Meinungen zu den Tarifverhandlungen im ÖD

Hagen_67 schrieb:
Ich mein, wir Pflegekräfte reißen uns echt den Allerwertesten auf um das System noch halbwegs am Laufen zu halten. Und zur Belohnung wollten uns die Arbeitgeber die Löhne sogar noch kürzen wollen. In Krankenhäusern um bis zu 6% und in Pflegeheimen um bis zu 5%.
Interessant, dass trotzdem gerade die Pflegesätze, die von den Pflegebedürftigen im Heim zu tragen sind, alleine bei den Personalkosten (nur Pflege) um 300€ pro Monat erhöht werden. Da frage ich mich schon, wo das Geld hingeht. Die Ankündigung kam schon vor einem Monat, also lange vor dem aktuellen Tarifabschluss.

Hagen_67 schrieb:
Und wir sollen weiter die Füße ruhig halten? Was glaubst Du wo wir in 10 Jahren stehen, wenn Pflege jetzt nicht aufsteht?
Aus Sicht der Angestellten sicher verständlich, wer das ganze aber ohne eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung noch zahlen soll, wird sich zeigen. Wer keine Angehörige hat, die er im eigenen Pflegefall noch versorgen muss, wird wohl kaum so bescheuert sein, eine Pflegezusatzversicherung abschließen oder schon nur Geld zurück zu legen, um sich ein paar Jahre Pflegeheim selber finanzieren zu können.

Das passt dann auch wieder zu Tariferhöhungen (zumindestr allgemein), bei denen einige Gewerkschaften gerne Sachleistungen als "Steigerung" verbuchen, und wenn es nur eine vom AG gezahlte Pflegezusatzversicherung ist, die man ab der eigenen Rente zu horrenden Kosten selber weiter führen müsste.

Incanus schrieb:
Sagte ich ja schon, Streiks nur da, wo es keine Unbeteiligten trifft.
Dann kann man sie auch gleich bleiben lassen. Unbeteiligte sind immer betroffen, egal ob direkt durch den Ausfall eines "Service" oder durch Verzögerung in den Lieferketten, weil irgendeine Produktion lahmgelegt wird.
 
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@Incanus
Unzufrieden sind einige Verdi Mitglieder und manche Beschäftigte im öD mit diesem Abschluss, weil sie sich auch dieses Jahr eine tabellenwirksame Erhöhung gewünscht haben. Schließlich waren 2021 und 2022 bereits Jahre mit Reallohnverlust.
Die Forderung war ursprünglich 10,5%/mindestens 500€ auf 12 Monate. Manche haben da offenbar auch die Erwartungshaltung gehabt, dass man das mit einem unbefristeten Streik erzwingen könnte.

In der folgenden Tarifrunde ist es aber durchaus möglich, dass es wieder eine relativ hohe Forderung geben wird.

Die Gewerkschaften haben den Abschluss nach Schlichtungsempfehlung als akzeptablen Kompromiss angenommen.
Ohne die hohe Streikbereitschaft wäre aber wahrscheinlich weniger dabei raus gekommen.

Wie gesagt, ohne Streiks verkommen solche Tarifverhandlungen zu kollektivem Betteln. Und streiken ist Grundrecht. Wenn die Arbeitgeberseite auch einfach mal verhandelbare Angebote abgeben würde, wäre das auch nicht nötig.
Aber auch in der gerade abgeschlossen Runde war es doch wieder so, dass die Arbeitgeberseite vor der letzten Runde bzw. selbst in der letzten Runde keine annehmbare Grundlage für eine Einigung geliefert hat.
 
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schade, dass ein rentnerstreik nichts nützt.
das sind die grössten verlierer mit den lächerlichen 4,xx prozent.
 
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Thane schrieb:
Die Forderung war ursprünglich 10,5%/mindestens 500€ auf 12 Monate.
Thane schrieb:
Wenn die Arbeitgeberseite auch einfach mal verhandelbare Angebote abgeben würde, wäre das auch nicht nötig.
Wenn die Gewerkschaften verhandelbare Forderungen stellen würden, wären Streiks auch nicht nötig. Zweistellige Zuwächse in der derzeitigen Situation zu fordern ist doch utopisch.
 
