Die "Pogromstimmung" - ein verbotenes Wort?

Adam_Smith

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Nun ist auch der niedersächsische Ministerpräsident Wulff ins "Fettnäpfchen" getreten.

In einer N24 sagte er:

Ich finde, wenn jemand zehntausend Jobs sichert und Millionen an Steuern zahlt, gegen den darf man keine Pogromstimmung verbreiten.

Der Zentralrat der Juden und auch Teile der Opposition reagierten empört und forderten gar den sofortigen Rücktritt des Ministerpräsidenten.

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Es soll jetzt nicht um Managergehälter oder änliches gehen.

Der Begriff des Pogroms ist nicht durch die Nazis erfunden worden und hat eine Bedeutung die allgemein definiert ist.

Unter einem Pogrom (m., auch n.) versteht man eine gewaltsame, auch organisierte Massenausschreitung gegen Mitglieder einer religiösen, nationalen, ethnischen oder andersartig definierten Minderheit oder Gruppe einer Nationalität oder Bevölkerung, verbunden mit Plünderungen und Misshandlungen sowie Mord oder Genozid.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Pogrom

Ist es uns Deutschen wegen unserer Geschichte verboten derartige Begriffe in einem Kontext zu nutzen der nichts mit der NS Zeit zu tun hat?

Ist es wirklich eine Verharmlosung der Judenverfolgung wenn ein derartiger Begriff genutzt wird um die Hetze gegen Manager zu beschreiben. (Ob diese Beschreibung treffend ist will ich gar nicht diskutieren)

Ich bin erschreckt, dass wir es nach über 60 Jahren noch immer nicht schaffen "gesund" mit unserer Vergangenheit umzugehen.
Es ist erschreckend wie ein Politiker durch öffentlichen Druck dazu gebracht wird zu Kreuze zu kriechen nur weil er einen Begriff genutzt hat der eben auch im Zusammenhang mit der NS-Zeit verwendet wird.
 
AW: Die "Progromstimmung" - ein verbotenes Wort?

Unter einem Pogrom (m., auch n.) versteht man eine gewaltsame, auch organisierte Massenausschreitung gegen Mitglieder einer religiösen, nationalen, ethnischen oder andersartig definierten Minderheit oder Gruppe einer Nationalität oder Bevölkerung, verbunden mit Plünderungen und Misshandlungen sowie Mord oder Genozid.

Japp und genau das haben die deutschen Manager zu befürchten. Dieser Vergleich ist geschmacklos. Eben und gerade auch deswegen, weil Deutschland "Erfahrung" damit hat. Und eine Progromstimmung ist etwas undefiniertes, etwas was angeblich im Raum steht. Ein gewisser Ministerpräsident wirft also der deutschen Bevölkerung vor, mal wieder soweit zu sein und als gewalttätiger Mob andere Menschen durch die Straßen zu treiben und im schlimmsten Fall massenhaft zu töten.

Ja dieser Vergleich ist wirklich absolut harmlos, angebracht, gerechtfertigt und sollte in unserer Zeit einfach auch gesellschaftlich akzeptiert sein. Wie kann man es wagen, diesen Vergleich als unglaublich unsensibel zu bezeichnen. Am Ende nennt jemand Wulff den schlimmsten Hetzer seit Goebbels.

Edit: Diese reflexhafte Empörtheit auf die reflexhafte Empörtheit, muss man die eigentlich noch hervorheben? Oder um es so zu sagen: Kann man nicht jeden anderen in diesem Land auf so eine Entgleisung sagen lassen, was er will, wenn man es dem Verursacher der Kontroverse offenbar voll und ganz zugesteht? Wer kann in diesem Land eigentlich wem tatsächlich den Mund verbieten?
 
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AW: Die "Progromstimmung" - ein verbotenes Wort?

Ich sehe es ja auch so, dass dieses Wort nicht wirklich glücklich gewählt ist. Aber eben nicht weil es eine Verharmlosung der Judenverfolgung ist sondern eher weil er überdramatisiert.

Um Wulff aber etwas gerecht zu werden sollte hervor gehoben werden, dass er davor gewarnt hat eine solche Stimmung zu verbreiten.
Das bedeutet nicht, dass er dem ganzen Volk ein solches Verhalten vorwirft.

Ich denke die Richtung in die diese Aussage gehen sollte ist ja klar. Es geht wohl um jene die die Enteignung von Unternehmern propagieren.
 
