"Nicht zuletzt sind wir der Ansicht, dass das Leistungsschutzrecht aufgrund seiner Unklarheit gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt und dadurch zu einer unzumutbaren Rechtsunsicherheit führt."
Das ist ein Punkt am Leistungsschutzrecht, der mich besonders aufregt.
Wäre doch eigentlich nicht zuviel verlangt gewesen, dass sowas
"kleinste Textausschnitte" klar definiert wird? Aber das wurde ganz bewusst unterlassen, obwohl zahlreiche Experten auf diese klaffende Lücke im Gesetzestext hingwiesen haben. Der Gesetzgeber hat sich einfach geweigert klar zu definieren, für was den sein neues Gesetz eigentlich gelten soll und für was nicht!
Diese unklaren Formulierungen wurden letztlich nicht aus Faulheit oder Inkompetenz gewählt, sondern ganz bewusst, eben mit dem Ziel, für möglichst lange Zeit eine möglichst große Rechtsunsicherheit zu erzeugen. Diese Rechtsunsicherheit sollen die Verlage bzw. von denen beauftragte Abmahnanwälte dann ausnutzen können, um von möglichst beliebigen Opfern möglichst beliebige Summen unter möglichst beliebigen Vorwänden einfordern zu können. Jedes Mal, wenn ein Opfer sich wehrt und sowas vor Gericht geht, kann/muss der jeweilige Richter von Neuem seine Fantasie spielen lassen und die schwammigen Formulierungen im Gesetzestext mit Sinn und Inhalt füllen. Bis hoch in die obersten Instanzen, deren Urteil dann aber auch nur für diesen einen Fall gilt und mit der nächsten Abmahnung das Spielchen von vorn beginnt.
Genau das selbe haben wir schon seit Jahren beim Urheberrecht, wo z.B. bis heute nicht klar ist, was die inhaltsleere Formulierung
"gewerbliches Ausmaß" eigentlich bedeuten soll. Das einzige, wo Einigkeit zu herrschen scheint ist, dass es natürlich mit der üblichen Definition einer gewerblichen Tätigkeit überhaupt nichts zu tun hat. (Was sich schon daraus ergibt, dass das Ausmaß nicht Teil dieser Definition ist. Ein Gewerbe kann jedes beliebige Ausmaß haben. "Gewerbliches Ausmaß" ist somit genauso blödsinnig wie "kreisförmiges Ausmaß".)
Ich finde es unerträglich, dass der Gesetzgeber (d.h. gewählte Volksvertreter) ganz bewusst Rechtsunsicherheit schafft.
Im Fall des Urheberrechts soll das wohl nicht nur die Möglichkeiten der Abmahnindustrie fördern, willkürliche Forderungen gegen Gott und die Welt zu erheben, sondern auch allgemein ein Klima der Unsicherheit und Angst unter der Bevölkerung erzeugen, die letztlich gar nicht mehr wissen kann, mit was sie sich strafbar machen und mit was nicht, so dass sie sich am Ende gar nichts mehr trauen und quasi freiwillig auf ihre Grundrechte wie Informations- und Meinungsfreiheit und das Recht auf anonyme Kommunikation verzichten.
Dieser Praxis, dass der Gesetzgeber bewusst Rechtsunsicherheit schafft, muss unbedingt Einhalt geboten werden! Damit wird der Rechtsstaat unterhöhlt. Ich hoffe, die Verfassungsrichter nutzen diese Klage gegen das (auch noch aus anderen Gründen unsinnige) Leistungsschutzrecht, um hier mal ordentlich auf den Putz zu hauen und den gesetzgeber zu zwingen, seinen Job wieder richtig zu machen.