KEINE MACHT DEN DROGEN!
Das dürfte die Quintessenz sein, die sich hauptsächlich aus diesem Film ziehen läßt.
Der ganze Streifen fühlt sich an, als hätten Mordillo, Lava Lava, Grisu der kleine Drache und Senor Rossi eine Cracksex-Orgie miteinander gefeiert und am Ende dieses Kinokind geboren.
Eine Abstrusität, die Ihresgleichen sucht und zweifelsohne ein Produkt ihrer Zeit ist.
http://www.youtube.com/watch?v=t1dtJRa2L0E
Ralph Bakshi, der Schöpfer dieses wirren Erlebnisses, ist vielen vielleicht bekannt durch seinen Zeichentrickfilm "Herr der Ringe", der in Stil und Komposition diesem hier recht ähnlich ist, aber natürlich eine Vorlage hat und somit nicht frei geschaffen wurde.
Seine Filme zeichnen sich vor allem durch die Anwendung der Rotoskopie aus: hierbei werden Szenen mit realen Schauspielern gedreht und diese Szenen dann aufwändig per Hand überzeichnet.
Nun ist aber nicht der ganze Film in diesem Stil gedreht, sondern nur ausgewählte Passagen.
Auch die Hintergrundzeichnungen wechseln stark hinsichtlich Stil und Qualität (bspw. gibt es Stiftzeichnungen, dann wieder Aquarelle usw.).
Ferner bindet Bakshi Realfilmszenen ein, die nicht verändert wurden - in den meisten Fällen handelt es sich dabei um dokumentarische Szenen aus der Zeit des Dritten Reiches.
Klingt verwirrend?
Ist es auch.
Das ganze ist ein Stil- und Genredurcheinander, daß es einem schlecht wird.
Hinzu kommt, daß die Story praktisch nicht vorhanden ist. Man bekommt (in eigentlich schön gezeichneten Standbildern) kurz eine Einleitung, die sich schnell skizzieren läßt: Die Welt, bzw. die Menschheit hat sich im Atomzeitalter selbst ausgelöscht und die Erde in die Steinzeit zurückgebombt. Einige haben überlebt und gebähren und erzeugen nur noch Mutanten, die in verseuchten Gebieten leben müssen.
Und zwar zehn Millionen Jahre lang...
Dann kommen die Elfen, Zwerge und Zauberer wieder auf die Erde. Die Oberelfe (oder was auch immer) bringt zwei Kinder zur Welt: Avatar (einen freundlichen Zauberer) und Blackwolf (einen bösen).
Irgendwan stirbt die Mutter und Blackwolf will ihren Thron einnehmen, was Avatar nicht will. Es wird gekämpft, der Böse besiegt etc pp.
Blackwolf geht ins Exil in die verseuchten Gebiete und schart die Mutanten um sich. Er findet auch das "Vermächtnis" der Menschen (Bilder, Filme und Gerätschaften), die - irgendwie - die Jahrmillionen überdauert haben und - warum auch immer - im Grunde nur Nazis zeigen...
Er baut (wie Saruman) eine gigantische Armee auf, bestehend aus Mutanten und Robotern, um diese in immer wiederkehrenden Wellen gegen die Guten zu hetzen.
Avatar tritt dann gegen ihn an, etc pp - und führt die Moral der Geschichte des Films am Ende ad absurdum. Das soll aber nicht verraten werden, auch wenn ich tiefen Respekt für jeden hege, der bis dahin überhaupt durchhält.
Natürlich enthält dieser Streifen eine Kernaussage (wie so viele) und die lautet simpel: Gut gegen Böse; in einem wahrlich unvergleichlichen Stil werden hier die beiden Seiten sehr kontrastreich gegenübergestellt.
Die Animation der Zeichentrickelemente ist dabei aber ziemlich auf der Strecke geblieben und einfach nur schlecht. Die Figuren wirken allesamt überzeichnet und dümmlich und sind sehr detailarm; auch fügen sie sich überhaupt nicht in die unterschiedlichen Hintergründe ein.
Mag sein, daß Bakshi dies absichtlich getan hat - ich finde aber, daß das Konzept absolut nicht aufgegangen ist und all die Stilmittel irgendwann nur noch überreizen.
Hinzu kommt, daß auch die Dialoge komplett für die Tonne sind; es entsteht keinerlei Erzählfluß. Man gewinnt den Eindruck, daß der Schöpfer des Films irgendwann dachte: "Äh, das wird alles ziemlich grotesk, ich glaube, ich muß mal ein paar blöde Witze einsteuen..." - womit sich der Film dann letztlich selbst karikiert.
Alles in allem ist der Film nur noch ein Liebhaberstück. Es gibt viele, die betrachten ihn als Kultobjekt, als herausragendes Element der Filmgeschichte.
Ganz ehrlich: warum?
Das ist nichts als ein (ich kann es mir nicht anders erklären) im Drogenrausch entstandener Gedankenzirkus, ein wirrer Erguß von Stilementen ohne Zusammenhang, eine aberwitzige Karikatur ohne Aussage; und dann auch noch optisch schlecht inszeniert.
Für mich waren es quälende 80 Minuten vergeudeter Lebenszeit. Selten haben sich 80 Minuten so dermaßen lange hingezogen.
Die Blu-ray selbst ist nicht großartig zu bemängeln, bietet aber auch keinerlei herausragende Besonderheiten. Die Bildqulität ist irrelevant, da der Film nicht sonderlich wiederaufbereitet wurde und ohnehin keinen optischen Leckerbissen darstellt; ein ziemlich starkes Graining ist mir mitunter aufgefallen. - Der Sound ist in Ordnung, aber eben auch schon sehr alt und nicht überarbeitet. Hier darf man nicht zuviel erwarten.
Als Fazit bleibt festzuhalten: Wer diese Art Film mag und ohnehin einen Faible für Bakshi hat, kann bedenkenlos zugreifen - für alle, die einen Zeichentrickfilm der klassischen Art erwarten: Finger weg.
Wer nach einem Kinderfilm sucht: das ist er nicht, es ist ein Film für Erwachsene. Auch wenn die gezeigte Gewalt nach heutigen Maßstäben eher zum Lachen anregt, denn zum Nachdenken.
Mein persönliches Fazit (ohne Fanbrille): schlechter geht es kaum.
Wer will, kann sich den Film legal in 5 Teilen auf YouTube ansehen:
http://www.youtube.com/watch?v=24re8LiwDYc
Filmdaten:
Jahr: 1977
Regie: Ralph Bakshi
Drehbuch: Ralph Bakshi
Länge: 80 min.
Genre: Zeichentrick / Sci-Fi/Fantasy
Originaltitel:
Wizards
2/10