Ich finde jeder sollte das Recht haben zu sagen was er möchte und denkt, ohne das der ZDJ oder sonstwer gleich angelaufen kommt. Ist halt nicht so weit mit freier rede hier in der BRD.
Zu einer demokratie gehört auch das andere akzeptieren müssen was gesagt wird, auch wenn es ihnen nicht passt oder sie es für verwerflich/geschmacklos halten.
 
@Wazzup: Jeder darf jeden kritisieren, auch das ist Teil der Meinungsfreiheit. Sie Wulff zugestehen, dem ZDJ nicht, ist Heuchelei. Wir brauchen uns auch um Wulff keine Sorgen machen. Nur weil es jemand fordert, tritt noch lange keiner zurück.

Wulff hat sich für die Wortwahl bereits entschuldigt und das aus meiner Sicht völlig zurecht. Nicht weil das unsere Vergangenheit betrifft, sondern weil der Vergleich hinkt und den Menschen, die auch er regiert, Dinge unterstellt, die schlicht lachhaft und unhaltbar sind. Zumal wenn dann seine Partei da mittendrin steckt, hat doch auch sie und die Kanzlerin persönlich die Gehälter der Manager als maßlos angeprangert.
 
Meiner Meinung nach ist es viel weniger der Ausrutscher von Herrn Wulff, über den man sich aufregen sollte, sondern vielmehr die Art und Weise, wie das ganze wieder aufgeblasen und von den Medien platt getreten wird.

Ich möchte nicht wissen, wie viel Sendezeit in den Nachrichten diesem Thema zu Teil wurde. Als ob es nicht wesentlich wichtigere Dinge gäbe. Sicher, niemand kann und will täglich Nachichten über Bürgerkriege in Afrika und Anschläge im Nahen Osten sehen, aber die in periodischen Abständen auftauchenden "Skandal-Äußerungen" irgendwelcher deutscher Politiker sind für mich ebenso erwähnenswert wie der neueste Klatsch aus der "Bunten Woche".
 
Hans-Werner Sinn verbrannte sich am 27. Oktober 2008 im Tagesspiegel die Finger.

In jeder Krise wird nach Schuldigen gesucht, nach Sündenböcken. Auch in der Weltwirtschaftskrise von 1929 wollte niemand an einen anonymen Systemfehler glauben. Damals hat es in Deutschland die Juden getroffen, heute sind es die Manager. Als Volkswirt sehe ich stattdessen falsche Anreize und fehlende Regeln. Schauen Sie sich den Straßenverkehr in Indien an. Die Leute fahren links, rechts, auf dem Bürgersteig, das ist abenteuerlich. Der Verkehr kommt deswegen immer wieder ins Stocken. Sind daran die „Manager“ an den Steuerrädern schuld oder fehlende Verkehrsregeln?
http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/Finanzen-Finanzkrise;art130,2645880

Objektiv betrachtet liegt Herr Sinn nicht ganz falsch, wenn er die Manager als Sündenböcke betrachtet, denen man die Schuld zuschiebt.

Als Sündenbock wird ein Mensch bezeichnet, dem man die Schuld für Fehler, Misserfolge oder sonstiges Konfliktpotenzial zuschiebt. Tatsächliche Schuld spielt dabei keine Rolle.

Die Bezeichnung Sündenbock trifft dann zu, wenn die Schuld zugeschoben wird, ganz gleich, ob ein individuelles Verschulden vorliegt oder nicht. Es wurden auch „die Manager“ in ihrer Gesamtheit angegriffen. Es gab keine Unterscheidung zwischen potenziell Schuldigen und möglicherweise Unschuldigen.

Objektiv betrachtet muss auch gesagt werden, dass der Vergleich von Herrn Sinn überflüssig war wie sonst etwas. Trotzdem musste er sich öffentlich entschuldigen, nachdem der Zentralrat der Juden mal wieder reflexartig protestiert hatte.

http://berlin.business-on.de/stellu...-vergleich-in-einem-offenen-brief_id2930.html
 
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Ich habe die Sendung gesehen und war etwas überrascht, das er das Wort in diesem Zusammenhang brachte. Man merkte auch, das er selber überrascht war, aber in diesem Augenblick war er einfach zu fixiert auf seine Aussage, als das er sich revidieren wollte.

