Einst war sie mit traumhaften Sandstränden, Palmen und kristallklarem Meer das Paradies auf Erden, jetzt liegt die Insel in Trümmern. Überall torkeln Horden von primitiven Monstern durch die Hotelanlagen und versetzen die wenigen verbliebenen normalen Menschen in Angst und Schrecken. Nein, die Rede ist nicht von Ballermann 6 auf Mallorca, sondern von Banoi, der Spielwelt des Actionspiels Dead Island . Der Name ist im neuen Werk der Call of Juarez -Macher Techland Programm: Im Urlaubsidyll müssen wir uns nicht mit Alkohol-, sondern mit menschenfressenden Leichen herumschlagen. Zombies wanken durch die Botanik, überall Blut und abgetrennte Körperteile, panisch schreiende Urlauber – und mittendrin unsere bewusstlose Spielfigur.
Hieb und Stich-Fest
In Dead Island wählen wir zu Beginn – stellvertretend für die Charakterklasse – eine von vier unterschiedlichen Hauptpersonen, darunter die Rezeptionistin Xian Mei und der Rapper Sam B. Während sich Xian flink bewegt und talentiert mit Stichwaffen umgeht, ist Sam B. der Mann fürs Grobe.
Welchen Charakter wir wählen ist für die Kampagne letztlich egal, denn alle Protagonisten erleben die gleiche Geschichte. Die beginnt für unseren Haudrauf Sam am Strand. Hier klappt der Musiker nämlich beim Zombieangriff zusammen und wird bewusstlos vom Rettungsschwimmer Sinamoi in eine Bambushütte gezerrt.
Drinnen wachen wir als Sam umringt von panischen Urlaubern auf. Die wissen nicht, ob wir auch als Zombie aus der Bewusstlosigkeit zurückgekehrt sind, und drohen uns deshalb mit erhobenem Baseballschläger den Schädel einzuschlagen. Nachdem das Missverständnis aufgeklärt ist, sehen wir uns in der Hütte um – unser Retter Sinamoi fehlt. Der gute Samariter hat sich todesmutig nach draußen gestürzt, um weitere Überlebende vor den Zombies zu beschützen, und ist dabei von den Monstern eingekreist worden. Ehrensache: Wir müssen dem Bademeister helfen.
Pack den Bademeister ein!
Obwohl die anderen Flüchtlinge in der Hütte nicht dran denken, selbst einzugreifen, wollen sie uns auch nicht unbewaffnet vor die Türe lassen. Also schnappen wir uns ein Paddel als nächstbeste Waffe, um unseren Retter zu retten. Kaum haben wir einen Schritt vor die Tür gesetzt und für eine Sekunde den tollen Meerblick genossen, schlägt uns auch schon der erste Zombie nieder. Wir rappeln uns wieder auf und paddeln dem Angreifer eins. Dass der Treffer dem Untoten den Brustkorb geknackt hat und seine Innereien jetzt nach außen hängen, stört die wandelnde Leiche wenig. Dann eben so, wie wir's im Zombiefilm gelernt haben: Immer auf den Kopf zielen, damit die Angreifer dauerhaft liegenbleiben.
Dead Island spart sich nicht nur das berüchtigte Strandlokal, sondern ist auch sonst sparsam mit Ballermännern. Zwar erleben wir das auf der Chrome 5-Engine basierende Actionspiel aus der Ego-Perspektive, geschossen wird aber mangels Feuerwaffen und Munition nur in Ausnahmefällen. Stattdessen dürfen wir so gut wie jeden Gegenstand als Nahkampf- oder Wurfwaffe einsetzen. Also wandert neben dem Paddel auch eine Holzlatte, ein Hammer und eine Machete ins Inventar. Das ist auch zwingend nötig, denn wie in Dead Rising 2 gehen Waffen in Dead Island beim Gebrauch kaputt. Ersatzwaffen dürfen wir nur begrenzt hamstern, denn irgendwann ist das Inventar voll.
Gruppenreise
Nachdem wir auch den letzten Untoten zum Voll-Toten befördert haben, helfen wir dem angeschlagenen Sinamoi zurück in die Hütte. In der dann folgenden Zwischensequenz warten bereits die übrigen drei Spieler-Charaktere Logan, Xian Mei und Purna im Unterschlupf. Das hat auch seinen Grund: Dead Island bietet einen Koop-Modus für bis zu vier Spieler – Left 4 Dead lässt grüßen. Wenn wir mit dem Internet verbunden sind, können unserer Kampagne jederzeit drei Mitspieler beitreten. Dabei bleiben aber PC, Xbox 360 und PlayStation 3 unter sich, Cross-Plattform-Unterstützung ist nicht geplant.
Derweil bekommen das Heldenquartett und Sinamoi einen mysteriösen Funkspruch. Die Stimme am anderen Ende behauptet, mehr über die Zombie-Seuche und einen Fluchtweg zu wissen – beides Hauptziele der insgesamt auf rund 30 Stunden ausgelegten Kampagne. Bevor wir dem aber nachgehen können, gibt es zunächst dringendere Probleme zu lösen: Wir brauchen einen neuen Unterschlupf.
Zwar bot die Hütte am Stand anfangs Schutz gegen die Untoten, lange werden die mickrigen Bambuswände dem Zombie-Ansturm aber nicht standhalten. Sinamoi hat einen Plan: Die nahegelegene Rettungsschwimmer-Station bietet nicht nur mehr Platz, sondern ist durch die Hanglage und einen hohen Zaun auch einfacher zu verteidigen. Blöd: Das Eingangstor stand sperrangelweit offen, die Anlage ist überfüllt mit Zombies. Also müssen wir erst mal aufräumen.
