ThomasK_7
Vice Admiral
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Das bringt uns zur Frage, ob Paypal-Guthaben/Überweisungen Geld im Sinne von § 935 (2) sind?BGB schrieb:§ 929 Einigung und Übergabe
Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.
§ 930 Besitzkonstitut
Ist der Eigentümer im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt
§ 935 Kein gutgläubiger Erwerb von abhanden gekommenen Sachen
(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.
(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.
Geld soll nach herrschender Meinung grundsätzlich alles das sein, was umlauffähiges, nicht einzeln identifizierbares Geld ist (Stichwort Geldvermengung).
Geld in diesem Sinne ist in- und ausländisches Bargeld sowie Giroguthaben.
Kein Geld in diesem Sinne sollen Legitimationspapiere sein: z. Bsp. Sparbücher, Schecks.
Kein Geld sollen laut BGH Sammlermünzen trotz Ihrer Zulassung als offizielles Zahlungsmittel sein.
Paypal-Guthaben/interne Überweisungen werden rechtlich zum Cybergeld/elektronischen Geld gezählt, was rechtlich wohl bislang kein Girogeld ist (??). Spätestens mit der Überweisung auf sein Girokonto durch PayPal wurde es aber zu Girogeld.
Ich habe noch kein höheres Urteil gefunden, welches eine eindeutige Zuordnung von elektronischem Geld zu Geld im Sinne von § 935 (2) bekräftigt oder verneint! Dies ist übrigens auch wichtig für die Beurteilung, welcher Straftatbestand hier im Fall vorliegt.
Erste Urteile gibt es zu elektronischen Geldkarten, insbesondere den vorausbezahlten (=aufgeladenen) Geldkarten, welche man üblicherweise zum Einkaufen benutzt. Hier wir der Geldempfänger zum Beispiel nicht verpflichtet zu prüfen, ob Identität des Käufers mit dem Karteninhaber vorliegt.
Anscheinend gibt es aber noch kein Urteil konkret zu Paypal.
Bei Paypal ist schon zu unterscheiden, ob es um Paypal-Guthaben oder um Paypal-Überweisungen geht und ob verifiziert oder nicht verifiziertes Paypal-Konto!
Letztere können mit Überweisungen, Lastschriften und Kreditkartenzahlungen kombiniert werden.
Zahlungen aus Paypal-Guthaben (=eine Art aufgeladene Geldkarte?) sind so unter Umständen vielleicht anders zu bewerten wie Zahlungen als Paypal-Überweisungen mittels Lastschrift und Kreditkarte. Denn Aufladungen des eigenen Paypal-Kontos mit diesen 2 Zahlungsarten ist nicht erlaubt ! (Wer ist sich dieses Umstandes schon bewusst?)
Ein weiterer Gesichtspunkt ist die von Droitteur bemängelte Identitätsfeststellung Seitens des Verkäufers gegen den Erwerber (=immer gleich zu setzen mit "dem vermeintlichen Erwerber " o.ä.).
Da geht es um ein Grundsatzproblem des Onlinehandels.
Im Gegensatz zum klassischen Ladengeschäft, in welchem z. Bsp. ein sich als Verkäufer Ausgebender wirksam Waren gegenüber Dritten auch gegen den Willen des Geschäftsinhabers veräußern darf (=gutgläubiger Erwerb), hat der Onlineverkäufer regelmäßig keine weitergehenden Identitätsmöglichkeiten betreffs des Käufers, genauso wie der Käufer nur eingeschränkte Prüfungsmöglichkeiten des Verkäufers hat (z. Bsp. Sicherheitszertifikate).
Der Verkäufer muss sich auf die freiwilligen Angaben des Käufers bei der Bestellung verlassen! Der Einkauf über geprüfte Email-Accounts wie de-Mail oder den neuen elektronischen Personalausweis, sind doch bislang die absoluten Ausnahmen.
Wenn der Verkäufer also gar keine belastbaren Prüfungsmöglichkeiten hat, so darf man ihm doch nicht vorwerfen, nicht geprüft zu haben. Was hätte ihm es gebracht, den Ausweis des Abholenden sich zeigen zu lassen? Der Abholende war doch gar nicht der Vertragspartner, sondern nur ein Erfüllungsgehilfe des Käufers.
Die Risikoverteilung im Onlinehandel soll nun sicherlich nicht einseitig verteilt werden.
Jeder der so ein unsicheres System benutzt, sollte gleichsam haften, der Ver- wie auch der Käufer.
Der Verkäufer musste durch die Erfüllung der Kaufpreiszahlung (Paypal-Geldeingang) davon ausgehen, dass er verpflichtet ist, die Ware vertragsgemäß auszuhändigen (Kaufvertrag->Bezahlung->Ware). Er konnte überhaupt gar keinen Betrug erkennen, selbst wenn ihm ein gefälschter oder gestohlener Personalausweis o.ä. als Bild zugemailt worden wäre. Gleiches gilt natürlich auch für den Käufer, dem z. Bsp. gestohlene Ware über einen Erfüllungsgehilfen hätte angedreht werden können.
Nun liegt im konkreten Fall meiner Meinung nach die Risikoverteilung eindeutig auf Käuferseite.
Der Käufer hat sich sein Paypal-Geld klauen lassen, nicht der Verkäufer!
Ohne diesen Diebstahl, hätte es keine Entreicherung des Verkäufers (=Warenabgabe) gegeben. Eine Kausalität!
Muss sich jetzt der Käufer die Schuld zurechnen lassen?
Dafür hatte ich die Urteile des LG/BGH und die Gesetzesparagrafen gepostet. Sie sollen zeigen, wie stark der Anscheinsbeweis zu Lasten des Zahlungsauftraggebers tendiert! Jeder Auftrag unter Angabe von korrekter PIN/TAN (bei PayPal wohl Mail/Passwort) ist grundsätzlich als authentifizierter Auftrag anzusehen, auch ohne AGB des Zahlungsdienstleisters.
Da darf man sich schon fragen, warum PayPal dann entschieden hat, dass eine unautorisierte Zahlungsanweisung vorgelegen haben soll. Und hier finde ich es legitim, von PayPal Aufklärung zu fordern und sehe auch eine Auskunftspflicht/Beweispflicht durch Paypal als gegeben!
Im übrigen finde ich es auch hilfreich, wenn der TE bei der Polizei Anzeige gegen seinen vermeintlichen Käufer unter Angabe der bisherigen Paypal-Auskünfte erstattet.
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