Man muss aber auch dazu sagen, das Friedmann selber ein Provokateur erster Klasse ist und Leute so weit aus ihrer Reserve bringt, das sich selbst die Klügsten in einem Satz um Kopf und Kragen reden können, in dem Augenblick spielte einfach auch ein emotionaler Druck mit rein und die Zeit der Sendung lief aus. Die berühmten letzten Worte sollten es sein,

Auf der anderen Seite kommt hier wieder mal die altbekannte Empörungsmaschinerie so mancher Organisation zum tragen. Da wittern Leute ihre Chance von 15 Minuten Aufmerksamkeit und Bedeutung, fordern völlig überzogen den Rücktritt von dem oder jenen, regen sich künstlich auf und wollen so viel Aufmerksam wie möglich in ihrer kurzen Zeit. All das mit der Keule des Antisemitismus, des Vergleiches mit dem 3. Reich, dem eigentlich niemand so wirklich gegentreten will, hat man doch Angst, selber in diese Maschine der allgegenwärtigen Empörung zu geraten. Die Unglücksraben stehen meist allein auf weiter Flur.

Klar kann man sich über den Vergleich wundern, betroffene Leute echter gewaltsamer Pogrome können eine Entschuldigung verlangen, aber gleich den Rücktritt und das Ende einer Karriere zu fordern ist völlig überzogen.

Meinungsfreiheit heißt nun mal auch, unliebsame Vergleiche ziehen zu dürfen, unliebsame Meinungen zu vertreten. Und man darf auch mal einen Versprecher tun, es war eine Live-Sendung, die Gemüter gingen hoch, das ist einfach nicht planbar. Man muss aber im Nachhinein die Chance haben, sich zu entschuldigen und eine Aussage zurückzuziehen - was ja auch gemacht wurde.
 
Adam_Smith schrieb:
Der Begriff des Pogroms (...) hat eine Bedeutung die allgemein definiert ist.

Nur hat sich die allgemeine Definition des Begriffs in den letzten beiden Jahrzehnten verändert. Bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts war der Begriff des Progroms eben nicht eng mit der Judenverfolgung in der NS-Zeit verknüpft. Bis dahin war mit einem Pogrom eher der spontane und lokal begrenzte Übergriff von Teilen der Bevölkerung gegen Minderheiten und Randgruppen gemeint. Pogrome haben sich auch gegen andere christliche Konfessionen, nationale Minderheiten sowie Sinti und Roma gerichtet und nicht nur gegen Juden, weiterhin waren sie ein weltweites Phänomen mit Schwerpunkten in Osteuropa. Somit hatten sie als Begriff nicht unmittelbar und ausschließlich mit der deutschen Geschichte zu tun.

Ein Pogrom war bildlich mit einer erbosten Meute mit Fackeln und Mistgaben verknüpft, die aus irgendwelchen Anlässen heraus spontan Jagd auf andere Menschen gemacht hat.

Erst seit Ende der 80er wurde z.B. aus einer Reichskristallnacht eine Reichsprogromnacht, der Begriff des Pogroms wurde umgedeutet eben auch in den Bereich der staatlich organisierten und kontrollierten Verfolgung bis hin zum Völkermord. Vorher war ein Pogrom noch etwas anderes!

Zu diesem Bedeutungswandel liefert der Wikipedia-Artikel zur Reichskristallnacht einige Anhaltspunkte, bei Interesse also bitte nachlesen.

Wulff ist Baujahr 1959, ist also mit der alten Pogromdefinition aufgewachsen. Meine Vermutung ist, dass er diese alte Pogromdefinition meinte, als er im Eifer diesen Begriff in den Mund genommen hat. Dann ist ihm mit Erschrecken klar geworden, dass der Begriff heute anders belegt ist, und konnte das allerdings nicht mehr klarstellen. Hätte er z.B. anstelle dessen von der Gefahr einer Hexenjagd-Stimmung gesprochen, wäre nichts passiert. Ich vermute, so hat er´s gemeint. Zudem endet eine Hexenjagd heute nicht mehr mit dem Scheiterhaufen, sondern ist eher symbolisch belegt.

Auch ich - Baujahr 1969 - tue mich heute noch schwer mit dem Begriff der Reichspogromnacht. Einfach, weil ich es anders gelernt und verinnerlicht habe, und mich seinerzeit massiv an der Umbenennung gestört habe, eben weil es zur langjährigen Definition des Pogroms nicht passte. Ich empfinde den Begriff der Reichspogromnacht, schlimmer noch der so genannten Novemberprogrome immer noch als fahrlässige Verharmlosung, eben weil es sich nicht um spontane Übergriffe gehandelt hat.

