Sozialrassismus in Deutschland

@andiac

ich denke auch, es gibt ein falsch für alle. Wir haben ein moralisch/ethisches Wertesystem über die Jahrhunderte entwickelt, dass schon einen Konsens hat. Das Grundgesetz ist der Grundstein.
Ich denke auch nicht, dass jeder seines Glückes Schmied ist, dazu gehört doch vieles. Nur weil es bei einem klappt, sollte man nie von sich auf andere schliessen, es gibt auch Leute, die müssen erst an die Hand genommen werden, um ihr Glück zu finden.
Wer finanzielle viel erreichen will, muss viel leisen, dass ist pauschal einfach falsch.
Da spielen viele Faktoren eine Rolle, geistige Voraussetzungen, Bildung, Glück, was weiss ich, der richtige Beruf. Nicht jeder kann viel verdienen.
 
Ist das nicht etwas vermessen, pauschal ein persönlich favorisiertes Wertesystem als gut und ein anderes als schlecht hinzustellen?
Vor allem, wenn man bedenkt, dass unendlich viele unterschiedliche Wertesysteme gibt.

Zum Thema Glück:
Man kann einem Menschen maximal den Weg zeigen (sofern er ihn aus Eigeninitiative nicht findet), gehen muss jeder diesen immer noch alleine.

Ausnahmen gibt es immer. Diese jetzt als Gegenargument zu bringen, ist nicht gerade förderlich.
Ein guter Handwerker muss nicht zwingend die geistigen Voraussetzungen mitbringen, die es für einen Wissenschaftler bedarf. Genauso braucht ein Wissenschaftler nicht das handwerkliche Geschick eines Handwerkers. Auch bedarf es nicht den gleichen Bildungsgrad. Glück im Sinne von glücklichen Zufällen (oder wie auch immer man das nennen will) braucht man immer im Leben. Man kann aber diesen Zufällen auf die Sprünge helfen.
Und wenn ich einzelne Voraussetzungen nicht mit bringe, dann muss ich eben herausfinden, in was ich gut bin. Ich war kein schlechter Fußballer, aber es gab immer einige, denen konnte ich nie das Wasser reichen. Egal was ich auch gemacht hätte, für einen Profi (geschweige denn für einen gutbezahlten) hätte es nie gereicht. Aber deswegen verkrieche ich mich nicht in mein Schneckenhaus und versinke in Selbstmitleid, weil die Welt so unfair ist...
Ich habe mir eben meinen Weg gesucht und gefunden.
Es gibt auch kaum einen Beruf, in dem es keine Möglichkeit gibt, viel (wobei das auch immer relativ ist) zu verdienen.
Dass man aber dafür im Vorfeld und auch währenddessen sehr viel arbeiten muss und viele Entbehrungen auch mich nehmen muss, ist den meisten nicht bewusst. Einfach so, passiert eben nichts.
Ein Bekannter z.B. besitzt eine eigene kleine "Computerfirma". Er verdient wirklich sehr gut und arbeitet nur noch halbtags. Dass er davor mehr als 10 Jahre 60 bis 80h die Woche gearbeitet hat, und sich kaum Urlaub gegönnt hat und auf eine Familie verzichtet hat, wissen die meisten nicht und wollen es auch nicht wissen...
 
@ Seppuku (#80)

Ich finde, du siehst die Dinge irgendwie viel zu sehr aus der Sicht eines Erwachsenen.
Denn überleg mal, in welchem Alter man eigentlich beginnt, sich seine ersten Vorbilder "auszusuchen"?
Das beginnt schon im frühesten Kindesalter und geht wie automatisch. Es sind zuallererst immer die Erwachsenen aus deinem Umfeld.
Erst mit zunehmendem Alter, so ab der Pubertät, beginnt man sich darüber Gedanken zu machen und beginnt auch, sich seine Vorbilder bewusster auszusuchen. Zu dem Zeitpunkt hat man allerdings schon eine gewisse Persönlichkeitsstruktur und ein Wertesystem verinnerlicht. Es bedeutet also ggf. viel Arbeit und Zeit, bis man wirklich so strukturiert ist, wie man es für richtig hält.
 
