Fetter Fettsack schrieb:
Streben nach Reichtum, Neugier und der Wunsch bei der Begründung von etwas Großem dabei zu sein. Das wären jene Motive, bei denen ich mir vorstellen könnte, dass sie den Menschen dazu bewegen solche Unterfangen durchzuführen.
Ich gehe davon aus, dass eine Reise zum nächsten Planeten mindestens so herausfordernd ist wie die Mondlandung. Durch die Lichtlaufzeiten eher noch deutlich herausfordernder, da eine Expedition von der "Basis" abgeschnitten wäre. Für uns ist dies im Moment selbst bei einer Reise zum Mars eine große Hürde.
So, und wie viele Menschen leben derzeit auf dem Mond? Wie viel Tonnen wertvoller Rohstoffe bringen wir jeden Monat vom Mond auf die Erde? Wir könnten den Mond und ausbeuten, um im Gegensatz zu einer Zivilisation, die zum nächsten Stern reisen kann, wäre dies unermessliche Reichtümer. Aber es lohnt sich derzeit nicht. Es ist zu teuer, zu aufwändig. Wie werden es erst tun, wenn wir einen bequemen und günstigen Weg gefunden haben werden, den Mond zu erreichen.
Das bedeutet auch, dass eine Zivilisation, die zu interstellaren Reisen fähig ist, diese erst unternehmen wird, wenn es sich wirklich lohnt. Da Rohstoffe, Reichtümer und Erkenntnisgewinn aber keine lohnende Ziele eines solchen Unternehmens wäre, würde sich eine solche Reise erst lohnen, wenn sie quasi ein Kinderspiel darstellt. Und dann kann die Zivilisation ebenso gut zum übernächsten und überübernächsten Stern fliegen. Sie würde gleich nomadisch werden.
Außerdem ist so die Überlebenschance der Rasse Mensch im Falle einer Katastrophe von biblischem Außmaße höher.
Dazu müsste man erst einmal einen nutzbaren Planeten in einer erreichbaren Entfernung finden. Das muss bis auf Weiteres als unwahrscheinlich ausschließen. Und selbst wenn man annimmt, dass eine Zivilisation, die das gesamte Sonnensystem (zumindest bis zum Neptun) erschlossen hat, noch immer zum größten Teil auf der Erde lebt, so darf annehmen, dass sie in der Lage ist, jeden ankommenden Gesteinsbrocken rechtzeitig zu entdecken und die Bedrohung abzuwenden. Und weiter fallen mir keine biblischen Katastrophen ein, die die Erde dann noch erleiden könnte - mal abgesehen davon, dass auf der Erde in 500 Millionen Jahren langsam ungemütlich wird. Es gibt keine potentiellen Gammastrahlenquellen in unserer Nähe, die uns in den nächsten Erdzeitaltern gefährlich werden können. Offenbar war die Erde auch nie einer derartigen Quelle ausgesetzt. Und die Versorgung der Zivilisation ist auch ein kein Problem mehr. Was könnte die Menschheit vertreiben?
Was des Verlustes eines Viertels einer Zivilisation durch Abwanderung betrifft: wenn genug Menschen da sind und auf diese Reise nicht die gesamte Intelligenzia des Planeten mitgeschickt wird
Ich dachte eher an Arbeitskraft. Aber, lass den Punkt streichen. Eine Keimzelle der Zivilisation braucht nur einige tausend bis zehntausend Individuen. Das wird eine Zivilisation von vielleicht 5 Milliarden Individuen verkraften können.
So entwickeln sich eben zwei Zivilisationen, es muss ja nicht zwingend so sein, dass die eine die andere kontrolliert.
Warum haben die USA (aber nicht nur die) einen Unabhängigkeitskrieg geführt? Weil die Briten ihre Kolonien nicht aufgeben wollten. Gibt es ein Beispiel in der Menschheitsgeschichte, in der eine Kolonie gegründet wurde, nur damit in den Geschichtsbüchern steht, dass man Menschen dorthin geschickt, ohne dabei irgendetwas zu gewinnen?
Dann nämlich haben die Heerscharen an Besitzlosen, vor allem jene aus den Ländern des Südens, eine Option, selbst zu Landbesitz zu kommen und eben, wie schon angeschnitten, die Hoffnung, ein neues, 'besseres' zu erlangen. Das ist für Menschen immer schon eine starke Triebfeder gewesen.
Vielleicht sind in 2000 Jahren die nördlichen Länder die Besitzlosen. Wie dem auch sei, eine Zivilisation, die bequemen Zugriff auf die Rohstoffe des Sonnensystems hat, hat keine Probleme mehr mit der Versorgung ihrer selbst.
Viele Menschen wollen allerdings nicht nur die Ressourcen, sondern auch ein angenehmes Lebensgefühl, etwa ein Haus am Land, wo man die Natur genießen kann, vielleicht eine Tierhaltung oder weiß der Kuckuck was.