Mal unterstellt, ich liege mit meiner Vermutung richtig: Was hat Wulff gesagt?

Er hat davor gewarnt, Manager allgemein zu Sündenböcken zu stempeln und damit die die Grundlage dafür zu legen, dass es zu einer gesellschaftlich anerkannten Ächtung von Managern kommt. Wenn das eine Petition wäre, würde ich morgen unterschreiben. ;)

Auch eine Frau Künast hätte das alles wissen müssen, das Alter und den Bildungshintergrund hat sie. Aber die Gelegenheit, einen vermeintlichen Skandal vom Zaum zu brechen, war wohl zu verlockend. Auch für alle anderen Berufsbetroffenen, inklusive des Zentralrats der Juden in Deutschland, der sich bei aller generellen Sympathie damit für mich einen Bärendienst erwiesen hat. Die Leute dort haben ebenfalls das Alter und den Bildungshintergrund, um es besser zu wissen. Leider hat auch dort der kurzfristige politische Donnerschlag offenbar für eine gewisse Amnesie gesorgt. Schade um die Glaubwürdigkeit.

Viele Grüße, Tiguar
 
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Wenn bestimmte Begriffe oder Redewendungen (zb. "Jedem das Seine", das auch so oft verwendet wird obwohl es auch hier vorkommt: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bild:Gate_KZ_Buchenwald.jpg&filetimestamp=20060531195248 ) geschichtlich belastet sind, so sollte man dem immer Rechnung tragen, zumal als Person des öffentlichen Lebens. Dass der Zentralrat der Juden darauf anspringt kann sich selbst ein Vollidiot denken. Dass es in den Augen vieler als übertrieben erscheint mag dahingestellt sein. Mit dem Hinweis auf die Belastung durch die Geschichte hat der Zentralrat aber definitiv recht. Daran kann nichts und niemand rütteln. Sprache entwickelt sich immer weiter, schleppt aber die Geschichte im Substrat immer mit. Das kann man nicht wegdiskutieren, zumal nicht mit dem Verweis, dass es doch "nur" ein einfaches Wort sei. Wörter sind nie "einfach" und schon gar nicht Schlagwörter. Wörter haben immer bestimmte Bedeutungen und diese Bedeutungen sind u.a. auch geschichtlich unterfüttert. Wer das außer Acht läßt läuft Gefahr sich zurecht die Finger zu verbrennen. Das "hier" und "jetzt", wie es so schön heißt, ist nicht rein unabhängig von dem, was vorher gewesen ist. Also sollte man auch nicht so tun, als ob man alles tun und lassen könnte ohne dass andere ein Problem damit haben. In diesem Fall ist die Belastung des Wortes u.a. mit der administrativen Ermordung von 6 Mio. Menschen mehr als deutlich.
Will man (oder ich) ganz gehässig sein, dann müsste man sagen, dass bereits das Reden darüber ob die Benutzung in Ordnung geht oder nicht, schon als Beleidigung der Opfer angesehen werden kann und als Verharmlosung dessen was damals geschah. Dass das dem gewöhnlichen Bewußtsein nicht einleuchtet, damit rechne ich.
 
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Alle "Jahre" wieder......!

Um ehrlich zu sein rufen solche "Ereignisse" nur noch ein müdes Gähnen bei mir hervor.
Ob das Wort nun Autobahn oder Progrom heisst bzw. ein Vergleich mit irgendeiner Nuance aus dem schwarzen Kapitel unserer Geschichte gemacht wird.
Immer folgt das selbe Muster. Der ZdJ fühlt sich beleidigt (ist das wirklich so?) und die Pseudomoralapostel aller Richtungen krabbeln aus ihrer Bedeutungslosigkeit (einige lernt man erst dadurch kennen) und zelebrieren selbstgerecht und drehbuchreif fünf Minuten Gruppenempörung.

Dass sich Interessengruppen wie der ZdJ noch zu Wort melden liegt ja auf der Hand aber grundsätzlich empfinde ich solche Reaktionen übertrieben.

Wir haben noch immer Gesetze, die durchaus definieren, was in diesem Zusammenhang als Beleidigung gilt.

Die deutsche Geschichte/Sprache besteht aus mehr als 12 Jahren.