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Ja, ich habe mich jetzt auf Erwachsene bzw. in diesem Punkt "mündige" Menschen bezogen, weil der Kritikpunkt des "Sozialrassismus" eigentlich auch nur auf diese zutrifft. Ein kleines Kind wird jemanden selten auf Grund seines Geldes oder seines Berufs schätzen oder ablehnen. Da zählen noch ganz andere Dinge.
Dieses möglicherweise fehlerhafte Wertesystem kann man dann aber mit zunehmenden Alter auch wieder überdenken und ändern. Meine Prioritäten sind einem ständigen Wandel unterworfen. Wie du schon sagst, erfordert es sehr viel Arbeit. Aber wie so immer: Ohne Fleiß, kein Preis.
Wie im Beruf, muss man auch in diesem Punkt für einen Erfolg hart arbeiten.
 
"Ein kleines Kind wird jemanden selten auf Grund seines Geldes oder seines Berufs schätzen oder ablehnen. "

Das ist richtig. Kleine Kinder verstehen das ja i.d.R. auch noch garnicht. Aber sie machen u.U. nach, was ihre Eltern (oder andere Vorbilder) ihnen vorgemacht haben.
Es dauert ja auch, wie du ebenso erkannt hast, ggf. sehr lange, bis man sich von den Vorbildern aus der Kindheit gelöst und sie durch neue (bessere) Vorbilder ersetzt hat.
Deswegen finde ich den Aspekt des Vorbildes sehr wichtig und mitentscheidend. Auch wenn jeder erwachsene Mensch an seiner Charakterstruktur selbst arbeiten kann.
Es liegt also nicht wirklich immer ALLES in den eigenen Händen. Man kann allerdings Dinge verändern. Aber gerade deswegen finde ich es wichtig, dass wir uns gesellschaftlich gesehen um gute Vorbilder bemühen. Ich hab an dem Punkt ja schonmal die Medien mit ins Spiel gebracht. Ich finde Medien könnten (wenn sie denn wollten) einen diesbezüglich viel besseren Job machen, als sie das bislang tun. Und deshalb tragen sie auch eine Mitverantwortung bei der Bildung des gesellschaftlichen Wertesystems.
 
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Ein Verbesserungspotential bei den Medien sehen auch (in vielerlei Hinsicht).
Den entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Kinder haben in meinen Augen aber die Eltern. Was hier versäumt wurde, ist deutlich schwerer später nachzuholen. Ich sehe/höre das jedes Mal, wenn ich mit meiner Mutter (Grundschullehrerin) spreche, welche extremen Unterschiede es bei den Kindern, aber auch bei den Eltern gibt.
Aber das ist ja genau der Punkt: Die Eltern (von gewollten Kindern) müssten eigentlich in der Lage sein, ihr Kind entsprechende Werte und Eigenschaften zu vermitteln. Das ist weder Aufgabe der Medien, noch Aufgabe der Gesellschaft.
Das Problem hier in Deutschland bei einigen ist (sofern ich das natürlich gemäß meines beschränkten Horizonts im Vergleich zu anderen Ländern sagen kann), dass die Schuld für Fehlschläge bei allen anderen, nur selten bei sich selbst gesucht wird. Und dann wird immer sich sofort immer auf den Sozialstaat berufen...
 
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"Aber das ist ja genau der Punkt: Die Eltern (von gewollten Kindern) müssten eigentlich in der Lage sein, ihr Kind entsprechende Werte und Eigenschaften zu vermitteln. Das ist weder Aufgabe der Medien, noch Aufgabe der Gesellschaft."

Ich sehe das im Grunde eigentlich auch so wie du. Allerdings bist du (so wie du dich zumindest ausgedrückt hast) etwas zu streng.
Eigentlich sollte es natürlich vorrangig die Aufgabe der Eltern sein, ihren Kindern Werte zu vermitteln. Läuft das allerdings schief, müssen unweigerlich andere Instanzen einspringen.
Sowieso sind es nicht nur die Eltern, die ihren Kindern Werte vermitteln. Wenn ich an meine eigene Kindheit denke, fällt mir auf, dass diese Aufgabe durchaus auch viele andere übernommen haben (Freunde meiner Eltern, Verwandte..).
Ich sehe es so: Wir dürfen uns nicht immer alleine auf die Eltern der Kinder verlassen. Wir sollten ihnen i.d.R. natürlich die Hauptverantwortung lassen. Aber wenn wir uns selbst komplett aus der Mitverantwortung (die wir eigentlich für alle tragen) stehlen, machen wir es uns zu leicht.
 
