Was genau meint man mit "Fachkräften" wenn von Fachkräftemangel die Rede ist?

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Peter_2498

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Ich höre diesen Begriff gefühlt ständig irgendwo aber mir scheint als würde nicht jeder das Gleiche darunter verstehen. In meinem Bekanntenkreis höre ich oft etwas in folgende Richtung:

Fachkräftemangel -> Akademikermangel ("Studiere IRGENDWAS und du wirst ohne großen Aufwand einen Job finden bei dem du gut bezahlt wirst.")


Auf Reddit und in YouTube-Kommentaren habe ich ziemlich oft auch etwas in folgende Richtung gelesen:

"Den Fachkräftemangel gibt es nicht, es gibt nur einen Mangel an Arbeitern, die sich ausbeuten lassen wollen"


Ich glaube mittlerweile, dass mit "Fachkraft" jemand mit viel Berufserfahrung in seinem Arbeitsgebiet gemeint ist unabhängig davon was er genau macht. Also nicht der Informatiker/Ingenieur frisch von der Uni oder der Schreiner kurz nach Beendigung der Ausbildung sondern Leute die in ihrem Gebiet schon jahrelang aktiv sind quasi "Profis" in ihrem Gebiet.

Wie würdet ihr jemandem den Fachkräftemangel erklären?
 
Alle die fürs Grobe sich nicht zu schade sind. Elektriker, Bäcker,Metzger, Hoch-Tiefbau, Straßenbauer, Heizungsbauer,
Ich hab' sicher welche ausgelassen, natürlich Krankenpfleger und Schwestern.
Ups, natürlich laut Lesch&Co selbstverständlich Kranführer.
 
Peter_2498 schrieb:
Wie würdet ihr jemandem den Fachkräftemangel erklären?
Dadurch das wir vor 15-20 Jahren angefangen haben alle Berufe umzubenennen kommt der Ausdruck "Fachkräfte"mangel immer öfter durch.
Bürofachkraft, Restaurantfachkraft, Fachkraft im XYZ
Früher haben wir halt einfach auch Berufe gehabt wo du ohne Berufserfahrung locker ein Lebenlang arbeiten konntest.
Es ist also egal wie wir das Problem nennen. Es wird Personal gesucht. Ob das eine Fachkraft ist ("gelernt") oder eine fremde ich egal.
 
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Es gibt meiner Ansicht nach zwei Fachkräftemangel gleichzeitig.

1. Den wirklichen Fachkräftemangel, wenn man spezialisierte Experten sucht, auch wenn man gut zahlt.
2. Den Mangel an Leuten die für 9€ die Stunde zuverlässig egal was machen. Davon kann man nie genug haben. Deswegen der Mangel.

Und den Mangel an 2. merkt man aktuell. Für diese Leute lohnt es sich nämlich nicjt mehr morgens auszustehen. Als Arbeitsloser ist man finanziell und zeitlich besser dran.
 
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2. merkt man vor allem daran, dass immer mehr Polen lieber in Polen arbeiten und selbst die Rumänen nicht mehr in Massen herkommen um ein halbes Jahr zu kellnern und dann übern Winter nach Hause geschickt zu werden.

Es wird in deren Heimatländern immer annehmbarer bezahlt, während die Löhne in Mitteleuropa eher stagnieren.

1. gibt es eigentlich nicht, wenn man wirklich gut zahlt. Wirklich gut ist halt Ansichtssache - man konkurriert hier international und US Unternehmen zu überbieten ist schwer. Gleichzeitig bilden immer weniger diese Experten auch selber aus.
 
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Peter_2498 schrieb:
Wie würdet ihr jemandem den Fachkräftemangel erklären?
Allgemien allenfalls als das Fehlen von entsprechend ausgebildeten Personen, die bereit sind zum gebotenen Lohn/Gehalt und den übrigen Bedingungen am Firmenstandort zu arbeiten.

In der IT ist der Mangel meist hausgemacht, da viele Firmen noch nicht erkannt haben, dass sie für gute Mitarbeiter auch entsprechendes bieten müssen. Da die Projekte aber meist mit Freiberuflern gestemmt werden können, wenn die Firma sie trotzdem durchführen will, liegt der Mangel nur sehr selten an wirklich fehlenden Fachkräften in D.

