Wiggum schrieb:
Du hängst dich natürlich wieder am Wort “Boykottiert“ auf...dazu ein lieblos hingeklatschter Link.
Wäre “bewusst verschleppt“ oder “absichtlich nicht vollstreckt“ besser ?
Nur weil dir - und das belegt der bisherige Threadverlauf eindrucksvoll - gewisse Unterschiede nicht geläufig sind oder Du sie schlichtweg ignorierst, heißt das noch lange nicht, dass wenn ich auf diese hinweise, ich mich an "etwas aufhänge". Es findet einfach kein Boykott statt! Somit werden Abschiebungen auch nicht "bewusst verschleppt" oder "absichtlich nicht vollstreckt", denn beides wäre gleichbedeutend mit einem Boykott.
Abschiebungen scheitern immer wieder an rechtlichen oder tatsächlichen Gründen. Aber selbst eine "Politik der harten Hand" in Sachen Abschiebungen, wie ihr sie fordert, würde an diesen Gründen scheitern.
Die Bundespolizei klagt angesichts der Zusatzaufgabe an der deutsch-österreichischen Grenze über insgesamt 3000 Fehlstellen (Angaben der GdP und DPolG); nur 630 Beamte sind bundesweit als sogenannte Rückführungsbegleiter entsprechend beschult. So lange sich hier personell nichts ändert, von der restlichen Logistik ganz zu schweigen, wird sich an der Gesamtanzahl der Abschiebungen auch nichts ändern. Dementsprechend lautet dann auch das diesbezügliche Fazit aus dem einen von mir in #380 verlinkten Artikel (wenn man ihn denn gelesen hätte):
Für die Bundespolizei sind Abschiebungen also vor allem ein logistisches Problem.
Kein Boykott, kein vermeintliches Gutmenschentum, schlichter Ressourcenmangel. Oder wie ist es zu erklären, dass der neue Chef des BAMF vorhat die Stellenanzahl in der Behörde nahezu zu verdoppeln?
Auch rechtlich sind Eilverfahren bzw. eine schnellere Bearbeitung alles andere als einfach umzusetzen. Störende Begleitumstände (sic!) wie die Rechtssprechung des
EGMR oder des
EuGH (und das sind nicht die einzigen Urteile) sowie unsere
eigenen Gesetze können populistischen Forderungen schnell den Wind aus den Segeln nehmen. Wenn man sich natürlich mit nicht mehr als den nackten Zahlen beschäftigt, sind solche Forderungen einfach formuliert. Schließlich sind Härtefälle nicht existent, Dublin III funktioniert so gut wie eh und je und Menschenrechte sowie Verhältnismäßigkeitsprüfungen sind sowieso Makulatur. Oder um es mit den Worten von
Viktor Orbán zu sagen: "Wenn Griechenland seine Außengrenzen nicht schützt, müssen wir es tun."
Wahrlich, dass tut er - unser aller Grenzschutzkapitän und Beschützer Europas. Sogar so gut, dass mehrere bundesdeutsche Verwaltungsgerichte Abschiebungen nach Ungarn untersagt haben. Exemplarisch dazu:
Insoweit entspricht die Rechtslage in Ungarn wieder dem Stand des Jahres 2012 (Zum damaligen Zeitpunkt ergab sich aus den Erkenntnissen, dass die Aufnahme-, die Lebens- und die Unterbringungsbedingungen aufgrund der hohen Zahl der Asylsuchenden größtenteils unzureichend war. Ebenso wurden regelmäßig Inhaftierungen von Asylbewerbern geschildert. Auch in der Anwendungspraxis zeigten sich Mängel. Unregelmäßigkeiten tauchten vermehrt bei Flüchtlingen auf, die im Rahmen der Dublin II-VO nach Ungarn zurücküberstellt wurden. Der UNHCR bewertete den Zugang zum ungarischen Asylverfahren für Dublin II Rückkehrer als problematisch; diese hätten nur eingeschränkt Zugang zu einem Asylverfahren, weil sie nicht automatisch als Antragsteller behandelt würden. Ihr Asylantrag würde nach der Rücküberstellung als Folgeantrag gewertet. In der Regel ergehe gegen sie bei ihrer Ankunft in Ungarn eine Abschiebungsanordnung, die die automatische Verhängung der Verwaltungshaft nach sich ziehe.).
[...]
Allerdings gibt es zum neuen Asylgesetz Ungarns eindeutige Aussagen des UNHCR. So hat die Sprecherin des UNHCR, Kitty McKiney, erklärt, dass der UNHCR ab dem 01.07.2015 eine Kampagne gegen Fremdenfeindlichkeit in Ungarn durchführe. Der UNHCR hat dabei auch die Verschärfung des Asylgesetzes kritisiert und dargelegt, dass „die Situation in Ungarn eine besondere sei. In den meisten Ländern seien es kleine Gruppen, die den Fremdenhass schürten. In Ungarn sei dies die Regierung."
(Zitate durch mich gekürzt; Quelle: http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=sl&nr=5072)
Und so einer Politik
applaudierst Du? Zumal Orbán bzw. Ungarn seit Längerem wegen vielfältiger Menschenrechtsverletzungen in der Kritik steht.
Würde dir anstatt meiner vermeintlichen
"Sommermärchen" ein Klima und eine mediale Berichterstattung wie in Ungarn besser gefallen?
