Cytrox schrieb:
Vielleicht überlegst du mal kurz wo z.B. Microsoft heute stehen würde, ohne "Kostenloskonsum".
Hier wollte ich mich mal kurz einklinken.
Es mag wohl so sein, dass Microsoft das meist-kopierte Betriebssystem in unserer Geschichte ist. Das mag auch dazu beigetragen haben, dass es heute (am PC zumindest) der unabdingbare Standard ist. Trotzdem sollte man nicht den Eindruck gewinnen, als hätte Microsoft darauf spekuliert oder diese Entwicklung gut gefunden. Wie jedes andere profitorientierte Unternehmen auch, waren und sind die Leute von Microsoft daran interessiert, jeden Raubkopierer in einen zahlenden Kunden zu wandeln. Der Unterschied zwischen MSFT und den hier im Beitrag oft diskutierten Großkonzernen für Musik, TV und Filme ist lediglich der dabei beschrittene Weg.
Als Micro-soft, so hieß die Firma in den 1970er Jahren, damals noch sehr jung war und höchstens eine Handvoll an Beschäftigten hatte, war Bill Gates auch sehr klar und deutlich. Vielleicht konnte er es sich damals noch erlauben, die Raubkopierer als Diebe und die Konkurrenz mit ähnlicher Software als Parasiten darstellen. Wer mehr darüber lesen will kann sich auch den
offenen Brief von Herrn Gates durchlesen.
Zum Thema: selbst mit günstigeren Preisen und den gewünschten hochqualitativen Alternativen zum kostenlosen Konsum (zB FLAC, bessere Streamingdienste, etc) würde man es nicht schaffen, die Akzeptanz der Raubkopie auf 0 zu senken. Dafür gibt es meiner Meinung nach zwei Gründe:
1.) Alle der großen Konzerne, sei es nun ein Filmstudio oder ein Musikverlag, haben das Internetzeitalter verschlafen. Erst durch diese Inaktivität ist die Raubkopie zu einem so großen Problem geworden. Klar gab es das auch schon früher - man denke an das Kopieren von Audio-Kassetten oder VHS - aber mit der Ankunft von Breitbandanschlüssen für den Großteil der Bevölkerung wurde das plötzlich viel einfacher. Nun haben die Großkonzerne aber nichts dagegen getan, sie haben für viele Jahre keine legale Alternative angeboten, weil ihre herkömmlichen Vertriebszweige ja noch bestens funktioniert haben. Dieser Mangel machte es möglich, dass eine ganze Generation mit Raubkopien herangewachsen ist und wegen dem Fehlen an legalen Alternativen nicht automatisch zu zahlenden Kunden wurde, sobald die Leute sich das leisten konnten. Von einem Jahrzehnt auf das andere wurde die Raubkopie plötzlich salonfähig.
2.) In wirtschaftlich angespannten Zeiten wird sich nicht jeder den Zugang zu Kulturgütern leisten können. Seitdem der Internetzugang aber zu einem Grundrecht wurde und dieser auch für (fast) alle Deutschen finanzierbar ist, gibt es auch für Leute mit sehr kleinen Budgets einen (wenn auch nicht legalen) Zugang zu diesen Gütern. An Stelle der Studios und Verläge würde mich das gar nicht so sehr stören, denn Geld kann man von dieser Bevölkerungsgruppe im Moment nicht erwarten - wenn man diese aber an den Konsum des eigenen Produktes gewöhnt hat, dann werden sie früher oder später, sobald sie sich es leisten können, dafür zu bezahlen beginnen.
Erschwerend kommt aber auch noch dazu, dass Musik, TV oder (Kino-)Filme heute kein Luxusgut mehr sind, so wie es früher noch der Fall war. Das Internet hat eben nicht nur der Verbreitung von Raubkopien sehr stark geholfen, sondern auch neue Werbe- und Vertriebswege geschaffen. Man ist nicht mehr angewiesen auf millionenschwere Werbebudgets und die ganze dahinter steckende Infrastruktur. Dadurch ist es endlich auch unabhängigen Künstlern möglich geworden, die Fans direkt zu erreichen, ohne dass dafür ein großer Konzern benötigt wird. Gleichzeitig graben diese neuen unabhängigen Künstler natürlich auch den großen Verlagen die (zahlenden) Kunden ab.
Mein Fazit: Raubkopien hat es schon immer gegeben und man wird sie auch im Internet nie ganz vertreiben können. Wäre ich im Vorstand eines der großen Filmstudios oder der großen Musikverlage, dann würde ich mir viel eher darüber sorgen machen, dass man über viele Jahre lang die heranwachsende Generation vor den Kopf gestoßen und schließlich verloren hat. Kaum jemand findet die großen Konzerne oder die verschiedenen Verwertungsgesellschaften noch sympathisch und wenn die aktuelle Strategie beibehalten wird, dann rächt sich das früher oder später!