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@Seppuku

Das Problem hier in Deutschland bei einigen ist (sofern ich das natürlich gemäß meines beschränkten Horizonts im Vergleich zu anderen Ländern sagen kann), dass die Schuld für Fehlschläge bei allen anderen, nur selten bei sich selbst gesucht wird. Und dann wird immer sich sofort immer auf den Sozialstaat berufen...
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und genau, weil es so ist, und es Minderheiten sind, muss der Staat dafür sorgen, dass die Kinder nicht die Leid tragenden sind. Und die Eltern nicht verdammen, sondern immer wohlwollend Einfluss nehmen. Man muss versuchen den Leuten zu helfen, und nicht Brandmarken, selbst wenn es nicht funktioniert.
 
Godde schrieb:
Und die Eltern nicht verdammen, sondern immer wohlwollend Einfluss nehmen.

Selbstverständlich sind Eltern, die ihre Kinder nicht erziehen, zu kritisieren. Ich stimme Dir zu, dass der Staat Rahmen schaffen muss, um benachteiligten Kindern zumindest strukturell zu unterstützen, - erziehen kann er allerdings nicht.

Da, statistisch gesehen, Familien der unteren Einkommen die größten Probleme bei der Sozialisierung ihres Nachwuchses haben, ist der Staat hier auch in lenkender Funktion gefragt. Bildungsgutscheine, Ganztagsbetreuung, Schulverpflegeung usw. gehen in die Richtung, Barmittel dagegen nicht.

MFG
 
Kant meinte vor zwei Jahrhunderten, dass die Unmündigkeit des Menschen "das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen" wäre. Die Aufklärung läutete das Kommen des heute hoch gelobten 'demokratischen Gesellschaft'. Nun, man kann darüber streiten, ob die Aufklärung selbst dabei schuld war (wie die kritische Theorie behauptet) oder einfach die vollendete, abstrakte Macht des Austauschs und Geldes. Fakt aber ist es, dass du die Mündigkeit des Menschen bloß durch den Einkommen festlegst, ohne einen Gedanken über die Gründe der Ausgrenzung und Entzug der Rechte der Individuen, die den Spielregeln der 'Arbeit' für das Gewinn anderer unterliegen, zu verschwenden.

Dass die Individuen wie auch von ihnen in gesellschaftlich geteilter Arbeit produzierte Güter durch die genannten Spielregeln sich miteinander vergleichen, ist ein einfacher Gedanke. Das hast du drauf. Dass über den Vergleich eine gnadenlose Sortierung der Menschen stattfindet und über sie bloß entschieden wird, willst du aber nicht gesehen haben. Sie werden in deinen Augen 'unmündig', das heißt sie verlieren ihre Rechte, nur weil sie als Verlierer die Funktionalität des Systems beeinträchtigen. Dass das System selbst sie als Verlierer produziert beeindruckt dich offensichtlich auch nicht, sonst würdest du nicht die 'staatliche' Position zu eigen machen und das Stellen dieser Menschen unter Vormundschaft befürworten.
 
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"Dass das System selbst sie als Verlierer produziert beeindruckt dich offensichtlich auch nicht, sonst würdest du nicht die 'staatliche' Position zu eigen machen und Stellen dieser Menschen unter Vormundschaft befürworten."

Ich finde die angestrebte Bevormundung auch irgendwie unmenschlich und diskriminierend. Man muss sich nur mal vorstellen, wie sich so ein Kind dabei in seiner Haut fühlt. Das muss sich ähnlich anfühlen, wie mit einem Lebensmittelgutschein an der Kasse bei Aldi bezahlen zu müssen.

Allerdings frage ich mich, wie man das Problem der Eltern, die das Bildungsgeld ihrer Kinder lieber in einen neuen Flachbildfernseher investieren, besser lösen könnte.
Vielleicht hat da ja einer eine gute Idee. Auch wenn wir das hier nicht bestimmen können.
 
Zitat: "Vielleicht hat da ja einer eine gute Idee. Auch wenn wir das hier nicht bestimmen können."

Bestimmen tun wir so wie so nichts. Aber dem Programm in die Hand arbeiten, sollen ruhig die machen, die entweder das alles so toll finden oder meinen, die Politiker hätten beim Zusammenstricken ihrer schönen Programme für unsere Nation etwas 'vergessen'. Nein, 1. das alles hier ist gar nicht so 'toll' und 2. sie haben dabei nichts vergessen - alles ist genausten durchdacht. Aber wie schon an einer anderen Stelle gesagt: Es geht halt um die Zwecke und wer sie bestimmen kann.
 
"alles ist genaustens durchdacht"

Das fürchte ich auch.
Aber das heißt nicht, dass wir machtlos sind. Das Problem ist nur, die meisten ergeben sich schon, bevor sie auch nur gekämpft haben.
 