Obwohl relativ wenige ausländische Staatsangehörige in Ungarn leben, zeigen Studien, dass Fremdenfeindlichkeit oft von den populären Medien geschürt wird. Die im Jahr 2011 vom Ungarischen Helsinki-Komitee durchgeführte Studie „Migranten in den Medien“ zeigt, dass negative Bilder in den Medien, die - in ihrer Berichterstattung über Migration, Migranten und Flüchtlinge - stereotype Vorurteile bedienen, der Fremdenfeindlichkeit in der ungarischen Gesellschaft Vorschub leisten. Begriffe wie „Kriminelle“, „Schmarotzer“, „Gefahr“ und Massenzustrom“ sind in der Berichterstattung häufig anzutreffen. Die ungarische Presse behandelt die Frage meist aus der Sicht der polizeilichen Überwachung von ausländischen Staatsangehörigen und stellt Migranten und Flüchtlinge als Kriminelle und als Bedrohung der nationalen Sicherheit dar.
(Quelle: http://www.unhcr.de/fileadmin/recht...l/2_2_1/FR_eu_asyl_dublin-HCR_HUN_Bericht.pdf)
Aber natürlich ist es
hier die Politik, der es in der Frage der Abschiebungen an Handlungswillen fehlt. Würde sie allen rechtlichen und tatsächlichen Hindernisse zum Trotz nur konsequent Abschieben - egal wen, egal wohin, egal warum -, das europäische Asylrecht weiter verschärfen und die Militarisierung des Grenzschutzes weiter vorantreiben, ja dann wäre die Lage unter Kontrolle; dann kann man sich auch den Kleinigkeiten zuwenden, wie z.B. der Humanität.
Dass an anderer Stelle politischer Handlungswillen schon vor Jahren gefragt gewesen wäre, muss bei einer solch kurzsichtigen Betrachtungsweise ja zwangsläufig unberücksichtigt bleiben (Ein bisschen Schwund ist immer, was?).
Als es um die Anschlussfinanzierung von Mare Nostrum ging ("Das wäre Beihilfe für das Schlepper-Unwesen." de Maiziére, 2015), dem sich abzeichnenden Versagen von Dublin III und der damit einhergehenden Überforderung der europäischen Grenzstaaten, haben sich Deutschland und alle europäischen Binnenstaaten vornehm zurück gehalten. Dass sie erst jetzt
"demütig werden" (Gabriel), verwundert kaum:
Unter der Hand hören wir auch, dass die Warnungen stets ungehört verhallten. Erst jetzt, wo die Auswirkungen der Misere in Europa ankommen, beginnen wir uns zu kümmern, so der Vorwurf.
(Quelle: zuvor verlinkter Artikel)
Die Situation hat sich angekündigt, erst leise, dann ziemlich laut. EU und Bundesregierung aber blieben taub.
Wer jetzt weiterhin eine "Politik der harten Hand" fordert, hat m.E. jeden Blick für die Realtität verloren. Trotz aller Lippenbekenntnisse tun sich auch unsere Bundesregierung und die EU schwer hier einen anderen Weg einzuschlagen. Die Beschlüsse dieser Woche lassen nur einen
zaghaften Schritt in die richtige Richtung erkennen. Mehr Geld für die Flüchtlingshilfe vor Ort, den sozialen Wohnungsbau und mehr Unterstützung für die Bundesländer hätte man schon vor Jahren veranlassen können, sogar müssen. Damals wie heute (siehe die Forderungen hier im Thread) stehen allerdings Abschottung und Abwehr hoch im Kurs. Ihr demagogisches Heilsversprechen von der schnelle Lösung erscheint angesichts der sich
scheinbar anbahnenden Katastrophe verführerisch. Dass damit weder kurz- noch langfristig den Kommunen und Städten (auch München!), deren Einwohnern, der Polizei, den Helfern, der EU sowie zu guter Letzt den Flüchtlingen selbst geholfen ist, wird einfach ausgeblendet. Denn hinter einem Grenzzaun bzw. in einer Festung sind einem die Probleme der Welt egal:
Bis dahin wird Europa mit der Massenzuwanderung leben müssen, ob wir es wollen oder nicht. Stacheldrahtzäune und Zugsperren lösen das Problem nicht, sie verlagern es nur nach außen.
(Quelle: zuvor verlinkter Artikel)
P.S.
UltraWurst schrieb:
Und das soll jetzt nen Argument sein?
So ein lieblos dahin geklatschter Link?
Nicht mal ein Hinweis, nach was ich da nun Ausschau halten soll?
UltraWurst schrieb:
Danke. Da reicht schon der Klappentext:
Wiggum schrieb:
Ab da brauch keiner mehr weiterzulesen.
Mittlerweile frage ich mich, warum ich überhaupt noch mit euch diskutiere. Spätestens jetzt ist für jeden zu erkennen, dass ihr an einer Diskussion nicht interessiert seid. Ihr fordert Akzeptanz für eure Position und Meinung, begegnet anderen Ansichten aber ausschließlich mit Geringschätzung, sodass ihr es nicht mal für nötig erachtet drei kleine Artikel zu lesen? Und wenn man doch mal "drüber ließt", kommt statt einer inhaltlichen Erwiderung nur sowas:
UltraWurst schrieb:
Wenn ich unbegründete Behauptungen hätte lesen wollen, hätte ich aber auch gleich hier im Forum bleiben können.
Danke, dieses "Argument" werde ich mir für Deine nächsten Videos oder Deine auf u.a. dem gesunden Menschenverstand und Plattitüden beruhenden "Erklärungen" merken. Allerdings ist fraglich, ob ich bei einer derart desaströsen Diskussionskultur überhaupt noch antworte.