EU-Reformvertrag

Das mag ja ein cooler Spruch am frühen Morgen sein. Aber ein wenig untermauern könntest Du Deine Behauptung schon.

Ich könnte mich ja auch hinstellen und behaupten: "Der ZeT ist geistig zurückgeblieben und hat keine Ahnung, wovon er da redet." Das würden mir die Leser auch nicht so einfach abnehmen, sondern nach stichhaltigen Belegen fragen.
 
Also, wie geht es langfristig weiter? Sollten wir weiterhin unseren Regierungen den Zusammenwachs der Union überlassen und als Deutscher weiterhin schwarz-rot-goldene Plastik-Flaggen am Auto befestigen oder warten, bis die Globalisierung uns keine andere Wahl lässt, die Staats- und Steuergrenzen fallen zu lassen?
 
Ich warte erst einmal ab, was die Richter in Karlsruhe dazu sagen. Wenn man dort der Meinung ist, der EU-Reformvertrag sei die Art von Verfassung, die eine direkte Abstimmung des Volkes erforderlich macht, dann stimmen wir eben ab. Und dann greift aller Wahrscheinlichkeit nach ein Großteil der Argumente, die in dem irischen Artikel zum Ausdruck gekommen sind: Man möchte schon gerne wissen, worüber genau man abstimmt. Dafür muss der Vertrag durchschaubar gemacht werden.

Falls Karlsruhe keine Bedenken hat, dann bedeutet das für Deutschland, dass unser Parlament den Vertrag ratifizieren darf. Wenn man der Meinung ist, die Damen und Herren sollten das nicht tun, dann müssen die Wähler ihnen das deutlich zu verstehen geben - oder sie bei der nächsten Gelegenheit abstrafen (abwählen).
 
Da bin ich anderer Meinung. Wir wählen und bezahlen unsere Volksvertreter für Fälle wie diesen, wo es um Dinge geht, die hochkompliziert sind. Volksabstimmungen sind nur wirklich dann sinnvoll, wenn es um Themen geht, die jeder schon einmal gehört hat - z.B. eine grundsätzliche Geschwindigkeitsbegrenzung auf allen deutschen Straßen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Richter das anders sehen und unserer Bevölkerung wirklich zugestehen, eine fachliche Meinung zu diesem Vertrag bilden zu können.
 
Ich meinte das eher in Bezug auf den Artikel 146 GG, der hier schon einmal eingeworfen wurde.

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
Dabei geht es nicht um die Sinnhaftigkeit eines "Volksentscheids", sondern um die Frage, ob unser Grundgesetzt gilt oder eine andere "Verfassung". Manche hier sind ja der Meinung, dass der Artikel 146 zur Anwendung käme, wenn Teile des GG ausgehebelt werden. Davon kann man insofern ausgehen, als dass bestimmte Kompetenzen delegiert werden.

Allerdings ist das schon häufiger geschehen, etwa im Zusammenhang mit der NATO, wo deutsche Truppen auch dem Oberbefehl Dritter unterstellt werden.

In Bezug auf Artikel 146 könnte man noch fragen, ob das deutsche Volk tatsächlich selbst entscheiden muss, so klingt das immerhin, oder ob ob es genügt, diese Entscheidung an gewählte Vertreter zu delegieren.

Dann wäre noch zu klären, ob der EU-Reformvertrag überhaupt den Status einer deutschen Verfassung haben kann. Wenn nicht, kann Artikel 146 GG wohl kaum greifen.
 
Odium schrieb:
Volksabstimmungen sind nur wirklich dann sinnvoll, wenn es um Themen geht, die jeder schon einmal gehört hat - z.B. eine grundsätzliche Geschwindigkeitsbegrenzung auf allen deutschen Straßen.

Das ist jetzt nicht wirklich Dein Ernst, oder? Volksabstimmungen forden einen imensen Aufwand bezüglich Ihrer Organisation, Durchführung und Auswertung. Themen wie Geschwindigkeitsbegrenzung sind für ein solches Referendum in meinen Augen viel zu banal, dann müßte man ja für jeden Kikifatz eine Volksabstimmung durchführen. Welche ja so ganz nebenbei bis auf Ausnahmesituationen im Grundgesetz als Entscheidungsinstrument generell ausgeschossen ist...
 
Ich würde einfachmal sagen, das kein Politiker den Reformvertrag (früher Verfassung - nur umgelabelt) gelesen hat.

O-Ton Schulz: "Die Iren sollen sich nicht so anstellen und unterschreiben - ich hab ihn ja auch nicht gelesen"

Na dann sagt mir doch mal, wie man einen EU Abgeordneten wählen kann?

Greetz

PS: Wieso ich denke das es der Versuch ist ein diktatorisches Regime zu errichten und den Bürger zu entmündigen, sage ich dir sobald ich ihn komplett durch habe - dies könnte jedoch etwas dauern da mein Acrobat Reader soeben den Geist augegeben hat und mir nur Schwachsinn anzeigt....

PPS: So nachdem ich jetzt den PDF-XChange Viewer installiert habe funzt wieder alles. Sobald ich die 400 Seiten durch habe melde ich mich wieder.
 
