An alle "Früher war alles goldener"-Poster: Nein, das war es "früher" nicht. Aus mehreren Gründen:
1. Es gibt kein "früher": Wenn man schon so argumentiert dann sollte man auch erwähnen, dass es früher gar keine Computerspiele gab, das Problem eines angeblich unfertigen Gold-Status-Spiele-Releases gar nicht auftreten konnte.
2. "Früher", am Anfang der Spiele, die Spiele so simpel waren, dass man sie tatsächlich von A bis Z durchtesten konnte.
3. "Früher" die Spiele linear waren, lineare Spiele zu testen ist viel einfacher als offene Welten mit Triggerpunkten.
4. "Früher" waren die Spiele nicht nur linear, sondern auch statisch: Es gab kaum bis keine Entscheidungsmöglichkeiten bzw Freiheiten den Spielverlauf zu beeinflussen. Wenn ein Spiel einem 2 verschiedene Möglichkeiten bietet, ein Quest zu beenden, dann muss man natürlich beide Pfade testen. Sind die Ergebnisse aber wiederum die Basis für andere Pfade, dann verkompliziert eine triviale Entscheidung am Anfang unter Umständen die Pfade der Haupt-Quests bis hin zum Ende des Spieles.
Alleine schon aus diesem Grund ist es quasi unmöglich mit vernünftigem Zeitaufwand so hochkomplexe Spiele mit all den Pfaden abzutesten. Vieles wird zwar mittels Tools automatisiert überprüft, dennoch können sich Fehler einschleichen.
Und mal ehrlich: Was ist euch lieber? Ein Day1-Patch, oder ein Spiel, bei dem ihr in der Hauptmission nach einer Weile im Mittelteil, nach deutlichem Aufwand irgendwo hängen bleibt und nicht mehr weiter kommt weil irgendein Entwickler bei einem Skript einen Trigger falsch geschrieben hat und z. B. ein Gebäude deswegen nicht betretbar ist, ihr aber da rein müsst um weiterzukommen?
Man muss nur Gothic als Beispiel heranziehen, um zu sehen was da so alles fürchterlich schief gehen kann. Teil 3 ist ein Paradebeispiel wie man Käufer und somit Spieler verlieren kann und einzig der Community war es zu verdanken, dass das Spiel überhaupt spielbar wurde.
Alle, die noch an "früher" hängen sollten also mal in sich gehen, einen Blick auf die ersten Witcher-Spiele werfen um dann festzustellen: Nein, das war früher nicht anders. Witcher 1 ist mittlerweile 13 Jahre alt, wahrscheinlich kennen einige den Teil nicht mal, gespielt wird heutzutage ja eh nur noch Teil 3. Und Teil 1 war bereits alles andere als ein Paradebeispiel für ein gutes Gold-Release-Spiel:
https://www.the-witcher.de/download--cat_id-12.html
Release war am 26. Oktober, bereits am 25. Oktober gab es den ersten Patch. Unter anderem wurde auch das von mir angesprochene Problem gelöst:
Korrigiert: Blockaden bei der Fortführung der Handlung Aber auch jede Menge andere Gameplay und Bugfixes, die z. B. Abstürze korrigierten.
Doch dabei blieb es nicht Patch 1.1a wurde direkt nach Release hinterhergeschoben, weil es noch einen weiteren Bug gab, der das Hauptquest blockiert.
Auf die anderen beiden Witcher-Titel will ich gar nicht eingehen, das war damit ähnlich. Warum sollte es also , bei einem so komplexen Spiel, ausgerechnet bei CP2077 anders sein? Natürlich hat der Entwickler mittlerweile jede Menge Erfahrung, und lernt sogar aus eigenen Fehlern (was man von Piranha Bytes nicht behaupten kann, meiner Meinung nach) und trotzdem wird so was immer ein Problem bleiben. "Früher" gab es solche Probleme nicht, weil die Spiele nicht so komplex waren und vor allem: Weil es damals gar kein Internet gab oder nicht jeder Internetanschluss hatte. Ich hab damals auf Spiele-Magazine zugreifen müssen um Patches für meine Spiele zu erhalten, oder man fuhr zu einem Bekannten und hat sich das zeitraubend aus dem Internet beschafft. Damals waren die Spiele auch deutlich kleiner, die Bandbreite aber ebenso.
In diesem Sinne: Ich freu mich auf CP2077 und ich habe auch alle Witcher RPG-Titel gerne und auch durchgespielt. Elex habe ich z. B. frustriert aufgegeben, aber hauptsächlich wegen den zahlrichen Fehlentscheidungen was Design und Gameplay angeht, nicht wegen der Bugs.