Pana schrieb:
Es stimmt, der Verfall von Sprache und Kultur wird schon seit Menschengedenken proklamiert. Wir dürfen aber nicht übersehen, dass es in den letzten zehn Jahren einen tatsächlich einmaligen Bildungsabschwung in der jungen Generation gab. Technologie wird von jedem benutzt, aber - gerade von den jungen Menschen - nicht mehr verstanden. Der durchschnittliche Wortschatz ist massiv gesunken, vollständige Sätze können nicht mehr gebildet werden. Es fehlen massiv ausbildungsreife Menschen auf dem Arbeitsmarkt und die gemeine Verdummung sorgt für eine Verschlechterung der Lebensqualität für die Menschen, die "etwas auf dem Kasten haben" (Stichwort: Verflachung des kulturellen Angebotes).
Genau so sieht es aus.
Ich gebe Nachhilfe in Biologie in der Oberstufe (mit Abivorbereitung). Da scheitert es dann bei Schülern der Klasse 13 daran, dass sie in Texten "Fachbegriffe" wie dezimieren nicht verstehen. Von richtigen Fachbegriffen ganz zu schweigen.
Fachtexte selber schreiben? Oh ja, aber nur Hauptsätze, keine Nebensätze, keine Fähigkeit sich differenziert auszudrücken. Ich habe Schüler, die zwar die Zusammenhänge und Vorgänge verstehen, aber nicht in der Lage sind, das zu Papier zu bringen und deshalb schlechte Noten kassieren.
Ich erinnere mich auch noch gut an einen Schüler in meinem Sozialwissenschaften Kurs vor 2 Jahren. Komplementär, Misskredit, die Abkürzung "FAZ" - alles böhmische Dörfer für den Kerl. Und das ebenfalls in Klasse 13.
Es gab sogar einige Leute, die nicht in der Lage waren, einen Fachtext flüssig vor zu lesen - auf Deutsch wohlgemerkt, kein Englisch. In Englisch hatte ich Leute sitzen, die es nicht einmal geschafft haben, einfachste S-P-O Konstruktionen fehlerfrei zu schreiben.
Ich habe nichts dagegen, bei Facebook, ICQ oder sonstwo mal abzukürzen oder einen unvollständigen Satz zu schreiben. Aber man muss dennoch in der Lage sein, in der Schule oder im Beruf Fachtexte zu verstehen und selber auf einem vernünftigen Niveau zu verfassen. Dieses differenzierte Ausdrücken und schreiben komplexer Satzstrukturen ist vielen jedoch nicht mehr möglich. Woher das kommt kann ich nicht genau sagen, auf jeden Fall schadet es der Sprache.
Marcel55 schrieb:
Von daher gibt es da kein Problem, schließlich lernt man in der Schule auch noch richtiges Deutsch.
Genau das ist ja nicht der Fall. In den Grundschulen wird mittlerweile fast nur noch "Schreibt so wie ihr es hört" angewendet. An meiner Schule haben sich die Lehrer schon einige Jahre beschwert, dass die Kinder von der Grundschule kommen und nicht richtig Lesen und Schreiben können, kein vernünftiges Textverständnis haben etc.
Das hängt aber denke ich mit dieser "Schule muss immer Spaß machen" Philosophie zusammen - Schule ist nicht immer Spaß. Aber viele Schüler lernen heute nicht mehr wie man lernt. Wenn ich zurückdenke, wie viel ich für Sprachen immer lernen musste - Englisch relativ wenig, Deutsch etwas mehr, Französisch und Latein waren richtig heftig. Da hab ich 1,5-2 Wochen vor jeder Klausur 2-3 Stunden pro Tag geklotzt, aber nur so hab ich es gelernt. Für viele sind aber mittlerweile ja die Hausaufgaben schon eine Zumutung, zusätzlich Lernen "geht ja mal gar nicht" wie sie es ausdrücken würden.
Wenn ich sehe, was ich jetzt im Studium tun muss - dagegen war Schule eigentlich ein Kinderspiel.