@Rasemann
Die Mindestlohn-Diskussion kannst Du in dem dafür vorgesehen Thread führen.
Wir können an dieser Stelle aber gerne darüber reden, welche Faktoren einen Einfluss auf die Höhe des Gehaltes haben, sofern das hier gesittet über die Bühne geht. Falls nicht, muss ich die Moderatoren bitten, unsachliche Beiträge zu entfernen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsentgelt
Zunächst gilt erneut festzuhalten, dass Arbeitsverträge der Vertragsfreiheit unterliegen und dass es eine Tarifautonomie gibt. Der Staat hat zunächst einmal nichts zu melden, wenn es um Arbeitsverträge geht.
Da sitzen sich nun ein Arbeitgeber und ein Bewerber gegenüber und überlegen, welche Punkte sie in den Arbeitsvertrag schreiben sollen:
- Beginn des Vertrages
- Laufzeit (befristet oder unbefristet)
- Probezeit
- Beschreibung des Aufgabengebiets
- Auflistung der Tätigkeiten
- Einordnung der Stelle (Untergebene, Vorgesetzte)
- Entscheidungsbefugnisse, Kompetenzen
- Pausenzeiten, Urlaub
- Vergütung
- Sondervergütung (Prämien, Gewinnbeteiligung)
- Vermögenswirksame Leistungen, Altersvorsorge
- usw.
Über alle diese Punkte müssen sich die Vertragsparteien einig werden, bevor sie den Vertrag unterschreiben. Einer dieser Punkte ist das Gehalt.
Woran wird sich der Unternehmer orientieren? Er überlegt – je nach Branche –, ob er die Wahl hat zwischen Maschinen- und Personaleinsatz. Wenn die automatisierte Produktion ihm günstig erscheint, z. B. wegen der längeren Laufzeiten der Maschinen, dann wird er dieser Option möglicherweise den Vorzug geben. Wenn die Arbeitskräfte aber in ausreichender Zahl verfügbar und gut qualifiziert sind, gibt er eher ihnen den Vorzug.
Wenn der Arbeitsmarkt reibungslos funktioniert, dann sinkt der Preis für Arbeit, wenn die Anzahl derjenigen zunimmt, die Arbeitskraft anbieten. Das ist der Regelfall, wenn Arbeitslosigkeit herrscht. Dann nämlich bewerben sich mehrere Leute um eine Stelle und der Arbeitgeber ist in der günstigen Position, sich jemanden aussuchen zu können.
Es gab auch schon Zeiten in Deutschland, da war die Lage genau anders herum. Damals wurden sogar Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben. Und je nach Branche und Qualifikation gibt es den Run auf gute Bewerber heute noch.
Wenn man dem (Arbeits-)Markt die Preisbildung überlässt, dann ist es nicht verwunderlich, wenn sich derjenige Bewerber durchsetzt, der zu vergleichsweise günstigen Konditionen zu arbeiten bereit ist. Konkurrenz belegt das Geschäft.
Wer da nicht mithalten kann oder will, fliegt aus dem Markt bzw. geht leer aus. Für einen Unternehmer würde das bedeuten, dass er sich einen anderen Markt aussuchen muss, um weiterhin im Geschäft zu bleiben.
Für einen Arbeitnehmer mit vergleichsweise hohen Lohnforderungen bedeutet es, dass er auf dem lokalen Arbeitsmarkt unterboten wurde. Auch er müsste sich jetzt konsequenterweise umorientieren. Aber das ist nicht so einfach, weil man seine Qualifikation (falls vorhanden) in vielen Jahren erworben hat und weil man vielleicht nicht so mobil ist, wie es der Markt erfordern würde. Dann herrscht eben ein Überangebot an Arbeitskräften.
Hinzu kommen ganz neue Bewerber, die sich um die begehrte Arbeit bemühen, z. B. Menschen, die aus dem Ausland eingereist sind, um hier zu arbeiten. Ihre Ansprüche sind vielleicht deutlich geringer als die der heimischen Arbeitnehmer. Das macht ihre Arbeitskraft attraktiv, solange andere Probleme (z. B. die Sprache) keine übermäßigen Schwierigkeiten bereiten. Außerdem locken Standorte im Ausland mit günstigen Löhnen, was einen zusätzlichen Lohndruck auf den heimischen Markt ausübt.
Will man das verteufeln? Wir Deutsche machen es doch in anderen Bereichen genauso, indem wir unsere Waren ins Ausland exportieren und dort die heimische Industrie attackieren. Nichts anderes passiert derzeit mit umgekehrten Vorzeichen auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
Wenn man sich den Marktgesetzen fügen will, dann muss man die Veränderungen der Gehaltsstruktur als Ergebnis des Preisbildungsprozesses hinnehmen. Falls nicht, kann man sich Gedanken machen, was einem nicht gefällt und was man zu ändern gedenkt.
Sollen die Arbeitgeber per Gesetz einen höheren Lohn zahlen, der nicht den Marktpreisen entspricht? Sie werden mit allen Mitteln versuchen, sich dagegen zu wehren. Soll der Staat einspringen, um geringe Löhne aufzustocken? Das passiert bereits. Soll der Staat den Arbeitslosen so viel Geld geben, dass es für sie weniger attraktiv wird, noch arbeiten zu gehen? Diese Situation hatten wir teilweise vor der Einführung von Hartz IV.