MFG
 
Gerade als Ministerpräsident sollte mensch etwas mehr Fingerspitzengefühl an den Tag legen und die eigenen Äußerungen besser überdenken. Besonders bezeichnend: Wulff hat es ja nicht einmal für notwendig befunden sich noch in der Sendung nach Nachfrage von Michel Friedman für seinen kranken Vergleich zu entschuldigen, sondern erst nach einigen Tagen des Protestes kam ein leises Wörtchen des Bedauerns von seinem Sprecher. Lässt einen also vermuten das es sich hier nicht wirklich um einen Versprecher gehandelt hat.
Für mich sind solche Personen wie auch Oettinger absolut untragbar und ihr Geschichtsrevisionismus ist Wasser auf die Mühlen der extremen Rechten. Das solche Personen so etwas immer wieder aussitzen können und keine Konsequenzen fürchten müssen ist der eigentliche Skandal.
 
smacked2 schrieb:
Gerade als Ministerpräsident sollte mensch etwas mehr Fingerspitzengefühl an den Tag legen und die eigenen Äußerungen besser überdenken. Besonders bezeichnend: Wulff hat es ja nicht einmal für notwendig befunden sich noch in der Sendung nach Nachfrage von Michel Friedman für seinen kranken Vergleich zu entschuldigen, ...

Als Mensch neigt man zu Fehlern, da ist der Ministerpräsident nicht anders als mein Nachbar oder ich.
Dann hat Friedmann nicht wirklich nachgefragt, sondern nur das Wort noch mal fragend wiederholt (das ist schon ein Unterschied), aber das im Redefluss von Wulff, der das vielleicht nicht gehört hat. Zeit für eine Entschuldiung war nicht, da die Sendung vorbei war. (wenn du kannst, schau mal bei youtube, vielleicht gibt es da den Ausschnitt)

Außerdem ist dieser Vergleich nicht krank, höchstens falsch und unglücklich. Und wie du weiter oben lesen kannst, hat das Wort Pogrom durchaus mehrere Bedeutungen und kann unterschiedlich bewertet werden.

Das Wort haben nicht die Juden oder Roma/Sinti für sich gepachtet und das alleinige Recht darauf. Von daher ist es durchaus auch in anderer Hinsicht brauchbar, auch wenn man sich über den Einzelfall prima streiten kann.

Das gleiche wird ja auch bei "Endlösung" oft diskutiert. Darf man das Wort verwenden? Wenn nein, was ist mit Zwischenlösung?, führen mehrere solcher nicht zu einer Endlösung? Muss jede Belastung eines Wortes für immer und ewig dafür sorgen, das man sich seiner Sprache nicht mehr sicher sein kann und für jedes Wort an den Pranger gestellt wird?

smacked2 schrieb:
... der eigentliche Skandal...

... ist die wiederkehrende Empörungsmaschinerie ohne wirklichen Sinn für eine Diskussion. Da werden keine Entschuldigen mehr erwartet, man verlangt, das Köpfe rollen und Minister zurücktreten. Kann man nicht mal sagen "Herr Wulff, wir sind über diesen Vergleich sehr unglücklich, bitte entschuldigen Sie sich"? Muss es gleich "treten Sie zurück, Herr Wulff" sein?

Edit: Man sollte auch zwischen einem Pogrom und der Pogromstimmung unterscheiden. Noch sind die Manager in D. ja nicht körperlich gefährdet und der Mob tobt auch noch nicht in ihren Vorgärten. Aber es gibt bereits die Aufheizer und Hetzer (Lafontaine "wir müssen die Reichen enteignen") und es gibt die Leute, die lauthals nach Gleichverteilung schreien und es gibt die Brandstifter, die in Berlin und Hamburg und anderswo Luxusautos und Firmenautos anzünden, die Wohnhäuser und Villen mit Grafiti beschmieren. Das ist eine Stimmung, die manchen betroffenen Angst macht und ihn an das Schicksal anderer Menschen erinnern kann. Von unserer Warte aus, die wir in Abstand leben, sieht das harmlos aus, aber würdest du wollen, das deine Kinder morgens das ausgebrannte Auto von Papa sehen müssen?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Der Vergleich ist natürlich falsch. Naja, offenbar sind ganze Bereiche der deutschen Sprache eine no-go-Bereich, es müssten dringend ein paar neue Vergleiche her, die nicht vorbelastet sind, vielleicht aus dem Tierreich - ach nee, auch nicht wegen Reich :rolleyes:
Was auch unterging bei dem Tohuwabohu: die Manager haben sich weitestgehend legal verhalten, sogar die Banker. (Die Rolle der Ratingargenturen muss untersucht werden) Die Gesetze sind eben so, und das ist die Verantwortung der Politik, dementsprechend billig ist, wenn Politiker jetzt in die Offensive gehen. Nicht zu vergessen, das grade die (Halb-)Staatlichen Banken Gelder hochspekulativ verzockt hatten.