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Ich meinte, wann eine Volksabstimmung sinnvoll ist und nicht, wann sie angewendet werden muss.
 
So langsam glaube ich, dass es sinnvoller ist, dass das Volk ignoriert wird und unsere Regierung weiterhin den EU-Zusammenwuchs selbst in die Hand nimmt.

Warum? --> EU Kasse: Deutschland lässt 66 Millionen Fördermittel verfallen

Wenn die Deutschen solche Artikel nicht lesen wollen, gäbe es sie auch nicht. 66 Millionen Euro Fördergelder nicht angefordert - ja, ganz großes Kino. So eine miese und amateurhafte Meinungsmache sieht man selten beim Spiegel.

Deutschland hat im vergangenen Jahr 66 Millionen Euro aus der EU-Kasse verloren. [...] Deutschland zahlt Rekordbeiträge. Der zeitgleich veröffentliche Finanzbericht der EU-Kommission zeichnete für Deutschland ebenfalls eine wenig erfreuliche Bilanz: Wie aus dem Papier hervorgeht, sind die Nettobeiträge Deutschlands im vergangenen Jahr immens gestiegen. [...]
Außerdem: "Die Nettobelastung Deutschlands entspricht 0,30 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung."

Ich sag euch, wie der Autor die EU sieht: Als ein Zusammenschluss von Staaten, bei der ein Staat möglichst alles versuchen muss, um das Maximum für sich selbst rauszuholen, ohne Rücksicht auf die anderen Mitglieder. Von Rekordbeiträgen und einer 'wenig erfreulichen' Bilanz ist die Rede - der Hinweis darauf, dass die Niederländer, Dänen und Luxenburger gemessen an der Belastung pro Person mehr für die EU tun als wir, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen.
Und die Tatsache, dass 66 Mio. nicht gebraucht wurden, schafft es tatsächlich ganz vorne auf die Seite. 66 Millionen, dass sind 0,059% des Gesamthaushalts (oder 0,3% des dt. Beitrags).

Die EU mag ja nicht perfekt sein, aber wenn wirklich einige Menschen sich darüber aufregen können, dass wir das nicht das Letzte aus dieser Gemeinschaft kratzen und die bösen Griechen das meiste Geld bekommen - dann steh ich 100% dafür, dass dieser ganze Reformvertrag und Entwicklungsprozess ausschließlich über unsere Regierung weiterläuft. Die EWG wurde nicht durch den Wunsch der Bevölkerung geboren, der Euro gegen ihren Widerstand auf den Weg gebracht und jetzt kommen auch noch Nachrichten, die den Sinn der EU total untergraben. Ich sage, es wäre ein Fehler, dem Bürger am Unionsprozess zu beteiligen - Geschichte ist dazu da, um daraus zu lernen.
 
2006 zahlte Deutschland 6,3 Mrd. Euro mehr in die Brüsseler Kasse als wieder herausgeholt wurde. 2007 betrug die Differenz 7,4 Mrd. Euro. Nun weiß ich nicht, wie viel davon für die EU-Bürokratie draufgeht, die ja nicht gerade klein ist (Parlament, Übersetzungen, …).

Für den deutschen Staat sieht die Rechnung ohnehin anders aus. Denn Deutschland exportiert massenhaft in die EU-Länder und profitiert – ich schrieb es bereits – wie kein anderes Land vom freien Warenverkehr. Die Exporte kurbeln die Gewinne der Unternehmer an und dort hält der Staat über die Steuern wieder die Hand auf. Unter dem Strich ist das mit Sicherheit kein Verlustgeschäft.
 
Ich will nicht sagen, dass es absolut überraschend kommt, aber es war auch nicht unbedingt zu erwarten: Köhler unterschreibt Urkunde zu EU-Reformvertrag vorerst nicht.

Da derzeit Bedenken bestehen ob das entsprechende Gesetz überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hat Köhler entschieden die Urkunde zur Ratifizierung zunächst nicht zu unterschreiben. Dies geschah auch auf Bitten des Verfassungsgerichts, das ich derzeit mit der Frage beschäftigt. Damit ist Deutschland, welches ja ebenfalls auf die möglichst rasche Umsetzung gepocht hat und Irland ebenfalls nicht unbedingt fair angegangen ist, auch ohne Volksabstimmung, nun auf der Seite der "Bremser".

Angesichts der ja auch hier recht kontroversen Diskussion durchaus eine interessante Entwicklung und es dürfte wirklich interessant werden, was denn das Bundesverfassungsgericht dazu entscheidet und welche Punkte den Ausschlag geben werden.

Jedenfalls ein herber Rückschlag im EU-Reformprozess, egal ob man das nun begrüßt oder nicht. Handlungsfähiger wird die EU in nächster Zeit wohl kaum werden.
 
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Das kann doch nicht wahr sein. Erst wenn dieser Vertrag alle gerichtlichen Grundsätze aller EU-Länder in sich vereinigen kann, besteht die Chance, dass Europa schneller zusammenwächst? Mir fehlen die Worte...

