Chismon schrieb:
Ansonsten ist China zwar ein großer Markt (eben wegen der großen Bevölkerung), aber im Endeffekt ist es sehr schwierig dort dauerhaft (als führendes Unternehmen in einem Gebiet) Fuss fassen zu können und nicht von einem chinesischen Konzern irgendwann abgelöst zu werden, denn natürlich gibt es dort auch eine (von oben verordnete, aber weniger auffällige) "China first" Mentalität.
So ist es. Gerade unter Xi wird stark fokussiert, jede nur mögliche Technologie selbst herstellen zu können, im eigenen Land und mittels eigener Unternehmen. Nach wie vor werden zu diesem Zweck absurde Mengen an Kapital aufgeboten. Dieser Fokus auf industrielle Fähigkeiten im Inland hat seine Vorzüge, allerdings auch gravierende Nachteile, wie etwa das zunehmende Versäumnis, beim Aufbau dienstleistungsorientierter Wirtschaftszweige größere Fortschritte zu erzielen. Letzteres bremst den Wohlstandszuwachs für Chinas Bevölkerung sehr stark aus, gut gebildete, junge Arbeitskräfte müssen stattdessen weiterhin in den Sekundärsektor gehen, wo sie wesentlich weniger verdienen können als das in einem etwaigen Tertiärsektor der Fall wäre.
Politisch ist das so aber gewollt, unter anderem auch, weil Firmen, die Dienstleistungen anbieten, mehr kreativen Entscheidungsspielraum brauchen. Das zuzulassen, liefe den Doktrinen der KP zuwider.
Diesen werden nun zunehmend die Zukunftschancen des Landes geopfert. Erst gerade hat man im Zuge eines "Dritten Plenums" wieder einmal demonstriert, dass man zu grundlegenden Reformen diesbezüglich nicht bereit ist und das Ziel, China wirklich reich zu machen, bevor es unaufhaltsam altern wird, lieber der eigenen Ideologie opfert.
kachiri schrieb:
Das hat nichts damit zutun... Apple ist hier schlicht Opfer des Handelsstreit zwischen den USA und China. 2023 gab es meines Wissens z.B. ein iPhone-Verbot für staatliche Unternehmen. Das iPhone darf nicht mehr für dienstliche Zwecke genutzt werden.
"Staatliche Unternehmen" ist in China quasi alles, was öffentlich ist. Nicht nur Verwaltung und Regierung, sondern quasi alles, was im Staatsbesitz ist.
Das hat politische Gründe, die nicht im Produkt selbst liegen.
Auch ohne den anhaltenden Handelskonflikt zwischen den USA und China wäre es früher oder später zum Herausdrängen ausländischer Unternehmen aus dem eigenen Markt gekommen. Natürlich wäre es China lieber gewesen, man wäre nicht zuerst sanktioniert worden. Einen Vorwand, um so zu verfahren, wie man nun verfährt, hätte es aber definitiv nicht gebraucht.
kachiri schrieb:
Uns wird das wie von
@lynx007 in Bezug auf (E-)Autos auch betreffen. Durch die Strafzölle, um Preisdumping in der EU durch chinesische Autohersteller zu verhindern, wird China sicher auch den deutschen Konzernen einen Stock zwischen die Beine werfen. Und China ist jetzt schon seit längeren
auch für deutsche Automobilkonzerne so ziemlich der wichtigste Absatzmarkt....
Zum einen das, zum anderen kontrolliert man auch den größten Teil wichtiger Rohstoffe zur Herstellung von Elektrofahrzeugen. Die westliche Automobilindustrie hat sich in eine Lage gebracht, in der es extrem schwierig sein wird, mit der wachsenden chinesischen Konkurrenz in Wettbewerb zu treten. Dieses Dilemma hat sich indes aber schon so lange angekündigt, dass ich persönlich nur mit den Schultern zucken kann, nun, da es schließlich entsprechende Konsequenzen gibt. Vorkehrungen hätte man längst treffen können, aber kurzfristiger Profit ist eben zumeist wichtiger ...
kachiri schrieb:
Im Endeffekt macht das aber aus meiner Sicht tatsächlich keinen Unterschied. China will die eigene Wirtschaft pushen. Das es eine Reaktion aus das "feindliche Verhalten" der USA (oder demnächst der EU) ist, ist am Ende nicht mehr als eine tolle Ausrede für China.