..das ganz ist natürlich ne Räuberpistole, das Problem ist doch, das De eine ganz schlechte Einwanderungspolitik hat, aufgrund der Nazizeit, des ist ein andere Thema.
 
Manche Wörter sind sehr wohl mit dem Nationalsozialismus zu assoziieren: Endlösung, Herrenrasse, Blut+Boden......sie entstammen mehr oder weniger dem Sprachgebrauch der Nazis. Andere Wörter gab es schon vor dem NS ( Holocaust, progrom, Judenfrage), sind aber seitdem 20.Jahrhundert fast nur mit dem NS in Verbindung zu bringen.

Der ZdJ sollte aber auch mal aufschreien wenn Herr Friedman ein Interview mit einem bekennenden Neo-Nazi Horst Mahler führt.
 
walter08 schrieb:

Vorsicht, ein Wort aus der Kolonialzeit, als wir in Übersee noch Gebiete zu verteidigen hatten :D.

Kongo-Joe schrieb:
Manche Wörter sind sehr wohl mit dem Nationalsozialismus zu assoziieren: ....

Richtig. Aber sollten Wörter nicht auch wieder die Chance bekommen, in den alltäglichen Sprachgebrauch zurückzukehren? Vielleicht nicht gerade Judenfrage, aber eine Endlösung kann ja auch was Gutes sein, sagen wir ja auch Endbestand (in der Bilanz), Endmontage (einer Hausanlage), Endabrechnung (vom Stromanbieter), Endbahnhof (in Frankfurt/Main), Endkampf (im Videospiel), Endlager (Gorleben) - vieles klingt nach Kampfwörtern des 3. Reiches, aber wir nutzen diese Worte vielfach.
 
Fu Manchu schrieb:
[...]und es gibt die Brandstifter, die in Berlin und Hamburg und anderswo Luxusautos und Firmenautos anzünden, die Wohnhäuser und Villen mit Grafiti beschmieren. Das ist eine Stimmung, die manchen betroffenen Angst macht und ihn an das Schicksal anderer Menschen erinnern kann. Von unserer Warte aus, die wir in Abstand leben, sieht das harmlos aus, aber würdest du wollen, das deine Kinder morgens das ausgebrannte Auto von Papa sehen müssen?

Mir kommen gleich die Tränen für diese armen und geschundenen Seelen ;)

Gegen die Repressionen die Millionen von Hartz-IV EmpfängerInnen erdulden müssen (Zwangsarbeit usw.) sind die vermeintlichen Belastungen für die ach so armen ManagerInnen nur ein Witz.
 
smacked2, Dir müssen nicht die Tränen kommen, aber du siehst, welche Stimmung herscht, wenn man von "Repressionen gegen Millionen spricht die erdultet werden müssen", so als ob die Manager die Schuld tragen würden. Und die Brandstiftungen scheinst du ja nicht zu verurteilen ;). Jede miese Stimmung fängt im kleinen an, will sie doch von ihren Verursachern gehegt und gepflegt werden, wo wären wir ohne Feindbild.
 
tragen sie etwa nicht die Mitschuld für Lohndumping, HartzIV usw. ? Solche Gesetzgebungen sind von den Unternehmen immer begrüßt und teilweise auch mitgeschrieben worden (Lobbyarbeit lässt grüssen)
Na egal ich glaube wir weichen vom Thema ab ;)

Der Vergleich von Herrn Wulff ist angesichts der historischen Ereignisse einfach nur geschmacklos und pervers. Er sollte zurücktreten.
 
smacked2 schrieb:
...Der Vergleich von Herrn Wulff ist angesichts der historischen Ereignisse einfach nur geschmacklos und pervers. Er sollte zurücktreten.

Der Vergleich von Herrn Wulff ist angesichts der historischen Ereignisse einfach nur unglücklich und falsch. Er sollte sich entschuldigen.
 

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