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??? Wieso utopisch? Angeblich haben wir das doch bekommen?
Und wie war das mit der Marktwirtschaft nochmal? Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis? Ich als Arbeitnehmer biete meine Arbeitsleistung für das Produkt Gesundheit an. Und da es von mir viel zu wenige gibt müssen die Arbeitgeber höhere Preise für das Angebot bezahlen um am Ende das Produkt Gesundheit an die Patienten verkaufen zu können. Denn schließlich ist es ja auch nur gut und richtig gewesen den Gesundheitssektor zu privatisieren.
Und es wird noch schöner werden in Zukunft. Denn es ist spürbar, dass immer weniger Kollgen bereit sind an ihren freien Tasgen ans Telefon zu gehen und einzuspringen. Das bedeutet, die Situation wird immer problematischer. Eben weil Pflege zunehmend weniger bereit ist alles für "lau" zu leisten.
Und wie gesagt. Mein Interesse gilte der Pflege. Und ich kann mich leider nur im Rahmen des TVÖD vertreten (lassen), da uns Pflegekräften andere Kanäle, wie eine Pflegekammer, die auch Tarife für uns aushandeln dürfte, versperrt werden.
 
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Thane schrieb:
Wenn die Arbeitgeberseite auch einfach mal verhandelbare Angebote abgeben würde, wäre das auch nicht nötig.
Dazu habe ich mich schon paar mal mit der Arbeitgeberseite bei uns und dem Betriebsrat unterhalten. Alle sind sich da relativ einig: Egal was die Arbeitgeberseite bieten würde, es muss dieses hin und her geben inkl. bisschen Streik. Ansonsten gäbe es immer noch mehr unzufriedene Stimmen, es hätte ja doch noch mehr werden können, hätte man doch nur besser verhandelt...
 
Hagen_67 schrieb:
Und da es von mir viel zu wenige gibt müssen die Arbeitgeber höhere Preise für das Angebot bezahlen um am Ende das Produkt Gesundheit an die Patienten verkaufen zu können.
Mit höheren Löhnen plus mehr Kollegen wird das Produkt Gesundheit für den Patienten wie bezahlbar? Wir müssen doch schon jetzt alles extra bezahlen.
Ja, ich kenne das Problem, dass im Gesundheitssektor Personalmangel und Frustration herrscht. Aber nicht in erster Linie wegen der Bezahlung, sondern weil qualifizierte Mitarbeiter fehlen und die vorhandenen nicht alle so pflichtbewusst und zuverlässig sind, wie man es gerne hätte.
 
gymfan schrieb:
Dann kann man sie auch gleich bleiben lassen. Unbeteiligte sind immer betroffen, egal ob direkt durch den Ausfall eines "Service" oder durch Verzögerung in den Lieferketten, weil irgendeine Produktion lahmgelegt wird.
Richtig, wenn nichts in der Wertschöpfungskette betroffen wird > keinerlei Druck und damit folgernd für den AG irrelevant. Das klingt natürlich erstmal schön und "gerechter" wenn man sagt, das ein Streik niemanden außerhalb der jeweils betroffenden Wertschöpfungskette in Mitleidenschaft ziehen soll, das ist aber in der Realität natürlich gar nicht umsetzbar.

Wie soll denn dann ein Busfahrer streiken ohne Kunden in Mitleidenschaft zu ziehen? Ein Schildchen auf die Brust kleben mit "Jetzt reichts!111einself" während er zu 100% der Arbeitsleistung nachkommt? ;) Das kratzt die Kommune oder das Land kein bisschen.

Generell empfand ich die Forderungen als nicht all zu überzogen, vorallem da hier primär auf die unteren Lohngruppen gezielt wurde, die Preissteigerungen in den letzten Jahren haben zu einem erheblichen Reallohnverlust geführt. Das mit der Lohn-Preisspirale ist hier auch nicht so einfach, ein Großteil der Inflation in den letzten 2 Jahren ist durch die Nachfrageinflation (Energie) entstanden und nicht primär durch die Geldmenge, auch wird die Geldmenge durch höhere Löhne nicht einfach erhöht und zudem ist eine sinkene Kaufkraft alles andere als ein sinnvoller Co-Faktor in der aktuellen Lage.
 
