SavageSkull schrieb:
Für mich war die Messe dahingehend sinnvoll, weil dort vor allem Presse sich das angeschaut hat und dann gefiltert und ggfls mit Kritik an mich weitergereicht hat, statt direkt dem Hypetrain durchfahren zu lassen.
Naja, da scheint mir aber eher der Wunsch Vater des Gedankens zu sein
.
Mein persönlicher Eindruck ist diametral gegensätzlich. Ich habe die Spielepresse gerade zu solchen Events wie der E3 überwiegend als Verstärker und Katalysator des Hypes empfunden. Alles "
great", alles "
awesome", alles "
never seen before"... blablabla... und die hysterisch kreischenden "Journalisten" wie 12-jährige Girlies beim Backstreet Boys Konzert konnte jeder zur E3 schon mal live auf Video bewundern.
Es existiert nun auch schon lange eine Art Nichtangriffspakt zwischen Spielepresse und Publishern, wenn und soweit es um Previews geht. Im Vorfeld wird sehr selten schon echte Kritik geübt, es sei denn man muss oder möchte den Publisher explizit warnen, dass er auf eine veritable Vollkatastrophe zusteuert.
Im Übrigen kommt bei den Messen dazu, dass die Redakteure der Portale (egal ob Print oder Online) regelrecht "bestochen" werden.
Auf die coole Backstage- oder Aftershow-Party mit den "Babes" wirst Du natürlich nur eingeladen, wenn Du schön brav mit in den Hypetrain kletterst. Den Flug in die USA, das Hotel oder sonstige Annehmlichkeiten bekommst Du nur bezahlt, wenn die Artikel entsprechend gewogen ausfallen. Und... und... und...
Wer dieses Spiel nicht mitspielt, sondern meint sich kritisch äußern zu müssen, dessen E-Mails an die Presseagentur des Publishers bleiben dann plötzlich unbeantwortet.
Der darf sich halt wie jeder Depp am Stand draußen anstellen und bekommt nicht hinter den Kulissen die Möglichkeit der (exklusiven) Präsentation + Interview durch einen hochrangigen Entwickler, der ist nicht auf den Parties mit dabei, der bekommt weder Flug, noch Hotel, noch Bierchen oder Cocktails bezahlt.
So läuft doch das Geschäft. Und zwar nicht nur in der Spielebranche, sondern überall, wo die Fachpresse mit den eigenen Anzeigekunden zusammentrifft.
Ich persönlich jedenfalls kann auf die Spielepresse gut verzichten. Als erwachsener Spieler mit über 30 Jahren Spieleerfahrung brauche ich kein betreutes Denken, sondern kann die Publisher- oder Entwicklerevents und das dort gezeigte Material schon selbst gut einordnen.
Die Spielepresse hat höchstens noch eine Funktion bei nichtöffentlichen Events
behind closed doors, aber ausgerechnet da muss man eben mMn noch mal extrem vorsichtiger sein.
Gerade solche exklusiven Events sind ja prädestiniert dafür, dass die Pressevertreter sich aus Angst vor ihren Chefs (Verlust von Anzeigekunden) und vor allem aber aus Schiss vor Nicht-mehr-eingeladen-werden rein als Hypeverstärker betätigen.
Man könnte ja sogar so weit gehen, zu sagen, dass ein nichtöffentlicher Event bewusst nichtöffentlich gehalten wird, weil die Publisher genau wissen, dass die keineswegs unabhängige Spielepresse willfährige Erfüllungsgehilfen bei der Erzeugung von Hype sind.
Den "Journalisten" kann man auch unfertiges Material mit Beteuerungen, dass zum Release alles besser sein wird, vorsetzen und die schreiben dann brav, dass alles geil ist, nur weil sie zum Event an einer coolen Location eingeflogen wurden, insgesamt Spaß hatten, weil das Viersterne-Hotel mit Pool schick und das Buffet reichhaltig war und weil die Bierchen gut runtergingen
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