Mit einer Zertifikatvergabe anhand eines Exemplars aus dem Handel wird niemand glücklich sein, immerhin soll das Logo ja pünktlich zum Verkaufsstart abgebildet werden. Natürlich könnte Ecova jedes Netzteil zweimal testen, müsste dann aber mehr verlangen.
Dass es für einen schlecht ausgestatteten Hersteller keine Möglichkeit gibt, das Netzteil zumindest nachträglich testen zu lassen, kann mir niemand erzählen. Es gibt genug Hardware-Seiten, die Zugang zu geeigneten Gerätschaften haben, und sich freuen, wenn man ihnen einfach nur ein kostenloses Testexemplar zusendet. Wenn das Ergebnis dann in irgendeiner Weise enttäuschend ausfällt, kann man sich immer noch beim Auftragsfertiger beklagen.
Aber genau da ist der springende Punkt. Jeder Fertiger, egal wie schlecht seine Netzteile sind, weiß was er tut (das unterstelle ich hier einfach). Wenn nun also ein Vertrag zwischen LC Power und Andyson zustande kommt, wird wohl festgehalten werden, wie das Netzteil auszusehen hat. Und Andyson sollte schon vorher, zumindest aber nachdem das Design steht, abschätzen können, wie sich das Netzteil verhält. Waren es also Andyson, die LC Power ein Netzteil versprochen haben, das Gold einhält, und dann ein anderes geliefert haben? Mit Sicherheit nicht, das wäre das Ende einer jeden Geschäftbeziehung. Vielmehr wird ein - höchst inoffizielles - Dokument geben, das festlegt, wie das Exemplar für Ecova und das tatsächlicher verkaufte Netzteil aussehen.
Neben den "falschen" 80 Plus-Zertifikaten gibt es im Netzteilbereich sowie noch ganz andere Sorgenkinder. Selbst die ATX-Spezifikationen werden von vielen billig-Netzteilen nicht eingehalten, z.B. im Bereich Spannungstoleranz und Restwelligkeit. Zudem sollen ja noch Exemplare ohne Leistungsfaktorkorrektur im Umlauf sein. Dann fehlen häufig die notwendigen Schutzschaltungen, und viele der billigsten Netzteile reagieren auf den unverschämten Wunsch, mehr als die Hälfte der Nennleistung zu liefern, mit einem hübschen Blitz.
Es gibt hier noch viele Ungereimtheiten, das Verfehlen des beworbenen Effizienz-Zertifikats ist hier für mich eine Harmlosigkeit.
Insofern ein kleines Lob für die Idee von 80 Plus. Ohne das Siegel würde jeder Hersteller seine eigenen Zahlen angeben, wer weiß, welche fantastischen Werte selbst die billigsten Netzteile dann erreichen würden. Und wenn in einem Unabhängigen Test was anderes rauskommt? War es eben das Prüfverfahren. Effizienzangaben wären so viel wert wie Lautstärkeangaben bei Lüftern. Bei 80 Plus jedoch wurden schon tausende Netzteile nach einem standardisierten Verfahren geprüft. Das ist, einen kleinen Skandal hin oder her, beachtlich. Die LC Power Affäre zeigt auch, dass das Siegel bis auf weiteres ernst genommen wird.
Andererseits ist die Netzteiltechnik viel zu komplex, um die Kaufentscheidung auf einen einzelnen Parameter wie den Wirkungsgrad herunterzubrechen. Und das ist vielleicht ein großer Nachteil des Effizienssiegels und seiner Marketingwirksamkeit.