Mustis schrieb:
Sollen auch noch unsere Enkel dafür büssen was ihre Urururgroßeltern den den Ururureltern der juden zu dieser Zeit angetan haben? Irgendwann muss auch mal ein Schlußstrich gezogen werden.
Das als einen ganz typisch ignoranten Reflex ganz im Stile des kritisierten Orgnaisation zu zu bezeichnen, wird mir sicherlich wieder Kritik an der Objektivität einfangen. Also nennen wir es so: Inwiefern büßen? Ist ein Rücktrittsforderung aufgrund einer auch nicht nur von die, sondern ziemlich jeden Beobachter als unnötig unangebrachte Wortschöpfung schon ein Ausgleich für den Holocaust oder doch nur eine politische Masche, so wie es ja anderseits auch dargestellt wird? Vielleicht sollte sich der ein oder andere auch erstmal entscheiden, wie sehr er mit der Vergangenheit abgeschlossen hat und ob das so ohne weiteres möglich ist, selbst wenn man davon genervt ist.
Solange man ständig selber betont, man sei überhaupt nicht antisemitisch, aber dies und das und jenes, solange stellt man auch in den Raum, dass einem, genau dies vorgeworfen wurde. Von wem? Weshalb? Nicht mal der ZdJ wirft Wulff Antisemitismus vor, lediglich einen unangebrachten Vergleich. Das nun die Rücktrittsforderung selbst den ZdJ in die Nachrichten bringt, sollte auch klar sein. Oder würde einer die Stellungnahme beachten, wenn nicht genau der vorgeworfene konstruierte Eklat verkündet würde? Natürlich ist der die Aufregung irgendwo künstlich und übertreiben. Nur die Presse gier danach, weil eine einfache Kritik an falscher Wortwahl fällt zumindest Online heute einfach durch als Meldung.
Beispielsweise Palästina. Was wäre bloss los, wenn ein Deutscher um die 25 sich erlauben würde, die Israelis zu kritisieren für ihre Politik im Nahen Osten.
Eines der politischen Vermächtnisse der linken und alternativen Bewegung ist genau diese Kritik. Sie führte im Extremfall zur Unterstützung von Terroristen, genauso zu einer Zusammenarbeit mit deutschen und palästinensischen Terroristen. Selbst wenn wir Arafat davon ausnehmen und die Bewunderung der (ehemaligen) Linken für dessen bewaffneten Kampf als teilweise gerechtfertigt ansieht, so ist es nicht von der Hand zu weisen, dass es a) diese Kritik längst gab und gibt und b) nur weil man sich mittlerweile nicht mehr sicher ist, was denn nun eigentlich politisch korrekt ist und die anhaltende Verzögerung des Friedendsprozesses eine Bewertung der jeweiligen Rollen immer auch politisch verwässert wird, eine Kritik weder unmöglich, noch irgendwie angefeindet wird.
Nur sachlich sollte man bleiben und da geht dein, sorry, Gejammer hier in genau in die falsche Richtung. Ich kann nicht, ich darf nicht und die anderen sind Schuld. Schön dass dann immer Relativierungen gebracht werden wie "schon fast nicht". Also kann man es doch noch? Wieso tut man es nicht, solange man emotional nicht völlig in die "endlich mal Schluß"-Ecke abgerutscht ist. Und nein, ein Henryk M. Broder alleine macht noch keine politische Agenda aus.
Was soll also all die Rechtfertigung, wenn man sich eigentlich im Recht fühlt? Was sol ldas Gejammer, dass man nicht sagen dürfe, wie man Israels Politik einschätzt, wenn man es hier doch nur tut um seine Kritik am ZdJ abzurunden, obwohl es mit dem eigentlichen Thema nichts zu tun hat? Den angeblichen Zwang, sich ständig zu rechtfertigen, schiebt man anderen in die Schuhe und betreibt ihn doch höchstselbst.
Solange es in Deutschland kein öffentliches jüdisches Leben gibt, solange Wunden nicht nur sichtbar, sondern auch deutlich fühlbar sind, solange wird weder der ZdJ verschwinden, noch ein normaler öffentlicher Umgang damit möglich sein. Das hält aber niemanden davon ab seine Meinung zu Israel zu äußern. Wenn er seine Kritik selber nicht für stark genug hält, um Gegenargumente auszuhalten, dann sollte man es sich allerdings überlegen.
Aufarbeitung kann man auch losgelöst von aktuellen Themen betreiben.
Nein. Das ist unmöglich. Geschichte wiederholt sich und kein Ereignis ist losgelöst von einem anderen zu betrachten. Ich weiß, in Zeiten wo die deutsche Geschichte von Laiendarstellern im ZDF verhunzt wird und dafür Applaus verteilt wird, ist so eine Haltung normal. Aber es ist nicht in Ordnung, wenn jemand, der die größtmögliche moralische Keule anwendet um Manager zu verteidigen (oder fällt einem ein noch unpassenderer Begriff zur Lage ein?), hinterher nicht genau dafür gerügt werden darf, dass er möglicherweise fahrlässig Geschichtsklitterung betreibt, selbst wenn er das nicht beabsichtigt. Im Gegenteil, man wirft den Kritikern die berühmte moralische Keule vor.
Ich frage mich warum. Oder es ist wirklich so, dass nun ein Großteil der Kritiker eine Pogromstimmung in Deutschland wirklich sehen und deswegen die Wortwahl richtig und wichtig war. Dann frage ich mich allerdings, wer diese Stimmung denn nun anheizt, allerorten liest man eigentlich ja Verständnis für den Ausrutscher.
Und wie im Nachsatz bereits völlig gesagt: Der ZdJ vertritt erstmal politisch sich selbst, nicht Israel und nicht jeden jüdischen Glaubens weltweit. "Die Juden" ist genau so ein Klischee der Presse und Öffentlichkeit wie es immer war. Er mag Anwalt bestimmter Interessen sein, er ist aber weder moralisch, noch in der Deutung des Weltgeschehens als unmöglich zu kritisieren und widersprechbar darzustellen. dafür wird ohnehin genug Kritik an ihm geübt, nur irgendwie muss da immer noch der Nachsatz hin, dass man sich dabei auch moralisch ganz schlecht fühle, aber das sei ja auch die Schuld der Juden, die es nicht lassen können.
Wie man anderseits aber auch nicht nachvollziehen kann, dass solange es Überlebende des Holocaust und deren direkten Nachfahren gibt, die Wunden keineswegs geheilt sein können und die Geschichte nicht abgeschlossen ist, werde ich auch nicht verstehen. Und diese kollektiver Erinnerung ist kein Pfand des ZdJ, sondern eine Tatsache mit der jeder von uns leben kann und muss, ohne seine politischen Ansichten deswegen selbst zu verstümmeln.