purzelbÀr schrieb:
Verzichtest du ganz auf Windows? oder hast du noch einen PC/Rechner mit Windows 10 drauf?
Die Frage impliziert ja so ein wenig die Behauptung, das es auf das System ankĂ€me ob Antivir was bringt oder nicht. So nach dem Motto: "FĂŒr so ein frickeliges Linux schreibt eh keiner Viren. Da kann man ja auf Antivir verzichten, aber bei Windows wo es eine schier unendliche Zahl an Malware gibt kommste halt um Antivir nicht drum herum".
Und dem wĂŒrde ich widersprechen.
Also klar gibt es einen Schutzeffekt wenn Du ein hÀufig angegriffenes System vermeidest. Aber wenn Du halt schon sowas wie Windows verwendest sind Antiviren trotzdem keine geeignete Strategie.
Zum einen wegen dem KomplexitÀtsproblem. Je mehr KomplexitÀt Du in ein System einbringst, desto mehr Angriffsmöglichkeiten schaffst Du auch. Eine solche KomplitÀtssteigerung erfÀhrst Du halt, wenn Du ein Programm installierst. Das gilt dann nicht nur aber eben auch wenn Du ein Antivir-Programm installierst.
Und das ist jetzt auch keine Frage von Meinung oder so, sondern wenn man sich die zugrundeliegenden Theorien aus der Informatik anguckt ein Fakt.
Das heiĂt, Du hast erst mal allein damit das Du Antivir installierst einen negativen Security-Impact (was dann auch gleich bedeutet das alle Ăberlegungen die in die Richtung zielen 'Na wir machen es einfach weil schaden tuts ja nicht" obsolet macht).
Das kann man ĂŒbrigens auch in der Praxis bestaunen, wo in aller RegelmĂ€Ăigkeit immer wieder bekannt wird, das irgendwelche dramatischen SicherheitslĂŒcken in solchen Programmen gemeldet werden.
Verwundern tut es kaum. Das hat man ja auch in allen anderen Programmen. Warum sollte es also ausgerechnet bei Antivir anders sein.
Diesen negativen Security-Impact muss das Programm durch seine Schutzwirkung nicht nur ausgleichen (sonst brÀuchte man es ja nicht installieren, weils unterm Strich keine Verbesserung bringt), sondern im Gesamtergebnis eine Verbesserung darstellt.
Ob es das tut oder nicht ist sehr umstritten. Nicht zuletzt deshalb, weils keine belastbaren Zahlen dazu gibt. Es gibt halt nicht sowas wie ne Studie, wo man einfach mal random 1000 Leute mit Antivir und 1000 Leute ohne Antivir rumlaufen lÀsst und dann z.B. mal nach nem Jahr guckt, wer denn nu besser abgeschnitten hat.
Mal so nebenbei: WĂ€re ja auch fĂŒr die Antivirenhersteller ganz interessant. Gerade weil die halt in den letzten Jahren zunehmend unter Druck geraten sind ob der Wirksamkeit ihrer Produkte. Wenn die da ne Studie vorlegen könnten, die die Wirksamkeit belegt, dann wĂ€re das ja auch ein 1A Verkaufsargument.
Gut, so eine von der Antivir-Industrie in Auftrag gegebene Studie hĂ€tte natĂŒrlich ein gewisses GeschmĂ€ckle, aber das es dazu absolut gar nichts gibt, spricht ja schon BĂ€nde.
Vielleicht haben die ja auch was gemacht und das Ergebnis war aber so verherrend, das sie das dann lieber nicht an die Ăffentlichkeit tragen wollten. :-)
Anyway. Alles Spekulationen. Was aber bleibt, das es ein Nachweis der Wirksamkeit bis heute nicht mal ansatzweise gibt. Im Klartext: Man betreibt da im wesentlichen Esoterik.
Auf der anderen Seite haben wir in der Praxis aber sehr viele dokumentierte FĂ€lle von erfolgreichen Infektionen trotz Antivir. Gerade so die Ransomware-Geschichten vergangener Jahre sagen da ja schon viel aus. Und das betrifft ja nicht nur Lieschen zuhause, der man vielleicht noch zugute halten kann, das sie keine Expertise hat, sondern ja auch in Firmen die unter professioneller Administration stehen und alle durchweg aktuelle Antivir installiert haben. Und trotzdem hats die erwischt und erwischt es auch immer wieder.
Interessant bei der Betrachtung ist auch, wie die Antivirenhersteller ihre Produkte verkaufen. Da wird ja nicht irgendwie ein ĂŒberzeugendes Konzept vorgestellt oder so. Sondern das geht alles in die Richtung "gutes GefĂŒhl" und das völlig unrealistische Versprechen, das man sozusagen Sicherheit auf Knopfdruck kriegt.
Gut. Da kann man sagen: So ist halt Werbung. Ich wĂŒrde ja auch da vielleicht noch mitgehen, das man halt das zusĂ€tzlich macht. Also das man sozusagen ein funktionierendes Produkt hat und das dann zusĂ€tzlich noch verkaufsfördernd mit irgendwelchen Werbebullshit belegt. Aber in der Antivirenbranche ist das halt so, das man nicht mal mehr ein gutes Konzept oder ein funktionierendes Programm vorweisen kann. Man fĂ€hrt einzig und allein dieser Werbesprech-Schiene. Und das ist dann doch ein bisschen dĂŒnn.
Richten Sie ihre Wohnung nach Feng-Shui ein, damit die Energien besser flieĂen können. Genau das ist das Niveau, auf dem die Branche agiert.
Nur mit dem Unterschied: Bei Sachen wie Feng Shui hast Du noch ein Placebo-Effekt. Die Leute glauben dran und deshalb funktioniert es z.T. auch. Bei Antivir hast Du nicht mal mehr das. bzw. Du hast eher sowas wie ein umgekehrten Placebo-Effekt:
Die Leute fĂŒhlen sich sicherer und sind dann tendenziell leichtsinniger weil sie bewusst oder unbewusst denken: "Was soll passieren. Ich hab ja Schutz drauf".