Im Handwerk ist der Fachkräftemangel für mich aber rein bezogen auf die Anzahl an entsprechend ausgebildeten Mitarbeitenden. Das mag zwar auch am Lohn liegen, dann aber nicht am individuellen Betrieb. Genauso sind dort Arbeitsbedingungn oft an den Berufszweig gebunden und können nur schwer vom einzelnen Betrieb geändert werden.

hallo7 schrieb:
1. gibt es eigentlich nicht, wenn man wirklich gut zahlt. Wirklich gut ist halt Ansichtssache - man konkurriert hier international und US Unternehmen zu überbieten ist schwer.
Wo Handwerksbetriebe in D mit US Unternehmen konkurieren, erschließt sich mir nicht. Und ob es für diverse Ausbildungsberufe im Handwerk mehr Azubis (und damit dann ausgebildete Fachkräfte) geben würde, wenn man ihnen nach Ende der Ausbildung nur ein entsprechend hohes Gehlt zahlen würde, möchte ich auch bezweifeln.
 
Was ich so feststelle ist, dass es im Bereich Erzieher / soziale Arbeit einfach mehr Stellen gibt als ausgebildete Fachkräfte, Einrichtungen suchen händeringend Leute. Passend dazu ist dann, dass gelernte ausländische Fachkräfte (auch mit Studium und Berufserfahrung) dann hier als Ungelernte eingesetzt werden, genauso eingestuft wie zum Beispiel ein Bauarbeiter (nichts gegen den Beruf, er steht nur als Beispiel).
 
Ich hatte auch irgendwo gesehen/gelesen, dass wenn auf eine Stelle "nur" 10 oder 20 Bewerbungen eingangen sind, so spricht man auch von einem "Fachkräftemangel"
 
hallo7 schrieb:
1. gibt es eigentlich nicht, wenn man wirklich gut zahlt.
Doch, gibt es in einigen Bereichen schon, zumindest bei mir in der Krankenpflege.

War in den letzten Jahrzehnten schon absehbar, da zunehmend private Anbieter wie Helios oder Asklepios Kliniken eröffnet oder übernommen haben, gleichzeitig aber kein Personal ausgebildet haben, den dabei zahlt man erstmal drauf.

Dazu so Geschichten wie Pflegepersonal Untergrenzen und Verschiebung in ambulante Bereiche, weil der Anteil der hilfsbedürftigen Menschen auch aufgrund der demografischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte weiter zunimmt.

Die unattraktiven Arbeitsbedingungen sorgen dann auch eher dafür, das nach einigen Jahren das Berufsfeld gewechselt oder die Stelle reduziert wird.
 
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Für mich ist der ausgerufene Fachkräftemangel auch eine Blendung der Arbeitgeber. Es gibt schlicht zu wenig Bewerber auf eine Stelle, sodass sich der AG das Sahnestückchen raussuchen kann das es am Besten noch für knapp über Mindestlohn macht.

Teilweise habe ich das Gefühl, dass man auch nichts mehr in die Mitarbeiter investieren möchte. Sollen am liebsten schon Top ausgebildet kommen und sofort produktiv und gewinnbringend sein.

Gaugaumera schrieb:
2. Den Mangel an Leuten die für 9€ die Stunde zuverlässig egal was machen. Davon kann man nie genug haben. Deswegen der Mangel.
Das ist für mich der "Fachkräftemangel", den man in Funk und Medien propagiert bekommt.
 
gymfan schrieb:
Und ob es für diverse Ausbildungsberufe im Handwerk mehr Azubis (und damit dann ausgebildete Fachkräfte) geben würde, wenn man ihnen nach Ende der Ausbildung nur ein entsprechend hohes Gehlt zahlen würde, möchte ich auch bezweifeln.
Warum machen sich so viele Handwerker selbstständig? Weil der Chef in vielen Fällen absahnt und seine Arbeiter mit 14-18€ die Stunde abspeist. Branchenweit.
Zahle im Handwerk halt 35€ die Stunde. Dir wird die Bude vor lauter Arbeitswilligen eingerannt werden. Azubis die gut verdienen wollen inklusive.

Hatecore schrieb:
Was ich so feststelle ist, dass es im Bereich Erzieher / soziale Arbeit einfach mehr Stellen gibt als ausgebildete Fachkräfte, Einrichtungen suchen händeringend Leute
Liegt daran dass die Ausbildung im Sozialen Bereich nicht vergütet wird. Sondern Geld kostet.
Kann sich im Azubi Alter halt kaum einer leisten das zu lernen wenn er nicht von daheim Unterstützt wird.
Hier müsste der Staat zumindest die Schulgebühren übernehmen. Aber meckern und Fachkräftemangel schreien ist halt einfacher
 
Gaugaumera schrieb:
Ausbildung im Sozialen Bereich nicht vergütet wird
Stimmt pauschal so jetzt nicht, Krankenpflege wird in der Ausbildung sogar relativ gut bezahlt, Physiotheraphie zahlt man dafür teilweise drauf.