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100 Mrd Sondervermögen für die Bundeswehr sind in Ordnung. 500 Mrd. vor Jahren für die Rettung der Banken ist in Ordnung. Aber ein paar Mrd. für hart arbeitende Mitarbeiter aufzuwenden...nein das geht nicht. Da fehlt auf ein mal das Geld. Das Gesundheitssystems ist im Arsch. Bildungssektor, Kitas, alle unterbezahlt und unterbesetzt. Es fehlen Fachkräfte noch und nöcher. Aber Hauptsache die Löhne niedrig halten. Genau mein Humor. Die höchste Steuerabgabenlast nach Belgien...aber Straßen sind marode.

ich selbst arbeite bei den Stadtwerken, also auch im öffentlichen Dienst. Aber Versorgungswerke gehts noch gut. Da werden auch gute Löhne bezahlt im Gegensatz zu vielen anderen im ÖD.

Ich finde den Abschluss ok. Dieses Jahr gibts halt "nur" steuerfreie Inflationsprämie. Nächstes Jahr die Erhöhung ist dennoch sehr gut. Und das Geld nimmt man gerne mit.

Findes es aber auch sehr befremdlich, wenn sich andere darüber beschweren, dass gestreikt wird. Die Lebensrealität ist so, dass es ohne Druck nicht geht. Das ist und bleibt so. Und wenn diese Infrastruktur soooooo wichtig ist, dass sie nicht ausfallen darf, dann muss im Umkehrschluss die Bezahlung auch dementsprechend sein. Und das ist und war sie für viele nicht.
 
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Incanus schrieb:
Mit höheren Löhnen plus mehr Kollegen wird das Produkt Gesundheit für den Patienten wie bezahlbar? Wir müssen doch schon jetzt alles extra bezahlen.
Ja, ich kenne das Problem, dass im Gesundheitssektor Personalmangel und Frustration herrscht. Aber nicht in erster Linie wegen der Bezahlung, sondern weil qualifizierte Mitarbeiter fehlen und die vorhandenen nicht alle so pflichtbewusst und zuverlässig sind, wie man es gerne hätte.

Warum fehlen denn qualifizierte MA?
Weil gute MA sich möglicherweise was anderes suchen mit besseren Arbeitsbedingungen.
Weil sich ggf. leistungsfähige Menschen bei der Berufswahl für andere Bereiche entscheiden.

Zu Arbeitsbedingungen gehören ganz viele Dinge - ein wichtiger Faktor dabei ist aber auch die Vergütung.

Dass Geld fehlt, das Gesundheits- und andere Systeme schlecht organisiert sind, zu kostspielig sind oder oder oder...kann alles sein. Das ist aber nicht meine Baustelle als AN.
 
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Und was ist Deine Baustelle? Ich will mehr Geld, wer es bezahlt ist mir egal? Ich bin ja auch für faire Bezahlung und Arbeitsbedingungen, aber es muss auch für beide Seiten fair sein.

Heute kam in den Nachrichten, dass die EVG die Bahn unter Umständen für Wochen lahm legen möchte, weil die Forderungen +12% aber mindestens 650€ nicht erfüllt werden :o.
 
Incanus schrieb:
Und was ist Deine Baustelle? Ich will mehr Geld, wer es bezahlt ist mir egal?
Ich glaube kein AN sollte sich Gedanken machen, woher die Kohle kommen soll. Das ist nicht Aufgabe der AN. Am Ende wird so ein Abschluss nicht gemacht, wenn es sich irgendwer nicht leisten könnte. Von daher sei dir mal sicher, dass das finanziert werden kann.
 
Der AG trägt das unternehmerische Risiko.

Der Pförtner bei Biontech kriegt vermutlich ja auch keine 100.000,00 € extra, weil die durch Corona unerwartet hohe Gewinne erwirtschaften konnten. Ist ja auch völlig okay, weil das unternehmerische Risiko nicht beim AN liegt.
 
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Incanus schrieb:
Heute kam in den Nachrichten, dass die EVG die Bahn unter Umständen für Wochen lahm legen möchte, weil die Forderungen +12% aber mindestens 650€ nicht erfüllt werden :o.
Schon mal versucht auf einem Markt (Wochenmarkt, Flomarkt etc.) zu handeln? Wenn du da bei 400€ landen willst, wirst du nicht bei 400€ beginnen, sondern deutlich höher..
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es auch nur 1 Person dort gibt, die wirklich glaube, dass das Endergebnis so aussehen wird.

