Artikel-Update: Pünktlich zum öffentlichkeitsträchtigen Ende von 3D Realms hat der Spieleentwickler Charlie Wiederhold seine berüchtigte „Chair Story“ erneut hervorgeholt – und zwar auf seiner eigenen Webseite.
Im entsprechenden Beitrag berichtet Wiederhold, der bei 3D Realms an der Entwicklung von „Duke Nukem Forever“ mitgewirkt hat, weitgehend glaubwürdig von einer Begebenheit, die sich im Rahmen der E3 im Jahr 2001 ereignete und – sofern wahrheitsgetreu wiedergeben – eine bahnbrechende Verschwörung beschreibt.
Demnach trafen sich zu besagter Messe ranghohe Vertreter von Epic und 3D Realms sowie altgediente „Duke Nukem“-Entwickler, um über die PR-technische Zukunft des Titels zu beraten. Unter anderem zugegen gewesen sein sollen Branchengrößen wie Scott Miller, George Broussard, Cliffy B und Mark Rein. Binnen zweier Treffen soll dann auf besonderes Betreiben der Marketing-Profis Miller und Rein hin ein ebenso gewiefter wie unfassbarer Plan aufgestellt worden sein: Die Entwicklung von „Duke Nukem Forever“ sollte vor dem Hintergrund der anhaltend guten Presseberichterstattung trotz der bereits schier endlos wirkenden Zeit seit Start in 1997 mit Absicht hinausgezögert werden.
Ziel der Verzögerungstaktik sei es laut Wiederhold gewesen, einen Mythos um den Titel und die dahinterstehenden Unternehmen zu stricken und bewußt mit dem am längsten entwickelten Spiel in die Geschichte einzugehen. Während sich 3D Realms über eine anhaltend gut laufende PR-Story freuen konnte, die man ab und an mit einem kleinen Screenshot oder gar einem Trailer anfeuern musste (zumindest dies geschah nachweislich immer wieder
und auch auf
ComputerBase), soll Epic vornehmlich über die dadurch anhaltend starke Nachfrage nach der hauseigenen Engine profitiert haben: „Epic profitierte von dem Deal dadurch, dass dieses mysteriöse Projekt dauerhaft als „Kunde“ für ihre Engine herhalten konnte, wobei die Leute sich immer gefragt haben, ob das jetzt gerade die neueste Variante war oder nicht. Es überrascht, zu sehen, wieviele Lizenzen sie dadurch in den vergangenen Jahren verkauft haben. [...] Schon bemerkt, dass Epic seit 2001 im Engine-Geschäft davon gezogen ist? Das ist
kein Zufall“, erklärt Wiederhold in seinem langen Beitrag.
Zudem empörend ist der Umstand, dass die Entwicklungsarbeit demnach bereits 2001 mehr oder weniger auf Schleichfahrt umgestellt wurde. Statt aktiv an einer Vollendung des Titels zu arbeiten, soll das Entwicklerteam seit dem ohne jeglichen Druck vornehmlich an der Implementierung und Weiterentwicklung der Engine und somit für den Verkauf von Epic gearbeitet haben.
Die eigentliche Pointe – und hier kommt die Erklärung für die Überschrift „The Chair Story“ – ist laut Wiederhold am Ende des zweiten Meetings zu finden. Hier sollen die Beteiligten aufgefordert worden sein, ihr Einverständnis und Stillschweige-Versprechen abzugeben. Als Wiederhold mit Blick auf die zu diesem Zeitpunkt absehbaren Auswirkungen gezögert haben will, sollen die führenden Köpfe hinter dem Plan aufgesprungen sein, um ihn sodann vom Stuhl zu reißen und diesen zu zerschmettern: „Ich wurde aus dem Stuhl geschmissen und von Mike Wilson und Cliffy B auf den Boden gedrückt [...]. George ging zu meinem Stuhl und schlug ihn auf den Boden, bis die Beine abbrachen. Er nahm lässig eines hoch [...] und begann, es hoch und runter zu werfen. Scott und Mark sprachen abwechselnd auf mich ein und sagten mir, dass ich offensichtlich nicht wisse, wie echte Geschäfte gemacht würden und dass ich nicht herausfinden wolle, warum diese zwei Unternehmen seit den Shareware-Tagen eine so starke Position inne hätten.[...]“ Schlussendlich, so Wiederhold, habe auch er eingewilligt.
Jenseits von normativen Bewertungen zu dem gesamten Vorgang stellt sich natürlich die Frage, inwieweit man es hierbei mit einer authentischen Schilderung zu tun hat. Dafür spricht, dass Wiederhold tatsächlich zum Entwicklerteam gehörte und demnach durchaus bei einem solchen Meeting anwesend war. Zudem scheint der Bericht derart detailliert und bis zum Zusammenbruch der Webseite von 3D Realms gar minutiös bebildert, dass eine gänzliche Fiktion durchaus belletristische Talente erfordert. Betrachtet man außerdem den Inhalt des angeblichen Deals sowie die Vorteile für beide Unternehmen, so kann man eine gewisse Logik nicht per se verneinen.
Auf der anderen Seite sorgt gerade der gewalttätige Stuhl-Abschnitt für einen faden Beigeschmack, der aufgrund seiner nahezu mafiösen Anmutung am tatsächlichen Wahrheitsgehalt des Berichts zweifeln lässt. Da sich der beschriebene Hergang nicht ohne Weiteres verifizieren lässt, wird es wohl zumindest vorerst keine definitive Erklärung für das Phänomen „Duke Nukem Forever“ geben.