@Lübke:
Ich habe ja auch nicht sagen wollen, dass es nichts mit selektiver Wahrnehmung zu tun hat.
Ich betrachte das aber als psychologischen Begriff. Selektve Wahrnehmung stellt Handlungsfähigkeit her ... ich kann das noch genauer erläutern, das mache ich aber nur auf Anfrage, weil es doch sehr weit vom thema wegführt.
Die Frage ob man sich eher für glücklich oder ungücklich hält, geht über die reine Wahrnehmungsselektion hinaus, und bezieht sich auf die Bewertung des selektiv Wahrgenommenen.
Sowohl der "glas halb voll" als auch der "glas halb leer" wahrnehmende Mensch nehmen das gleiche wahr, nämlich ein Glas welches halb gefüllt ist ... sie bewerten diese Wahrnehmung aber unterschiedlich.
Der eine Orientert sich dafür an einem Optimum (das volle Glas) der andere eher am Gegenteil (nix zu trinken mehr da).
Ähnlich ist das mit der Wahrnehmung der eigenen Situation, diese findet immer nur im jeweligen Bezugssystem statt ... bei einem Mitteleuropäer also im "ziemlich vollen Glas" Europa ... er nimmt aber Gläser wahr, die voller sind, als das eigene ... die teilweise komplett leeren Gläser ausserhalb seines Horizontes nimmt er nicht wahr ... nicht weil er sie bewusst aussortiert, sondern weil sie für seinen eigenen Alltagsvollzug irrelevant sind.
Nicht weil es ihm scheißegal ist, sortiert er diese möglichen Wahrnehmungen aus, sondern weil sie ihm in dem Moment einfach nix bringen.
Als Segler ist der Wind für dich wichtig, als Autofahrer eher nicht (bis zu einer bestimmten Stärke, die aber auch für den Segler gefärlich werden kann) ... die Folge, der Wind ist für die Handlung Autofahren relativ egal, und daher werden die diesbezüglichen Informationen ausgelendet ... und zwar "vor-" bzw. "unbewusst".
Dem Segler können dafür Tempolimits oder Strassenschäden egal sein.
Das ist eine Technik, die unser Gehirn entwickeln musste, um in der Umwelt klarzukommen.
Natürlich führt das je nach Bezugssystem zu seltsamen Blüten ... will man als Hersteller für Milchpulver Menschen in einer Dürrezone helfen, oder doch lieber viel Geld von Hilfsorganisationen kassieren, die dieses Pulver dann (sinnloserweise) in einer Region ohne Wasservorräte abwerfen?
Klar wird dann bewusst ausgeblendet ... aber eben in einer Weise, die den eigenen Fortbestand der Firma in ihrer direkten Umwelt gewährleisten kann ... es ist einfach nicht der job eines Milchpulverproduzenten, die Wasserversorgung ausserhalb seines Betriebes sicherzustellen.
DAS wäre Aufgabe der Hilfsorganisationen ... denn auch die sollten wissen, dass Milchpulver ohne Wasser nix brngt.
Natürlich kann man sich drauf zurückziehen (immer), nur Kundenwünsche bedient zu haben ... und der Kunde hat Milchpulver angefragt ... nicht Wasser (dafür gibt es andere Adressen).
Selektive Wahrnehmung, unschöne Folgen und kein wirklich "Schuldiger" weit und breit (abgesehen von den Hilfsorganisationen, denen man aber das Hilfeangebot nur schlecht wird ankreiden können).
Brunnen zu bauen (oder den Leuten vor Ort die nötigen Technologien zu überlassen und sie darin zu schulen), ist nunmal teurer, als Milchpulverpakete abzuwerfen. Und mit Afrikanern, die selbst Brunnen bauen können, verdient ein europäischer Brunnenbauer auch kein Geld. Das gefährdet u.U. Arbeitsplätze in Europa, und genau das gefährdet auf der politischen Ebene den Wahlsieg.
"Brot für die Welt ... aber die Butter bleibt hier ... auch damit die Regierung weiter regieren darf".
Bei politischen Entscheidungen (als Extremfall) geht es nur recht selten um das, was entschieden wird, sondern immer auch darum, wer zukünftige Entscheidungen beeinflussen kann.