Als jemand der nahezu jedes GTA und auch diverse Titel der Genre-Konkurrenz angespielt hat wird schnell klar, weshalb einigen das gewählte Fazit zu GTA passt und anderen hingegen nicht.
Zynisch könnte man fragen: Wieviel GTA muss man spielen, um genug GTA gesehen zu haben?
Zugegeben ich hab nur einige Minuten mit GTA V bisher verbracht, weil mein Interesse am Genre insgesamt nicht besonders groß ist und ich mich vom Hype nicht hab anstecken lassen, aber was ich lese, höre, gesehen und selber vom Spiel gespielt hab ist es nach wie vor GTA. Eben genau dies ist größter Kritikpunkt und Qualitätssiegel zugleich.
Der Detailreichtum der Welt ist fantastisch, die schiere Dichte an Content und Qualität in der ersten Minuten kaum zu fassen. Ein kleiner Mikrokosmos zum spielen, randalieren, rasen und anderen Schabernak. Die Arbeit von Rockstar North gebührt Respekt, keine Frage. Doch die Spielinhalte gestalten sich in einem Großteil dieser Spiele identisch.
Ob man nun auf einem Pferd in der mexikanischen Prärie mit Revolverhelden unterwegs ist, auf einem Roller durch die Straßen Hong Kongs schlafende Hunde weckt, stille Wasser mit Heiligen und riesigen Dildos brodeln lässt oder für schwule Tonys im Big Apple die Tanzflächen aufmischt: Man fährt/läuft/reitet/radelt/chauffiert sich/schwimmt/basejumped/cribwalked zu Punkt A kriegt eine Mission die zu erledigen ist an Punkt B und erledigt diese. Rinse and Repeat.
Aufgaben und Ziele haben letztlich alle Spiele, diesen Vorgang zu kritisieren wäre daher reichlich heuchlerisch. Jedoch darf und sollte sich jeder Fragen: Was ist mir am wichtigsten in Spielen?
Ist es Story? Die sind in allen GTAs mit Cutscenes und stimmiger Vertonung ausgezeichnet inszeniert.
Hyperbele Vergleiche mit Dickens (Time/Adam Sessler Rev3) oder Welles' Citizen Kane (IGN) lassen eben diese vermutlich im Grabe rotieren. Vielleicht sollte man zukünftig tatsächlich Orson Welles Meisterwerk oder A Tale of Two Cities zu gemüte führen vor solchen Aussagen. Mit BioShock:Infinite und The Last of Us kriegt man vermutlich anspruchsvollere Kost, wobei die psychologische Tiefe von Charakterentwicklungen selbst in Werken die keinen besonderen hohen literatischen Wert wie z.B. Comicverfilmungen á la Nolans Batman-Reihe in weniger Zeit besser erreicht werden. Von Serien(anti-)helden á la Walter White oder Tony Soprano mit erheblich mehr Laufzeit wollen wir erst gar nicht reden. Die Spieleindustrie ist noch nicht so weit und ob sie so weit kommen muss ist eine Debatte für ein anderes Thema.
Ist es das Gameplay? Nun ja, das Gameplay unterscheidet sich zwischen allen Spieletiteln im Open World Bereich wie oben aufgezählt nicht besonders, das tut es bei Shootern jedoch auch nicht. Jedoch trennt sich die Spreu vom Weizen in genau diesem Punkt; dem Gameplay. Tut es das auch bei Open World Games? Bedingt wie ich persönlich finde. Selbstverständlich muss das Fahrgefühl mit Fahrzeugen und die Steuerung bei Schießereien flüssig von der Hand gehen (bei GTA V gehen vor allem letztere dank dem Auto-Aim fast schon zu einfach von der Hand). Doch das Gameplay isoliert für sich betrachtet bietet nicht die Tiefe eines StarCrafts, Street Fighter oder Bayonetta/DMC, die in einem grafisch unattraktiven "Trainingsraum" aufs Grundgerüst reduziert nach wie vor begeistern können. Stattdessen wird eher mit Vielfalt und der Interaktion in der Welt gepunktet.
Damit wird konsequent schnell klar wer der Star in diesen Spielen tatsächlich ist : Es ist die Stadt, die lebendige weitläufige Welt und die Simulation drumherum, welche die Immersion in einer "echten" Umgebung zu sein verkaufen soll. Das ist auch der Grund warum GTA einen so riesigen Reiz für Gelegenheitsspieler hat. Es zeigt in jeder weiteren Iteration dem Laien wie weit der Stand der Spiele vom simplen Pong-Spiel inzwischen gekommen ist.
Auch wenn unzählige Titel grafisch viel fortgeschrittener sind, ist es der schiere Umfang, die Manpower und Ressourcen die Rockstar in jedem neuen GTA mit Nummer verschlingt und diese wie ein Monument über Werke andere Studios in verschiedener Art und Weise ragen lässt, die so begeistert.
Die Walter Whites fehlen dem Titel noch, aber es liefert und uns die Omars, Bunks und McNultys, die ähnlich wie in The Wire die zweite Geige Spielen und den Spotlight einem anderen Star überlassen.