Man kann also über viele Dinge nachdenken, von mir aus auch darüber, ob 8-12 Euro Stundenlohn für einen ungelernten oder angelernten Arbeiter zu viel oder zu wenig sind. Dazu merke ich nur an, dass der gesetzlich geforderte Mindestlohn in Höhe von 7,50 Euro an dieser Stelle überhaupt nichts ändern würde. Aber das ist ein anderes Thema , das bereits an anderer Stelle diskutiert wird.
In diesem Thread geht es in erster Linie um die Darlegung von Wirkungszusammenhängen. Man kann also jetzt noch überlegen, warum ältere Arbeitnehmer oft noch automatische Lohnerhöhungen aufgrund der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit bekommen. Ist das leistungsgerecht? Oder ist es dann kein Wunder, dass Unternehmen versuchen, ihre teuren Angestellten mit aller Gewalt in den Vorruhestand zu drängen?
Oder welche Auswirkungen haben Tarifverträge, mit denen Löhne und Gehälter faktisch nach unten nicht mehr flexibel sind, sondern nur noch nach oben? Wenn ein Unternehmen kaum noch Geld verdient oder wenn ein günstiger Standort im Ausland lockt, wäre es dann nicht vielleicht sinnvoll, als Arbeitnehmer freiwillig auf einen Teil des Gehaltes zu verzichten? Etwa für die Zeit, bis es dem Unternehmen wieder besser geht? Solche Maßnahmen gab es schon in der Vergangenheit. Aber es dauerte ewig, bis sich das durchgesetzt hat.
Und wenn jemand meint, mit einer Zeitarbeitsfirma ließe sich problemlos viel Geld verdienen, dann schlage ich demjenigen vor, doch einfach mal so einen Laden zu eröffnen statt zu meckern. Die Möglichkeiten dafür sind vorhanden. Man braucht für den Anfang nur einen Schreibtisch, einen PC und einen Telefonanschluss.
Durchschnittseinkommen in Deutschland nach Berufen (2006):
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Durchschnittseinkommen_in_Deutschland_nach_Berufen_2006
Ich schaue mir diese Liste an und auch die mickrigen Einkommen der Friseure. Dann werfe ich einen Blick auf die beliebtesten Ausbildungsberufe des Jahres 2006. Auf Platz 7: Genau - Friseur!
http://www.ausbildungplus.de/azubis/info_zq/abb/110.html
Alternativ kann man sich diese Liste aus dem Jahr 2003 anschauen. Da liegt das Friseurhandwerk bei den Frauen auf Platz 5:
http://www.bpb.de/wissen/9XQQ5R,0,Die_zehn_beliebtesten_Ausbildungsberufe.html
Noch Fragen? Wenn man die Chancen der freien Berufswahl nicht sinnvoll nutzt und sich selbst in die Nesseln setzt, indem man sich einen der am schlechtesten bezahlten Jobs aussucht, sollte man sich anschließend nicht beklagen.
Ach ja, dann kommen selbstverständlich noch die "Nachdenkseiten" ins Spiel: "Die Lohnkosten steigen in Deutschland langsamer als in jedem anderen europäischen Land. Für Professor Sinn ist das immer noch zu viel."
http://www.nachdenkseiten.de/?p=1475
Gut gebrüllt, Löwe. Aber dann schauen wir auch gleich einmal auf die Kaufkraft-Verteilung in Europa, wo Deutschland im Jahr 2006 mit 18.500 Euro pro Kopf auf 161 Prozent des europäischen Durchschnittswertes kam (Vergleich der Kaufkraft-Paritäten).
http://de.wikipedia.org/wiki/Kaufkraftparität
http://www.mb-research.de/_mbr/presse/MBR-Presse-2006-Aug-30.pdf
Ganz besonders interessant ist ein Vergleich der Zahlen zwischen West- und Osteuropa. Anschließend kann sich jeder in seinem stillen Kämmerlein überlegen, ob das nicht vielleicht doch Auswirkungen auf die Löhne in Frankfurt an der Oder hat.
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Wofür zahlen wir
Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge? Was bekommen wir dafür?
Der Bund darf laut Gesetz im kommenden Jahr [2008] 283,2 Milliarden Euro ausgeben, das sind 4,7 Prozent mehr als im laufenden Jahr. Der größte Etat steht dem Ministerium für Arbeit und Soziales zur Verfügung. Der Anteil am gesamten Bundeshaushalt für Arbeit und Soziales beträgt 43,8 Prozent [= 124 Mrd. €]
Entwicklung der Sozialausgaben 1991-2007:
http://www.sozialpolitik-aktuell.de/datensammlung/2/ab/abbII4.pdf
Aufteilung des Sozialbudgets 2006:
http://www.mittelstandsblog.de/wp-content/uploads/2007/06/sozialbudget.png
"Jeder Zehnte lebt vom Staat":
http://www.rp-online.de/public/article/politik/deutschland/611607/Jeder-Zehnte-lebt-vom-Staat.html
Sozialpolitik in der Marktwirtschaft:
http://www.uni-duisburg.de/Fak1/SAE/baecker/SS06/Kapitel IIneu21.pdf
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Oskar Lafontaine stellt die Verteilungsfrage:
http://www.capital.de/politik/100014491.html
http://www.schaeffler-gruppe.de/flash/start_de.jsp