frajen schrieb:
Eine Frage die sich mir stellt die in dem Artikel nicht steht: Warum sollte man das Paket deinstallieren wie der Herr in dem Artikel ?
Das lässt sich schwer in 2 Sätzen erklären. Ich versuch's mal "kurz". In dem Artikel beschreibt Kofler ja, dass System76 zu dem Grundsystem von Ubuntu, das aus dessen Paketquellen gespeist wird, eine eigene Paketquelle zusätzlich eingerichtet hat für eine relativ große Anzahl an eigenen Paketen. Für Ubuntu gilt das als "Fremdquelle", wovor als Nutzer eines offiziellen Ubuntuderivats (Ubuntu, Kubuntu, Xubuntu etc.) aus gutem Grund gewarnt wird. Denn solche Pakete wurden von Ubuntu/Canonical nicht geprüft, ob sie "kompatibel" sind, im weiteren Sinn. Die "Verantwortung" für die Pflege solcher Pakete liegt dann eben bei den Herausgebern der jeweiligen Distribution. In dem speziellen Fall schreibt Kofler aber zu Recht, bzw. auf Erfahrung basierend:
Das macht, offen gesagt, ein wenig skeptisch: Ein modifizierter Kernel, diverse modifizierte Gnome-Pakete (inklusive des eigenen Paketmanagers pop-shop, der natürlich auf Gnome Software basiert und ebenso schlecht wie dieses Programm funktioniert) etc. Ist system76 wirklich in der Lage, all diese Pakete langfristig solide zu warten? Gerade mit modifizierten Gnome-Paketen ist selbst Canonical gescheitert und letztlich zurück in das Mainstream-Lager gewechselt.
Ein prominentes Beispiel, für so ein "Sündenregister" hat das bei Nutzern realtiv beliebte, aber bei Entwicklern relativ verhasste Linuxmint über lange Zeit praktiziert. Hier ein Auszug
aus einem kritischen Beitrag eines Debianantwicklers, das die Problematik verdeutlicht:
Secondly, they are mixing their own binary packages with binary packages from Debian and Ubuntu without rebuilding the latter. This creates something that we in Debian call a "FrankenDebian" which results in system updates becoming unpredictable [2]. With the result, that the Mint developers simply decided to blacklist certain packages from upgrades by default thus putting their users at risk because important security updates may not be installed.
Thirdly, while they import packages from Ubuntu or Debian, they hi-jack package and binary names by re-using existing names. For example, they called their fork of gdm2 "mdm" which supposedly means "Mint Display Manager". However, the problem is that there already is a package "mdm" in Debian which are "Utilities for single-host parallel shell scripting". Thus, on Mint, the original "mdm" package cannot be installed.
Another example of such a hi-jack are their new "X apps" which are supposed to deliver common apps for all desktops which are available on Linux Mint. Their first app of this collection is an editor which they forked off the Mate editor "pluma". And they called it "xedit", ignoring the fact that there already is an "xedit" making the old "xedit" unusable by hi-jacking its namespace.
Das hat, wie erwähnt, über einen längeren Zeitraum dazu geführt, dass man bei Einrichtung des System gleich gefragt wurde, ob man es mit den Updates lieber unsicher oder lieber instabil mag (natürlich umgekehrt positiv formuliert). An spätestens dieser Stelle, hätte ich dieses BS wieder von meinem Rechner verbannt, auch ohne die Hintergründe zu kennen. Vielen Einsteigern war das erst mal egal, weil Mint optisch was hermacht und gut zu bedienen ist/war.
Warum das alles? Ein Linuxsystem ist immer nach dem Baukastensystem zusammen gebaut. Und der Linuxbaukasten ist riesig. Trotzdem muss alles zusammen passen. Genau das ist die "Kunst". Ubuntu z.B. bedient sich auch aus dem großen Baukasten, insbesondere aus dem großen Kasten Debian, baut darauf aber ein komplettes eigenes System auf und bedient dieses durch seine eigenen gepflegten Paketquellen (zumindest in der Theorie). Jede Veränderung kann aber wieder andere Veränderungen durch Abhängigkeiten nach sich ziehen. Je mehr Manpower man hat, umso besser kann man das einpflegen. Das funktioniert bei Ubuntu, Debian, Arch, RedHat, Suse recht gut. Jedes weiter Derivat, dass auf einem dieser Grundsysteme aufbaut, birgt aber die Gefahr, dass durch bestehende Abhängigkeiten was schief geht. Dazu reicht u.U. schon ein simples Update, um ein System zum abstürzen bringen zu können.
"Alte Hasen" wissen aber mit so was umzugehen. Neulinge stehen dann erst mal da, wie der Ochs vorm Berg. Deshalb mein genereller Tipp, wenn es keine unumgehbaren Argumente für einen bestimmten Exoten gibt, als Einsteiger eine "Mainstream-Distro" mit einer möglichst großen Community zu nehmen.
L.G.