Ich setze in meinem Modell voraus, dass eine solche Zivilisation in der Lage sein wird, künstliche Habitate zu schaffen, die alle Bedürfnisse befriedigen können. Diese Habitate wird man in jedem Fall brauchen, selbst wenn man die Personen, die man zum nächsten Stern schickt, in Kälteschlaf versetzen kann, denn am Zielort wird mit großer Wahrscheinlichkeit kein (sofort) nutzbarer Planet warten. Jetzt wird du vielleicht einwenden, dass man die toten Felsen, die man in der Fremde findet, terraformen könnte - aber dann könnte man auch gleich den Mars terraformen. Der stirbt dann zwar in geologischen Maßstäben schnell wieder ab, aber für eine Zivilisation wäre er lange genug nutzbar (vor allem wenn sie immer wieder die nötigen Elemente nach führt) und würde den Wunsch nach einer neuen Welt, die man ruhmreich erobert, und dem Haus am See ebenso gut befriedigen.
----
Species 8472 schrieb:
Dein Denkfehler hier ist das du einen Beobachter ins Spiel bringst. Aus Sicht des Beobachters vergeht die Zeit langsamer. Für dich als Kapitän des Schiffs bedeutet es aber du brauchst Müsli für 8 Jahre, und nicht für 2 Jahre.
Den Punkt mit der Längenkontraktion ist ja nun geklärt. Wäre auch seltsam, wenn ich bei doppleter Lichtgeschwindigkeit Müsli für 16 Jahre mitnehmen müsste. Da kann man besser laufen.
Eines noch: Die Reisezeit von zwei Jahren stimmt durchaus: Für ein Schiff, das auf eine Geschwindigkeit nahe c springen kann, ohne dass es die Besatzung zermanscht. Du hast Recht, realistischer sind Reisezeiten von mindestens acht Jahren, das liegt aber nicht an Effekten der Relativität, sondern daran, dass man das Schiff langsam beschleunigen und bremsen müsste. Um die Fliehkräfte auf 1 g zu beschränken, müsste Beschleunigungs- und Bremsphase jeweils ein Jahr dauern. Vielleicht kann man der Besatzung etwas mehr zumuten, im Kälteschlaf vielleicht sogar Kräfte, die die Reisezeit auf vier Jahre verkürzen, aber das gilt nur, wenn man auch eine Geschwindigkeit nahe c erreicht. Eher sollte man vielleicht von einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit reden.
Zu den Punkten Proviant, Ersatzteile und Lebensraum: Wir reden hier nicht von billigen Raumkapseln, sondern von autarken Habitaten, die sich mit Nahrung, Energie und Ersatzteilen versorgen können und genug Lebensraum bieten, um den Bewohnern eine ausreichende Lebensqualität zu bieten.
Auf die Aussagen hinsichtlich des kriegerischen Potentials einer solchen Zivilisation will ich nicht zu viele Worte verlieren. Das würde den Rahmen sprengen. Nur so viel: Ich sehe nicht den Zusammenhang zwischen den Auseinandersetzungen weltpolitischer Machtblöcke und den Problemen einzelner Personen in einer Gruppe. Du kannst nicht von dem einen auf das andere schließen. Zudem ist die Welt in vielerlei Hinsicht in einem weitaus besseren Zustand als in den Weltkriegen der vergangenen Jahrhunderte, meinst du nicht? Im Moment sieht vielleicht alles ein wenig düsterer aus, als du es gewohnt bist, aber vor zehn Jahren sah es noch düsterer aus, und vor 60 oder 160 Jahren war es wirklich schlimm. Und Errungenschaften wie die EU finde ich durchaus erstrebenswert, vor allem wenn man man mal 70, 80 Jahre zurück geht. Nicht zu reden von den vielen Technologien, die die Welt enger zusammen geführt haben.
Die Längenkontraktion wirkt also nicht wirklich reiseverkürzend, wenn man keinen Spezialtank besitzt der anfangs leer ist und dann immer voller wird. Wobei... wenn er immer voller wird, das Raumschiff dann aber deswegen immer schwerer wird dann muss der tank sich deswegen noch schneller füllen... ooh die Katze beißt sich immer fester in den Schwanz.
Wenn ich mit einem Auto immer schneller fahre, verbrauche ich auch immer mehr Energie. Heisst das jetzt, dass sich der Tank eines Autos füllen würde, wenn man schneller fährt? Du machst wieder einen gravierenden Fehler. Tatsächlich kommt die Längenkontraktion immer zum Tragen, sobald man sich bewegt, und ich muss immer mehr Energie aufwenden, je schneller ich mich bewegen möchte. Und wenn zwei Autos mit 30 km/h aneinander vorbei fahren, dann beträgt die Realtivgeschwindigkeit auch nicht 60 km/h. Aber bei den Geschwindigkeiten, die wir in unserer Welt erleben, spielen die daraus resultierenden Geschwindigkeiten aber keine Rolle (weshalb wir Relativgeschwindigkeiten in unserem Alltag auch weiterhin mit Newton berechnen können).
Kurzum: Man braucht keinen magischen Tank, der sich immer weiter füllt, sondern einfach einen Tank, der groß genug für die benötigte Menge Treibstoff ist. Es gibt aber bereits heute theoretische Konzepte, die ohne mitzuführenden Treibstoff auskommen, wie der erwähnte Bussard-Ramjet, der den Treibstoff im Flug aufnimmt.