Völlig richtig. Würden sich USA und EU komplett passiv verhalten, es liefe letztlich doch nicht anders. So wie die Dinge stehen, hat man eben einen Anlass, den man vorschieben kann - gebraucht hätte es einen solchen aber sicherlich nicht.
lynx007 schrieb:
Nennt sich Diktat bzw. Planwirtschaft. Falsch ist nur der Fehlschluss, dass diese eine Reaktion auf etwas wäre. Sprich China macht das nur wegen der Blockaden! Die Blockaden, oder aber auch die Zölle sind in der Regel erst eine Reaktion auf wettbewerbsfeindliches Verhalten.
Ich kann mir vorstellen, dass es China sehr recht ist, dass Teile der westlichen Gesellschaften tatsächlich annehmen, dass die eigenen Staaten Schuld daran trägen, dass China sich feindselig verhält. Sicherlich werden solche Thesen auch gezielt im Internet verbreitet, die Realität sieht letztlich aber anders aus. China mindestens als systemischen Rivalen zu betrachten, ist völlig folgerichtig.
lynx007 schrieb:
Weniger Chinesischen und Russischen narrativen folgen. Die EU Strafzölle sind in Wirklichkeit auch keine Strafzölle, sondern ein Ausgleich für die Subventionen. Und das deutsche Unternehmen gegen diese Zölle auf ihre Mitbewerber sind, zeigt doch, wo doch wohl eher die Wahrheit liegt. Ich mein, was haben Schweinehälften, oder in China produzierte deutsche Verbrenner, mit chinesischen Elektroautos zu tun?
Die deutschen Autokonzerne könnten in der Konsequenz von chinesischen Rohstoffen abgeschnitten bzw. der Zugang zu diesen könnte ihnen erschwert werden, hinzu kommt natürlich der immer noch wichtige Absatzmarkt China. Persönlich bin ich allerdings der Meinung, dass die EU völlig richtig vorgeht, wenn sie ihr eigenes Gewicht nicht unterschätzt. Nach wie vor ist der europäische Wirtschaftsraum sehr reich und mithin ein extrem wichtiger Absatzmarkt für chinesische Unternehmen. Und wegen der oben erwähnten durch eigene Doktrinen praktisch absichtlich gehemmten Wohlstandsentwicklung im eigenen Land, wird China auch mittel- bis langfristig auf solche Märkte angewiesen sein. Ignorieren sie das, könnte die chinesische Wirtschaft an ihren durch staatliche Subventionen provozierten Überkapazitäten leicht ersticken - denn wo westliche Staaten in den letzten Jahren vielleicht eher zu wenig investiert haben, hat China das umgekehrte Problem, was stets die Gefahren einer Deflation birgt.
lynx007 schrieb:
Und da unserer Unternehmen genauso ein Teil der westlichen Welt sind, wie Apple, deshalb werden sie auch genauso von den chinesischen Märkten verschwinden. Aber nicht aufgrund einer Reaktion, sondern weil es halt "China First" ist. Die bereiten sich ohnehin extrem auf "Kriegswirtschaft", auf die Invasion auf Taiwan vor.
Chinas Wirtschaftspolitik kann im Prinzip von niemandem, der einen vernünftigen Blick darauf wirft, nicht als feindselig interpretiert werden. Nie hat es ein Schwellenland an der Grenze zur Entwicklung eines potenziell riesigen Tertiärsektors gegeben, das stattdessen seine eigene Entwicklung umgelenkt und sich so selbst geschadet hat, nur um sich in absolut jeder Beziehung autark zu machen. Selbst die eigene landwirtschaftliche Produktion kurbelt man zu diesem Zweck mit riesigen Geldmengen an. Ein Schelm, wer dabei an der Ernährung eines Heeres denkt.
Bedauerlicherweise wird China in den nächsten Jahren nur gefährlicher werden, denn Xi wird wissen, dass er seine Pläne bezüglich Taiwan umsetzen muss, bevor negative demographische und wirtschaftliche Entwicklungen, letztere sogar von ihm verantwortet, sich gegen das Land umkehren. Aktuell rechnen chinesische Experten damit, dass das Wachstum Chinas bis 2030 auf den Weltdurchschnitt (und damit jahreweise sogar hinter die USA, die für ein entwickeltes Land nach wie vor sehr dynamisch wächst und die China demzufolge niemals als größte Volkswirtschaft wird überholen können) zurückfällt. Stand heute wäre damit zementiert, dass man in die "middle income trap" getappt sein wird. Bevor das passiert, wird China seinen "moment of peak power" erfahren - und die Welt kann nur hoffen, dass verhindert werden kann, dass dieser dazu genutzt wird, einen großen Krieg zu beginnen.