SeppoE schrieb:
Das wäre das Beste was passieren könnte, wenn man die unnötigen Leuchtturmprojekte nun doch nicht finanzieren könnte. Dass ausgerechnet die FDP als selbsternannter Gralshüter der freien Wirtschaft so einen planwirtschaftlichen Unsinn angeleiert hat entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Die FDP handelt traditionell ständig gegen ihre vermeintlichen Überzeugungen, allen voran in Sachen Bürokratie. Das allgemein beliebte "Heizungsgesetz" wäre ohne sie etwa bürokratisch weniger aufwendig ausgefallen. Du hast also recht, eine gewisse Ironie ist da, diese wird aber durch den Umstand abgeschwächt, dass diese Widersprüche nicht ohne Tradition sind.
Davon aber mal abgesehen: Chipfabriken siedeln sich ohne hohe Subventionen in keinem Teil der Welt an. Die Frage, die sich im konkreten Fall stellt, ist also: Wollen wir Chipfabriken oder nicht? Wenn die Antwort "Ja" lautet, muss subventioniert werden. Das würde sich auch dann nicht ändern, wenn der Standort an sich sehr viel attraktiver wäre (wobei er nicht grundsätzlich unattraktiv ist, trotz hoher Lohnkosten und teurem Strom). Die Chipindustrie hat dahingehend derzeit eine Sonderstellung.
mscn schrieb:
Während der Wegfall von Fördergeldern möglicherweise Investoren etwas verschreckt, ist es schön zu sehen, dass unser Rechtsstaat funktioniert und Entscheidungen als solche angenommen und nicht als "Handlungsempfehlung" abgetan werden.
Das ist richtig und auch wichtig. Was man selbst in Recht und Gesetz gegossen hat, sollte man anschließend nicht nach Belieben umgehen können, selbst wenn es angenehm wäre.
Dr. MaRV schrieb:
Historisch und längst überfällig. Jede der beteiligten Parteien hätte es wissen müssen. Geahnt hatten sie es bereits, auch die Oppositionsparteien haben beim Start der Debatte sofort darauf hingewiesen, dass diese Umwidmung nicht der Verfassung entspricht.
Das ist richtig. Andererseits hat auch das eine gewisse Tradition, man denke an die unsägliche CSU-Autobahn-Maut. Jeder Laie hätte damals sagen können, dass der EuGH sie kassieren würde. Verabschiedet wurde sie dennoch. Inkompetenz Deluxe.
Dr. MaRV schrieb:
Ich sehe jedoch keines der Projekte gefährdet. Man zaubert einfach ein weiteres Sondervermögen (Schulden/Kredite mit anderer Bezeichnung) aus der Mantelinnentasche und fertig ist der Lack. Bezahlen dürfen dann die Bürger, entweder mit noch höheren Einsparungen in Infrastruktur, Forschung & Bildung, oder versteckten Steuererhöhungen, alles wie immer also.
Angesichts der massiven Investitionsstaus, die man selbst verschuldet hat und sehenden Auges hat auflaufen lassen, ist es in meinen Augen höchste Zeit, dass der Haushalt umgekrempelt wird und der deutsche Staat seine relativ zu anderen Staaten noch geringe Schuldenquote erhöht, um sich für die Zukunft auszurüsten. In meinen Augen würden dazu definitiv auch Steuerreformen, Kürzungen im Sozialbereich und Subventionsabbau gehören, aber die Ausgabenseite zu beschneiden, wird letztlich nicht ausreichen. Käme es so, wie du vermutest, wäre das demnach definitiv der falsche Weg. Investive Staatsausgaben müssen definitiv in größerem Umfang kommen und dürfen nicht zurückgefahren werden.
Olli1977 schrieb:
Ich bin kein Jurist, aber mal platt gefragt: Wer würde tot umfallen, wenn man die Gelder doch umlegen würde?
Sicherlich ist die Schuldenbremse nicht unwichtig, aber der Beschluss dieser liegt schon einige Zeit zurück. Die letzten, sagen wir, fünf Jahre haben doch gezeigt, welche fundamentalen Einflüsse die Welt auf den Kopf stellen können.
Überall kann man lesen, dass Deutschland den Anschluss droht zu verlieren, aber an den Stellschrauben wird null gedreht. Die paar Nebelkerzen von denen man hört wirken doch auch erst in ein Paar Jahren. Aber wir haben jetzt Probleme.
Erstmal niemand. Der Rechtsstaat zeichnet sich aber nun einmal dadurch aus, dass Gesetze eingehalten und Gerichtsurteile dazu befolgt werden. Fängt man an, das anders zu machen, ist der Weg zum Unrechtsstaat weniger weit als man denkt. Das wäre also eine sehr schlechte Idee.
Schlechte Gesetzgebung lässt sich allenfalls durch bessere Gesetzgebung beheben. Ich gebe dir allerdings recht, dass es damit zu langsam geht.
Olli1977 schrieb:
Irgendwann sitzen unsere Legislative, Judikative und Exekutive allein hier rum, der Rest ist weggezogen, verhungert oder bei ner neuen Tiktok Challenge draufgegangen. Aber zumindest hat man nach allen Gesetzen und Vorschriften gehandelt 🤔
Wie gesagt, passendes Recht muss
vorher gesetzt und dann entsprechend befolgt werden, darauf hat die Legislative ja schließlich entsprechenden Einfluss.
Olli1977 schrieb:
Ich habe echt das Gefühl, Berlin regiert nur sich selbst und hat mittlerweile den Bezug zur Realität und Änderungswillen verloren.
Die Berliner Politblase ist definitiv ein Bremsklotz, das ist keine Frage. Wie das zu beheben wäre, ist leider eine unbeantwortete Frage.
