Cloud Atlas
Viel hat man vorweg von diesem Film gelesen: Teuerste Deutsche Produktion aller bisherigen Zeiten; schauspielerisches Top-Aufgebot (Tom Hanks, Hale Berry, Ben Whishaw, Hugo Weaving, um einige zu nennen), Top-Regisseure (Wachowskis + Tykwer); keine Frage, der Film musste sehenswert werden.
Schnell folgten die ersten Vorabpresseberichte, im Spiegel, in der Frankfurter Allgemeinen, usw. und vor allem aus Amerika, wo der Film schon längst läuft. Es zeichnete sich ein sehr geteiltes Bild: Vom Totalverriss bis zum Himmelhochjauchzen war alles dabei. Ein durchwachsener Meta-Score von 55/100 erzählt einen Band, die User-Wertung von 8.2 den anderen.
Nun hatte ich die Möglichkeit, den Film schon vor offiziellem Kinostart am Montag im Kino erleben zu dürfen.
Mein Fazit lässt sich aus diesem Satz eigentlich schon fast ableiten ;-)
Ich will nicht spoilern, aber ganz ohne geht's nicht; (sind aber nur kleine, sehr unbedeutende Spoiler) will trotzdem drauf hinweisen.
Der Film besteht aus 6 einzelnen Handlungssträngen, die in verschiedenen Epochen und Kulturen spielen.
Je 3 wurden von den jeweiligen Regisseuren (Wachowskis/Tykwer) gedreht.
Tykwers Teile zeichnen sich durch sehr viel Subtilität, gewitzen Humor und eine zarte Erzählweise aus - natürlich ist er dem bildgewaltigen Kino aber auch nicht abgeneigt.
Wem "Das Parfum" gefallen hat, wird auch hier auf seine Kosten kommen, denn Ben Wishaw und Tom Tykwer passen einfach wunderbar zusammen. Die Art des Regisseurs ist unverkennbar, beide Filme ähneln sich stark (nicht inhaltlich, aber von der Handschrift).
Die 3 Storys der Wachowksi-Geschwister (neuerdings nicht mehr Brüder), sind im Gegensatz dazu eher bildgewaltig und monumental. Aber keine "Hirnaus-Action". Sondern durchaus passende Gegenpole.
Der Film ist nun so konzipiert, dass aller paar Minuten der Handlungsstrang gewechselt wird, meistens auf ein Schlagwort oder thematisch verknüpfbare Stellen hin. Dabei spielen praktisch alle Darsteller in allen Storys mit: Erst im Abspann wird geklärt, welcher Schauspieler wen gespielt hat. Oft ist das klar, aber bei manchen Rollen wäre man echt nicht drauf gekommen, dass da z.B. eine junge, hübsche Asiaten plötzlich einen alten, weißen Mann gespielt hat. Die Maskenbildnerei ist nicht immer auf bestem Niveau, aber unglaublich verschleiernd. Sehr reizvoll während des Films zu sinnieren
wen man denn da gerade sieht.
Wenn an den Film aufmerksam sieht, fallen einem kleine Links zwischen den einzelnen Storys auf.
Das Mantra des Filmes ist: "
alles ist miteinander verbunden". Das Zerfließen der Geschichten gelingt aber nicht immer; größtenteils werden die 6 Storys halt nebenher erzählt, aber nicht zu 100% konsequent verlinkt. Dieser stakkatohafte Erzählstil macht aber den Reiz des Filmes aus: Trotz der unglaublichen Spielzeit von 165 Minuten hat er praktisch keine Längen. Ich hatte nur 1-2 mal das Gefühl, dass 1-2 Minuten nicht nötig waren; ich hab aber schon 90 minütige Filme gesehen, die unglaubliche Längen hatten. Mehr noch: Die 165 Minuten sind viel zu wenig. Man hätte auch durchaus 200 draus machen können. Ich für meinen Teil war stets gefesselt an die Charaktere, an die Storys. Für sich genommen sind die 6 einzelnen Geschichten zwar recht unspektakulär, aber der schnelle Mix machts - ist ja auch klar, 25 Minuten pro Geschichte sind nicht viel.
Kurz: Der Film macht vieles richtig, wenig falsch.
Ein tolles Kinoerlebnis, was man sich nicht entgehen lassen sollte.
Man wird stets unterhalten und wird definitiv mit in den Bann gezogen.
Naja, vielleicht nicht definitiv, die Frau neben mir, fing nach ca. 2 Stunden an, öfter auf ihr Handy zu schauen. Nun, sie war wohl nicht so sehr zufrieden mit dem Film (was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann).
Für mich ist dieser Film ein potentieller "Lieblingsfilmkandidat", aber auf jeden Fall Film des Jahres '12 bisher (man soll das Jahr nicht vor dem Hobbit loben
).
Während des Films habe ich mich oft ganz stark an
Die Leiden des jungen Werthers, Equilibrium, Apocalyptico und
1492 erinnert gefühlt. Eigentlich kein schlechter Mix
9/10 Punkten für mich, da die letzte Konsequenz beim Verlinken der Geschichten fehlte.
Aber ansonsten toller Film und hey: sogar nen (teils) Deutscher! ;-)