Matze89 schrieb:
Nach Geschwindigkeit laufen wäre mir auch lieber, aber gerade die ganzen Triathleten und Marathon-Läufer bzw. Leute, die auf Wettkämpfe hintrainieren, laufen nach Puls. Alle wahrscheinlich nicht.
Im Elitebereich die wenigsten. Das Herz-Kreislauf-System ist relativ flott auf einem Stand, bei dem es die Belastungen der Langstreckenausdauer locker wegsteckt. Ausschlaggebend für eine gute Marathonzeit ist die Geschwindigkeit, die du auf der aeroben Schwelle laufen kannst.
Die aerobe Schwelle ist der Intensitätsbereich, bei dem das Verhältnis zwischen aerober Fettverbrennung und anaerober Energiegewinnung aus dem Muskelglycogen und Blutzucker noch ausgewogen ist, sodass sich Milchsäure in den Muskeln nur bis zu einem bestimmten Punkt aufbaut.
Ein (Halb-)Marathontraining besteht im Prinzip aus 3 Komponenten, die nach der Grundlagenphase den Großteil des Trainings gestalten:
- Tempoläufe bzw Intervalle oder Bergläufe (Sprints am Berg)
- Lange langsamere Läufe
- Rennspezifischer Ausdaueraufbau
Tempoläufe/Intervalle/Bergsprints steigern den maximalen Leistungsaufbau im Muskel. Dadurch profitiert indirekt das Marathontempo, weil die anaerobe Schwelle natürlich auch mit nach oben geschoben wird, wenn sich die maximale Leistung erhöht.
Lange langsame Läufe haben das Ziel, das Muskelglycogen möglichst ganz zu verbrauchen. Dadurch wird bei der Regeneration der Glycogenspeicher gleich eine Vergrößerung der eingelagerten Menge angeregt und zum anderen "lernt" der Körper auch, das KH/Fett-Verhältnis in der Energiebereitstellung zu optimieren, ultimativ mit der Auswirkung, dass man im Wettkampf länger ein höheres Tempo laufen kann, bevor man in den sogenannten "Hungerast" läuft, oder der "Mann mit dem Hammer" kommt.
Zu guter letzt noch rennspezifische Ausdauer. Für kürzere Distanzen würde man hier gezielt 1000er oder 2000er Intervalle im Renntempo mit kurzen Pausen üben. Im Marathontraining gestaltet man das rennspezifische Training in der Regel am Ende von mittellangen Dauerläufen. 15-18km locker und danach 5-8km im Marathonrenntempo ist eine beliebte Einheit. Das Ziel dieser Einheiten ist primär, dir ein Gefühl für dein geplantes Renntempo zu verschaffen und dir Tempohärte zu geben. Nach 15km lockerem Laufen ist eine Beschleunigung nicht immer unbedingt angenehm.
Warum trainiert man jetzt lieber nach Pace, anstelle nach HF, wo es doch schöne Tabellen und Umrechnungsformeln gibt, anhand derer man bestimmen kann, bei wie viel % der maximalen Herzfrequenz die Trainingsbereiche liegen?
Relativ simpel: Die Varianz der Trainingsbereiche bezogen auf das Tempo ist gering. Wenn du normalerweise deine Schwellenläufe bei 4:00 min/km machst (15km/h) und nicht grade den Muskelkater deines Lebens hast, weil du am Vortag aussergewöhnlich schwer zu schaffen hattest, wird deine anaerobe Schwelle auch an einem schlechten Tag nicht langsamer als 4:15 min/km liegen.
Die Herzfrequenz ist wesentlich variabler. Schlecht geschlafen, nicht ausreichend getrunken, eventuell Belastung des Immunsystems wegen Pollen oder anbahnende Krankheit und schon liegt die HF um 10-15 Schläge daneben. Wenn man das nicht in der Erfahrung hat, läuft man ganz schnell zu schnell oder zu langsam und hat nicht den Effekt vom Training, den man eigentlich haben möchte.
kurz zusammengefasst: Laufleistung wird in erster Linie von der Muskulatur erzeugt, und da ist Tempo einfach der bessere Richtwert als die HF im nachgeschalteten Herz-Kreislauf-System.