knorki schrieb:
Zensur wird als Reizwort benutzt, findet meiner Ansicht in DE aber nicht statt. Denn rechtswidrigen Inhalt zu entfernen oder unzugänglich zu machen, hat nichts mit Zensur zu tun und hat auch nichts mit Menschenrechtsverletzung.
Was ein rechtswidriger Inhalt ist, kann aber nur von einem Richter in einem ordentlichen, öffentlichen Gerichtsprozess entschieden werden, nicht von irgendwelchen BKA-Beamten im stillen Kämmerlein oder gar irgendwelchen angeblichen Rechteinhabern usw.
Ohne entsprechendes Gerichtsurteil gelöschte oder gesperrte Inhalte sind nichts anderes als Zensur. Punkt.
Wir sind uns sicher grundsätzlich einig, dass Meinungs- und Informationsfreiheit ihre Grenzen haben können, wenn damit andere Grundrechte verletzt werden. Steht ja auch so im Grundgesetz. Allerdings steht im Grundgesetz nunmal auch, dass Zensur nicht stattfinden darf. Ohne wenn und aber. Und das kann man auch nicht einfach umgehen, indem man das Kind nicht beim Namen nennt. Zensur ist und bleibt Zensur, egal was für angeblich gute Ziele man damit verfolgt. Es ist eine Methode, die sich mit einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat nicht vereinbaren lässt.
Die rechtsstaatliche Antwort auf Missbrauch von Meinungsfreiheit ist, den Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen (eben in einem ordentlichen Gerichtsprozess). So sorgt man dafür, dass dem Gesetz genüge getan wird.
Kann ja sein, dass ordentliche, rechtsstaatliche Strafverfolgung im Internet nicht immer so einfach oder manchmal auch praktisch unmöglich ist, z.B. wenn die Inhalte aus dem Ausland stammen (wo andere Gesetze gelten oder keine Kooperation der Sicherheitsbehörden besteht), aber das kann ja kein Freibrief dafür sein, mal eben den Rechtsstaat und verbriefte Grundrechte über Bord zu werfen und doch zu zensieren.
Nach der Logik dürfte man auch Foltern, wenn ein Verdächtiger nicht freiwillig aussagen will, was man von ihm hören will.
Im Zweifelsfall muss eine freiheitliche Gesellschaft mit mutmaßlich illegalen Inhalten leben können. Meinungs- und Informationsfreiheit sind keine Grundrechte zweiter Klasse, die man mal eben hinten an stellen kann. Sie sind Grundvoraussetzung für eine funktionierende Demokratie und letztlich auch für ein menschenwürdiges Leben.