Hat Köhler denn irgendwo wenigstens ein Statement zu seiner Entscheidung abgegeben?
 
Die News bei Spiegel Online wir ja laufend aktualisiert. Also wenn ich das richtig verstehe, hat nicht Köhler selber bzw. das Bundespräsidialamt dort geprüft, sondern es ist allein auf Bitten des Verfassungsgerichtes nicht unterzeichnet worden. Offenbar hätte im Falle einer Unterschrift das BVerfG bereits einige Anträge auf eine einstweilige Anordnung vorliegen gehabt, was letztendlich aufs gleiche hätte hinaus laufen können, nämlich dass das Gesetz nicht in Kraft tritt.

So muss sich das Gericht aber wohl erstmal nicht mit solchen Dingen beschäftigen, sondern kann sich dann wohl ganz der Hauptsache widmen. So interpretiere ich das Verhalten.
 
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Ehrlich gesagt hätte es mich gewundert, wenn Horst Köhler einfach so unterschrieben hätte. Denn das Verfahren war bereits beim Bundesverfassungsgericht anhängig, ist dort also nicht abgeschmettert (abgelehnt) worden.

Das hätte nur ein unnötiges Hin und Her gegeben mit Unterschrift, Bundesanzeiger, einstweiliger Verfügung, Rückzieher mit Schwebezustand, Gerichtsverhandlung, Entscheidung und dann mal abwarten.

Dann doch lieber gleich die Überprüfung abwarten, um zu wissen, ob das Gesetz mit Köhlers Unterschrift auch tatsächlich in Kraft treten kann.
 
Erstmal sollte jeder erläutern was er da verlinkt und warum es jeder lesen sollte.
 
Interessant zu lesen ist höchstens der 3. Teil ab Seite 52, der die Klage begründet.

Zunächst argumentiert Schachtschneider mit (s)einer Definition der Begriffe Staat, Bundesstaat und Staatenbund. Daraus leitet er die fehlende demokratische Legitimation der Union in vielen Fragen ab. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass Schachtschneider im weiteren Verlauf seiner Begründungen überwiegend nur noch sich selbst zitiert.

Man darf gespannt sein, ob sich das Bundesverfassungsgericht seiner (Minderheiten-)Meinung anschließt.
 
HappyMutant schrieb:
Erstmal sollte jeder erläutern was er da verlinkt und warum es jeder lesen sollte.

Ich ging davon aus das den Leuten bekannt ist das der Gauweiler eine Verfassungsklage eingereicht hat und sich dieser Link logischerweise darauf bezieht.

Redet ihr euch den Reformvertrag nur schön... ich bin nur froh das er jetzt tot ist und der Bürger noch mal eine Chance hat.

----edith----

Eine Glanztat im geschlossenen Thread bzüglich einer neuen EU Verfassung. Da wird der Thread geschlossen und auf einen angeblichen Vertrag von Lissabon verlinkt. Dummerweise hat das PDF nur 27x Seiten, der Vertrag ist jedoch über 400 Seiten lang.

Blos weil da "EU" draufsteht muss das noch lange nicht gut sein.

Und wie der Bürger entmündigt wird erkennt man schon daran, das nach dem NEIN von Holland und Belgien die Verfassung in Reformvertrag umbenannt wurde um in diesen Ländern die Bürgerbefragung umgehen zu können.

Rekapitulieren wir einmal: Es gab drei Länder wo das Volk befragt werden musste und alle drei haben NEIN gesagt. Na wenn das keine Entmündigung ist dann weis ich auch nicht.
 
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ZeT schrieb:
Und wie der Bürger entmündigt wird erkennt man schon daran, das nach dem NEIN von Holland und Belgien die Verfassung in Reformvertrag umbenannt wurde um in diesen Ländern die Bürgerbefragung umgehen zu können.

Rekapitulieren wir einmal: Es gab drei Länder wo das Volk befragt werden musste und alle drei haben NEIN gesagt. Na wenn das keine Entmündigung ist dann weis ich auch nicht.
Das ist falsch. Änderungen haben insofern stattgefunden, als es österreichische Verfassungsexperten nun nicht mehr für notwendig erachten eine Volksabstimmung durchzuführen, im Gegensatz zum ersten Verfassungsvertrag. Es wurde nicht nur die Symbolik einer Verfassung und eines Superstaats gestrichen, durch ein Vetorecht der nationalen Parlamente im Falle einer Ausweitung des Mehrstimmigkeitsprinzips auf neue Sachbereiche werden die nationalen Parlamentarier gegenüber ihrer Regierung sogar gestärkt und kann es kein automatisches Overruling der nationalen Verfassung geben.

Dass der Verfassungsvertrag nicht einfach weggeschmissen wurde ist insofern klar als dahinter mehr als 8 Jahre harter Arbeit stecken und sich die Mitgliedsstaaten im großen und ganzen darüber einig sind, dass die Ergebnisse das Optimum an Kompromissfähigkeit aller darstellen.

EDIT: Keine Reaktion mehr? Schade...
 
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