nicht nur die Erwartungen bestätigt, sondern eben auch das Vorurteil, auf dem sie von beginn an fußten.
Gegenüber jemanden, von dem du glaubst, er könne gut verhandeln, wirst auch du ein härterer Verhandlungsgegner sein.
Wenn dabei Vorurteile im Spiel sind, dann findet das ganze allein in deinem Kopf statt, und hat nichst mit dem zu tun, wie diese menschen wirklich sind, sondern lediglich mit deiner Vorstellung von ihnen ... einer Meinung, die du dir auch in Referenz zu ihrer angenommenen Gruppenzugehörigkeit gebildet hast.
Ich mag z.B. keine Anzugträger, und das sorgt regelmäßig dafür, dass ich Dokumente, die ich unterzeichnen soll, um einiges genauer prüfe ... eigentlich ungerechtfertigt, denn das, woran ich mein Misstrauen in dem Fall festmache, sind nur meine Vorurteile gegenüber eine Gruppe von Menschen, von denen ich nur sehr wenige gut genug kenne, um ihren Charakter einschätzen zu können.
Vorurteile wirken (das ist das Problem mit Vorurteilen) und durch den alltäglichen völlig normalen Sprachgebrauch, können Vorurteile verfestigt werden. Völlig ohne Böse absicht ... in dem Bezug sind sehr viele von uns einfach nur naiv.
Ich ja auch: siehe Anzugträger-Beispiel ... allein der Begriff ist schonaussagekräftig, denn er zeigt, dass ich Menschen im Anzug nicht traue ... sie müssen also extra Mühen auf sich nehmen, wenn ich ihnen trauen soll - weit mehr, als jeder Punk, Elektrohead oder Goth.
Ich gebe denen sozusagen einen "negativen Vertrauens-Kredit" ... und das ist eigentlich nicht fair.
Nun zum Negerkuss:
Hier hast du eine Süßspeise, die über ihren vollkommen willkürlich festgelegten Namen mit einer Personengruppe in Verbindung gebracht wird, die Jahrhunderte lang von weißen unterdrückt wurde.
Der Begriff wurde von weißen erfunden (genau wie viele Landesgrenzen in Afrika) - also von den Unterdrückern.
Diese Verbindung ist sprachlich nicht notwendig ... aber sie ist eben historisch gewachsen und wird daher im Grunde aus reiner Gewohnheit weiterverwendet.
Ich ersetze diesen Begriff gerne durch Schaum- oder Schokokuss.
Wäre der Schaumkuss bereits 1800 erfunden wrden, und mit weißer Schokolade überzogen, dann hätte er auch "tete du roi" oder "tete du noble" heißen können .. und wir würden heute "Königs-" oder "Adelsköpfe" kaufen.
Der Begriff hätte eventuell auch niemanden gestört (abgesehen von ein paar Adeligen), denn gegen die Diskriminierung Adeliger haben in unserer Gesellschaft viel weniger leute etwas einzuwenden, als gegen Rassismen.
Einem Adeligen würden sie aber eventuell ebenfalls nicht gefallen
Eventuell ein etwas verständlicheres Beispiel:
Warum nannte man es ANKER-Zentren, obwohl dort doch Menschen einer klar umgrenzten Gruppe (Menschen OHNE deutschen Pass) konzentriert werden, um damit ihre Behandlung nach geltendem Recht zu beschleunigen.
Wären die Verbindungen zwischen Sprache und Bedeutung/Ansicht so locker, wie hier angenommen wird, hätte man dese Institutionen auch "Sammel-", "Zwischen-" oder "Konzentraltionslager" nennen können (oder es einfach beim Abschiebeknast belassen).
Man hat sich dagegen entschieden, weil man die ANKER-Zentren eben nicht mit dem "Vogelschiss auf der deutschen Geschichte" in Zusammenhang bringen wollte.
Ich könnte mich nun auch hinstellen, und behaupten, dass "Konzentration" doch ein völlig normaler und neutraler Begriff sei und "Lager" auch ein passender Begriff für eine Gruppe Pfadfinderzelte ist.
Was soll also an "Konzentrationslager" bitte Böse sein ... dass das ein paar Bösewichte benutzt haben, ist ja offensichtlich kein Grund, den Begriff nicht zu nutzen, wenn er nunmal passt.
Eventuell habe ich mit dieser Erzählung bei dir nun etwas Irritation ausgelöst. Keine Sorge, mir würde das ähnlich gehen, wenn mein Gegenüber sowas ernst meinen würde.
Ich weiß, was die ANKER-Zentren tun sollen - und ich finde es nicht geil, aber ich sehe sehr wohl den Unterschied zwischen einem ANKER-Zentrum und Lagern wie Dachau oder Auschwitz, für die sich in meinem Sprachgebrauch eben das "Konzentrationslager" bzw. "KZ" etabliert hat.