Platzangst
Zwar weist uns ein roter Pfeil den kürzesten Weg zur Rettungsschwimmer-Station, wir können schon jetzt aber theoretisch ins Gebirge, den Dschungel, eine Stadt oder anderswohin gehen. Aufhalten tut uns dabei niemand: Weder gibt es unrealistische Levelbegrenzungen noch Ladebildschirme, die Daten werden im laufenden Spiel unauffällig im Hintergrund nachgeladen. Die Spielerführung handhabt Dead Island ähnlich wie Gothic : Zwar können wir überall hin, bekommen es mancherorts aber mit übermächtigen Monstern zu tun.
Genau wie die Zombies hat auch die Spielfigur in Dead Island ein Charakterlevel. Fürs Abschlachten von Untoten und Erfüllen von Aufgaben gibt es Erfahrungspunkte. Haben wir genügend Punkte gesammelt, steigen wir im Level auf und dürfen neue Fähigkeiten erlernen. So kann unser Held mit zunehmender Spielzeit länger sprinten, öfter zuschlagen, mehr Waffen tragen und je nach gewählter Klasse bestimmte Spezialangriffe ausführen. Wer also anfangs gegen bestimmte Zombies kein Land sieht, sollte umkehren und erst den Charakter verbessern.
Dead Island spart sich die große Zombie-Glaubensfrage zwischen langsam schlurfenden und schnell rennenden Monstern und packt einfach beide Untoten-Typen ins Spiel. Warum es unterschiedliche Arten gibt – eine Sorte buckliger Zombies zerplatzt sogar, wenn wir Gegenstände auf sie werfen –, soll der Spieler im Laufe der Kampagne herausfinden. Darin führen wir zwar zahlreiche Dialoge, können aber immer nur eine Antwort geben. Das spiegelt sich auch in der Handlung wieder. Die verläuft streng linear, immer wieder gibt es aber optionale Nebenquests.
Mehr Machete, weniger Schere
Ein typischer Bonusauftrag ist zum Beispiel folgender: Auf halber Strecke zwischen Hütte und Station hören wir panische Hilfeschreie. Ein Mann hat sich in einen im Sand feststeckenden Jeep gerettet und wird jetzt von Zombies belagert. Also schleudern wir dem ersten Menschenfresser die Machete in die Brust, vertrimmen zwei andere mit dem Hammer, ziehen unserem Wurfziel das geworfene Buschmesser wieder raus und schlagen ihm mit der Klinge den Schädel ab.
Wer es bisher noch nicht bemerkt haben sollte: Dead Island zieht in Sachen Gewaltdarstellung alle Register. Jedem Zombie können wir Gliedmaßen einzeln abtrennen, unterschiedlich tiefe Schnitt- und Quetschwunden zufügen oder ihn anzünden. Deep Silver plant deshalb nicht, Dead Island in Deutschland zu veröffentlichen, da eine USK-Freigabe unwahrscheinlich erscheint und man keine stark zensierte Version für den deutschen Markt anbieten will. Übrigens: Die Familie aus dem Render-Trailer taucht im fertigen Spiel nicht auf. Auch wenn Techland bei der Brutalität kein Halten kennt, wird es im fertigen Spiel keine Kinderzombies geben.
Als Dank für seine Rettung bittet uns der Jeepfahrer (später im Spiel dürfen wir auch selbst ans Steuer) in eine nahegelegene Hütte. Im Hinterzimmer des Surfbrett-Verleihs hat der Mann eine Werkstatt eingerichtet. Wir sollen uns mit Vorräten bedienen und dürfen auch an seine Werkbank. Denn hier können wir nicht nur beschädigte Waffen reparieren, sondern genau wie in Dead Rising 2 aus Einzelteilen Kombowaffen herstellen. Schade: Während Capcoms Actionspiel Experimentierfreude belohnt, müssen wir in Dead Island zwingend zuvor einen Bauplan gefunden haben. Also auch wenn wir wissen, dass Haarspray und Feuerzeug einen prima Flammenwerfer ergeben, bringt uns das ohne gefundene Bastelanleitung herzlich wenig.
Ferienhaus
Mit frischen Vorräten – Medikits und Energy-Drinks stellen unsere Lebensenergie wieder her – geht’s weiter zum auf unserem Notizblock vermerkten Hauptziel: der Rettungsschwimmer-Station. Mit repariertem Arsenal vertrimmen wir die Zombies im Hof der Anlage mit Leichtigkeit. Das ändert sich schlagartig, als wir die Vordertüre öffnen.
Mit voller Wucht schleudert uns ein zombifizierter Muskelprotz zu Boden – der erste Bossgegner. Techland mischt immer wieder im Spielverlauf diese stärkeren Varianten unter das sonstige Kanonenfutter. Während der untote Bodybuilder besonders hart zuschlägt und mehr Schaden einsteckt, sollen spätere Bosse noch gefährlicher sein. Im Stadtkern müssen sich die Überlebenden später einem riesigen Zwangsjacken-Zombie stellen.
Mit dem Boss erledigen wir auch unseren ersten Auftrag: Die Rettungsschwimmer-Station ist gesichert, und wir können über Funk die Menschen aus der Hütte nachrücken lassen. So erobern wir schrittweise Banoi und dürfen an den Stützpunken speichern, reparieren und Gegenstände lagern. Außerdem verteilen wir – das kennen Fans aus The Walking Dead – Aufträge an andere Überlebende. Nur wenn wir die Mitstreiter Wache stehen lassen und zum Leichen-Verbrennen abkommandieren, vermeiden wir andauernde Zombiebelagerungen. Allerdings kann man in der aktuellen Version des Spiels keinen eroberten Stützpunkt wieder an die hirntoten Massen verlieren, egal wie dilettantisch man sich als Befehlshaber anstellt. Dead Island ist halt nicht Mallorca.