Ich weiß nicht, ob dieses Projekt in Stuttgart immer noch läuft, aber noch vor ein paar Jahren hat einfach jedes Kind eine solche Karte bekommen. Die könnte man dann mit unterschiedlichen Geldbeträgen ausstatten, je nach finanzieller Situation der Eltern, und gut ist. Natürlich könnte das dann immer noch ein Grund für Hänseleien in der Schule sein, wenn einer eine solche Karte häufiger nutzt als der andere, aber ganz unterbinden wird man das wohl nie können. Und selbst wenn, dann werden halt andere Gründe zum schikanieren gesucht. Das gehört dazu. (btw: erinnert sich jemand an die South Park folge als das reiche Kind gemobbt wird? :D )

Das alles ist aber immer noch besser, als wenn überhaupt nichts bei den Kindern ankommt.
 
andiac schrieb:
Ich finde die angestrebte Bevormundung auch irgendwie unmenschlich und diskriminierend.
Welches angestrebte Bevormundung meinst du damit konkret?
 
@ Seppuku

"Welches angestrebte Bevormundung meinst du damit konkret? "

Damit meine ich den Vorschlag von Frau von der Leyen, Bildungsgutscheine etc. an sozial (finanziell) schwache Menschen zu verteilen.

ergibt sich aber aus dem Kontext ;)


@ Bela C

Daran erkennst du aber, dass es durchaus bessere Ideen gibt. Da fragt man sich doch, wieso unsere "schlauen" und "gebildeten" Herren und Damen Politiker diese besseren Ideen denn nicht umsetzen.
Oder stellst du dir die Frage nicht?

btw: Ich hätte auch eine Idee. Man könnte z.B. auch einfach Geldmittel verteilen und von den Empfängern dann Quittungen verlangen. Das ginge auch und wäre vermutlich auch besser. Es würde jedenfalls deutlich weniger Raum zu Diskriminierungen geben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zitat andiac: "Aber das heißt nicht, dass wir machtlos sind."

Machtlos ist man bereits bei/vor/nach den Wahlen, da man seine Zustimmung für 'was auch immer' abgegeben hat. Dass man seine Zustimmung einer Partei entziehen kann und einer anderen gibt, macht die Sache nicht besser - wie die demokratischen Untertanen vorstellen, da was die Parteien in der Regierung ausführen ist nicht ein Partei-Programm, sondern ein Staats-Programm.

Und mit dem Kämpfen verhält sich so: einen der nicht weißt, wofür oder wogegen er kämpft wünsche ich mir nicht.
 
"Machtlos ist man bereits bei/vor/nach den Wahlen"

Das ist Blödsinn, bzw nur ein Teil der Wahrheit.
Stell dir einfach mal vor, es würden immer mehr Menschen aufwachen und sich gegen diese systematischen Diskriminierungsmechanismen (etc.) wehren! Wir leben zum Glück nicht in einer Diktatur. Die Folge wäre nämlich, "die Welt" würde sich von innen heraus ändern.
Aber solange das Gros der Menschen immer nur auf den "Befehl" von außen wartet, können wir lange warten. Und solange bleiben zumindest diese Menschen auch feige, unmündig und fremdbestimmt. Und Diskrimierung, Ausbeutung und gar Morden (teilweise auf Raten) gehen weiter.
 
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@ andiac

Die Grundidee des Bildungsgutscheins ist ja nicht schlecht. Dass es Mängel (z.B. in Stuttgart) bei der Umsetzung gibt, ist ja meistens der Fall.
Ich sehe aber ehrlich gesagt die Diskriminierung bei dem System nicht wirklich.
 
@ Seppuku

Diskriminierung bedeutet ja: Unterscheidung, Herabwürdigung

Und diese Unterscheidung und Herabwürdigung findet sich in der Bevormundung z.B. wieder. D.h. also der eine muss mit Bildungsgutscheinen bezahlen, der andere kann sein Geld benutzen. Es ist also eine Ungleichgehandlung und eine Herabwürdigung (durch die Bevormundung) in einem.
Außerdem gibt das ja automatisch viel neuen Raum zu weiteren Diskriminierungen. Ich habe es ja schon erklärt. Wie fühlt sich das wohl an, wenn du vor deinen Freunden und Klassenkameraden mit einem Bildungsgutschein (für arme Leute) dastehst und mit ihm bezahlen musst? Ich denke, nur die wenigsten können damit gut umgehen.
 
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