Creeping.Death schrieb:
Witcher 3 ist für mich ganz klar die Open World Referenz.
Als "Open-World-Referenz" würde ich es jetzt nicht bezeichnen. Unter allen Open-World-Spielen spielt es weit oben mit, ganz klar, aber als Referenz würde ich immer noch Gothic 2 + DNdR bezeichnen. Warum?
1. In Gothic 2 ist die ganze Welt absolut handgemacht und sie ist überall wiederzuerkennen. Du könntest einen Screenshot von irgendeinem Flecken machen, ich könnte dir sagen, wo er sich befindet. 80 % der Spielwelt könnte ich aus dem Stehgreif wiedererkennen. Das bietet The Witcher 3 leider nicht. Hier ist die (wunderschöne) Welt sehr generisch und ich würde maximal 5 % der Welt auf Screenshots örtlich bestimmen können, obwohl ich ca. 350 Stunden in dem Spiel zugebracht habe.
2. In Gothic 2 reichen Wegbeschreibungen der NPC's aus, um das Ziel zu finden. Hier harmoniert die Welt perfekt mit den Quests und der Story. Überhaupt ist die Welt von Gothic 2 absolut durchdacht und ergibt im Kontext des gesamten Spiels immer Sinn. Bei TW3 ist alles sehr generisch, wenn auch wunderschön.
3. In Gothic 2 grast man keinen Ort einfach ab. Nach jedem Kapitelwechsel und im ganzen Verlauf des Spiels muss man an jeden wichtigen Ort mehrmals hingehen. Die Welt verändert sich nach den Storyabschnitten und reagiert auch auf die eigenen Taten. Die Welt fühlt sich richtig lebendig und somit stimmig und atmosphärisch an. Auch viele NPC's haben im Verlauf des Spiels immer wieder etwas neues zu sagen oder sogar neue Quests in petto. Auch die Quests sind immer kontextbezogen zur Hauptstory und gut in die Welt integriert. Auch hier zieht TW3 den Kürzeren. Hat man in einem Dorf die Quest(s) erledigt, spielt es keine Rolle mehr, weder für das Ende des Spiels noch für den weiteren Verlauf.
4. In Gothic 2 gibt es unzählige Geheimnisse und Verstecke und Schätze zu entdecken, alles wurde handgesetzt. Das Erkunden macht so verdammt viel Spaß, weil man immer entsprechend belohnt wird. Auch ist das Balancing ziemlich rund und motivierend. In TW 3 gibt es abseits des (langen) Weges eigentlich nichts relevantes oder wertvolles zu entdecken. Einzig die grünen Hexer-Set-Schemas sind es wert, gefunden zu werden, aber dafür braucht man zwingend die Kartenmarkierungen, denn ohne kann man die Schemas kaum finden.
5. Die Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit der Spielwelt, schon alleine in der Stadt Khorinis, war 2001 jedem anderen Spiel meilenweit voraus. TW3 hat nur das übliche Open-World-Schema F der heutigen Open-World-Spiele perfektioniert. Aber das ist auch keine hohe Kunst. Die Spielwelt von TW2 finde ich ansprechender, weil überschaubarer mit mehr Wiedererkennungswert und Bedeutsamkeit.
Die gesamte Open-World von Gothic 2 ist in allen Belangen heute noch unschlagbar, wenn auch technisch angestaubt. Als Neueinsteiger wird es schwer, sich da noch hineinzuversetzen, aber wenn man es damals bereits gespielt hat, dann weiß man es heute noch zu schätzen.