Olli1977 schrieb:
Wenn doch Geld da ist, ok, „Sondervermögen“ (was ja Schulden sind, die nicht unter die Schuldenbremse fallen). Warum nicht in die Wirtschaft und damit auch Arbeitsplätze investieren?
Und nochmal, es ist einfach eine Frage der Rechtssetzung. Die Exekutive, die das im vorliegenden Fall ja genauso gerne getan hätte, steht eben nicht allein - was auch gut ist.
Muntermacher schrieb:
Ich hoffe nur, das Geld wird nun korrekt an anderen Stellen gespart, zum Glück gibt es viele Möglichkeiten, wenn man sich trauen würde (was bislang keiner von denen (alle demokratische Parteien gemeint, keine linken oder rechten Extrema im Bundestag) sich traut).
Der Sozialhaushalt, der zusammengestrichen werden müsste, und Rentenreformen, die überfällig wären, sind in einer überwiegend alten Bevölkerung eben leider schwierig durchzusetzen, Subventionsabbau werden ebenso punktuell unpopulär sein. Militär und Bildung brauchen dagegen beide eher mehr Geld.
Es bräuchte eine Regierung, die nicht auf den eigenen Machterhalt aus ist, um entsprechende Einsparungen vorzunehmen, ohne Schulden in großem Umfang wird man außerdem auch dann nicht auskommen können, dafür sind die Investitionsstaus zu gravierend. Das geliehene Geld darf nur eben nicht "verkonsumiert" werden, etwa für die mittlerweile überaus massiven Steuerzuschüsse in die Rentenkasse, sondern muss sinnvoll investiert werden.
Eigentlich könnte sich die Ampel allmählich an große Umwälzungen heranwagen. Eine Wiederwahl ist für sie mittlerweile ohnehin sehr unwahrscheinlich.
chris221177 schrieb:
Aber was mich in all diesen Diskussionen mittlerweile total nervt, ist die Bezeichnung eines Sondervermögens.
Es handelt sich nicht um Vermögen. Es handelt sich um Schulden, die wir irgendwann teuer zurück bezahlen, weil wir nicht mehr in der Lage sind, vernünftig zu wirtschafen.
Bzgl. des Sondervermögens Bundeswehr hast du recht, aber nicht bezüglich jedes Sondervermögens - davon existieren nämlich noch weitere, weit weniger bekannte, einige davon schon seit vielen Jahren. Und so gibt es auch solche, die mittlerweile netto im Plus stehen, langfristig also Geld erwirtschaftet haben ^_^
PS828 schrieb:
Bisschen bizarr hier zu lesen dass Deutschland Angeblich nicht stabil genug sei. Unser System, und das wird vielen jetzt nicht passen, ist trotz seiner Tücken Politisch gesehen eins der stabilsten der welt. Vergleicht man das mit Ländern wo diese Firmen sonst produzieren ist Deutschland ein ruhiger Hinterhof.
So ist es. Jede anderslautende Behauptung ist auch Unsinn.
Shy Bell schrieb:
Würde man das als Privatperson machen, wäre der Kreditvertrag geplatzt und man würde bei Zahlungsunfähigkeit ganz schnell ins Gefängnis wandern. Aber Verantwortung übernehmen ist ja bei Politikern nicht in.
Interessante Ansicht
Eher realistisch ist aber natürlich eine Privatinsolvenz, die kein Gefängnis nach sich zieht. Kredite nicht mehr bedienen zu können bzw. sich mit Schulden übernommen zu haben, ist per se kein Verbrechen.
Davon abgesehen ist das aber natürlich sowieso kein sinnvoller Vergleich, weil ein Staat wie der deutsche kaum jemals zahlungsunfähig werden wird. Es hat schon seinen Grund, warum unser Kreditrating zu den besten der Welt gehört - diesbezüglich liegen wir selbst vor den USA und die kontrollieren im Wesentlichen das internationale Finanzsystem.
TheCrab schrieb:
Prinzipiell ein super Urteil, das zeigt, dass wir offensichtlich nicht in einer "Ökodiktatur" leben und die Gewaltenteilung funktioniert.
Die kompletten 60 Milliarden kann man auch lässig ohne Steuererhöhungen reinholen. Es werden 65 Milliarden pro Jahr für umweltschädliche Subventionen ausgegeben. Diese Subventionen kann man streichen, das würde auch den Kostenvorteil für nachhaltigeres Handeln vergrößern.
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/umweltschaedliche-subventionen-101.html
So ist es ... eine umfangreiche Haushaltsrestrukturierung ist aber leider aufwendiger, schwieriger und potenziell unpopulärer als weiteres Schuldenmachen. Nichtsdestoweniger ist es höchste Zeit, dass eine solche passiert.
Engelsen schrieb:
Uns fehlt hier auch einfach die Kostentransparenz seitens der Regierung.
- Gibt es eine genaue Aufstellung wofür die 60Mrd eigentlich verwendet werden sollten?
- Gehen die 60 Mrd. wieder in den "Corona"-Topf zurück?
- Wird das Geld im alten "Corona"-Topf überhaupt noch benötigt?
- Wenn es nicht mehr gebraucht wird, geht es dann zurück zur Bank ?
Ich habe eher "Angst" davor, dass man nun 60 Mrd. in einem Corona-Topf hat, die man ausgeben MUSS und am Ende wieder irgendeine abstruse Geschichte finanziert wird. Wenn man sich einige Beiträge bei Extra3 (Der reale Irrsinn) so ansieht, muss man manchmal echt die Zähne zusammenbeißen.
Es geht um Endeffekt nicht um "Barmittel", die da sind und irgendwie ausgegeben werden müssen. Es handelt sich um Kreditermächtigungen, also Geld, das man erst noch leihen würde.