Ich sehe das so: Das Geld ist da für die Kollegen des ÖD... Wird nur aktuell an die falschen Stellen verteilt.

Und was das Streiken angeht: Es ist ein Recht und es muss weh tun. Ich würde nie auf die Idee kommen Kollegen vom ÖD oder anderen Bereichen dafür zu verurteilen, dass sie ihre eigenen Rechte nutzen. Ich werde bei den neuen Tarifverhandlungen selbstverständlich mit streiken bei uns, wenn es soweit kommen sollte.
Wer nicht streikt wird auch nichts ändern.. und schon gar nicht zum Besseren.
 
Incanus schrieb:
Wenn die Gewerkschaften verhandelbare Forderungen stellen würden, wären Streiks auch nicht nötig. Zweistellige Zuwächse in der derzeitigen Situation zu fordern ist doch utopisch.
Das war vollkommen angemessen nach und während mehrerer Jahre mit Reallohnverlust!
Manchen ging die Forderung auch nicht weit genug. Der Abschluss bedeutet über die Entgeltgruppen gemittelt 11,5% tabellenwirksame Steigerung. Es geht also.
Dennoch darf und wird man sich auch bei der folgenden Runde nicht mit 2% auf 24 Monate zufrieden geben.
Das Geld für die Abschlüsse bereitzustellen, ist Aufgabe der Arbeitgeber, nicht der Arbeitnehmer.
Herr Lindner erwartet für 2024 übrigens Steuereinnahmen von über einer Billion(!) Euro, statt bisher etwa 850 Milliarden Euro.
Ggf. muss über eine Umverteilung von Geldern von Bund zu Kommunen gesprochen werden. Aber auch das obliegt nicht den Arbeitnehmern.

@nospherato
Etwas Geplänkel gehört dazu, aber man hätte die Verhandlungen definitiv straffen können. Vielleicht sollte man für die nächste Tarifrunde nur eine oder zwei Verhandlungsrunden ansetzen, die dafür länger laufen.
Außerdem sollte dieser schlechte Stil der Arbeitgeber, am Anfang gar kein Angebot abzugeben, unterbunden werden.
 
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Es ist ja auch gut, dass es ein Streikrecht gibt, aber es ist keine Pflicht und muss daher nicht bei jeder Gelegenheit genutzt werden.
Tarifverhandlungen sind auch kein Wochenmarkt, wenn beide Seiten da mit realistischen Vorstelleingen statt reinem Theaterdonner hineingehen würden, wäre allen geholfen.
 
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Ich hatte bereits geschrieben, dass das sehr wohl so ist...Es ist ein Wochenmarkt und alle wollem am Ende ihr Gesicht nicht verlieren.
 
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Es ist Deine Meinung, dass es so ist. Ich sehe es halt anders, hier geht es nicht um fünf Pfund Kartoffeln.
 
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Incanus schrieb:
Tarifverhandlungen sind auch kein Wochenmarkt, wenn beide Seiten da mit realistischen Vorstelleingen statt reinem Theaterdonner hineingehen würden, wäre allen geholfen.
in einer perfekten Welt, kommen die Arbeitgeber selbst auf den Trichter, Löhne zu erhöhen. Arbeitsbedingungen zu verbessern, dass es allen gut geht und die Bürger bestens versorgt werden. Aber die Welt ist nicht perfekt. Sonst bräuchte es keine Betriebsräte oder Gewerkschaften. So traurig ist es leider.

Für jeden Euro mehr in der Tasche muss man kämpfen. Nichts wird einem geschenkt. Und wenn Krieg ausbricht, werden Männer gezwungen für ihr Land zu sterben. Wir Bürger und Angestellte und Arbeiter sind nur Nummern für die Arbeitgeber. So traurig es ist.
 
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Ich lese da eine große Frustration bei Dir, natürlich ist die Welt nicht ideal, aber auch nicht so schlecht, wie Du es darstellst. Kämpfen sollte immer nur das allerletzte Mittel sein, Verhandlungen und sich dabei aufeinander zubewegen das richtige Mittel.
 
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