Hängt sehr stark von Beruf ab.

Eine ehemalige Kollegin von mir war in ersten Werdegang Diplom Sozialarbeiterin, die erzählte, dass sie bei ihrer Stelle mit schwer erziehbaren Jugendlichen weniger verdient hat als mit ihrer späteren Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpflegerin mit ständiger Wechselschichtzulage.
 
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Krankenpfleger mit vielen Schichten liegen in meiner Gegend so bei bis zu 4k brutto
da ist aber viel Nachtdienst und Wochenende angesagt.

Örtlicher Elektriker findet keine Leute die man brauchen kann, zahlt aber 2,6k brutto :D
 
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Gaugaumera schrieb:
Liegt daran dass die Ausbildung im Sozialen Bereich nicht vergütet wird. Sondern Geld kostet.
Kann sich im Azubi Alter halt kaum einer leisten das zu lernen wenn er nicht von daheim Unterstützt wird.
Hier müsste der Staat zumindest die Schulgebühren übernehmen. Aber meckern und Fachkräftemangel schreien ist halt einfacher

Da stimme ich dir zu, viele der Probleme sind hausgemacht, sei es über die falsche Steuerung in den Schulen (nicht ausbildungsfähig oder nicht studienfähig fallen oft) und dann sind viele Berufe schlicht nicht attraktiv genug gestaltet, dass beginnt bei der Ausbildung und deren Vergütung und geht bis zu Stellenschlüsseln die ein Witz sind bis ins weitere Berufsleben.

Ich arbeite derzeit in einer Jugendgruppe mit relativ normalen Arbeitszeiten, als ich in einer anderen Gruppe ausgeholfen habe, habe ich den Nacht- und Wochenenddienstzuschlag bekommen. 50 € brutto, wenn das kein Grund ist zu schlechteren Bedingungen zu arbeiten was dann? :D
 
Hatecore schrieb:
Was ich so feststelle ist, dass es im Bereich Erzieher / soziale Arbeit einfach mehr Stellen gibt als ausgebildete Fachkräfte.

Wobei man als Erzieher wohl keine sonderlich große Ausbildung benötigt. Wenn man sich so umsieht, wer alles den Beruf des Erziehers ausübt, scheint dies echt oftmals die Resterampe zu sein, die sonst nirgends Fuß fassen konnte. Die Arbeitsbedingungen in diesem Bereich sind immer wieder (im positiven) erstaunlich.
 
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Es gibt ausreichend Erzieher... Aber wer nicht an einem selbstausbeuterischen Helfersyndrom leidet, sieht zu nach einigen Jahren eine andere Stelle zu bekommen.
 
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Peter_2498 schrieb:
...
Fachkräftemangel -> Akademikermangel ...
...
"Den Fachkräftemangel gibt es nicht, es gibt nur einen Mangel an Arbeitern, die sich ausbeuten lassen wollen"
...

Beides halte ich für falsch: Fachkräfte sind nicht unbedingt Akademiker und es geht nicht um Leute die fehlen für die Ausbeutung.

Worum es geht (imo) - Fachkräfte sind Menschen mit einem Berufsschulabschluss (Facharbeiter) oder mit einem abgeschlossenem Studium. Und in vielen Branchen fehlen diese Menschen.

In vielen Branchen gibt es mehr Stellen als Bewerber bzw. teilweise keine Bewerber, z.B. bei den Pflegediensten. Das kann die Altenpflegerin sein, dass können auch Physio-/Ergo, Psychotherapeuten sind, die man nicht findet oder deren Terminplan so voll ist, dass sie keine neuen Patienten aufnehmen oder in Kürze einen Termin frei haben.
Das ist das Handwerk, dass in manchen Regionen keine Bewerber für offene Stellen findet und die ausgebildeten Leute sofort eine andere Stelle annehmen, weil jemand mehr bezahlt. Und selber mehr bezahlen ist je nach region oder Geschäftserfolg evtl. nicht möglich.

Es geht imo nicht um die ungelernten Arbeitskräfte auf dem Acker oder beim Regale einräumen, das sind keine Fachkräfte, das sind Arbeitskräfte (diesen Unterschied sollte man machen). Und der Mindestlohn verhindert ja eine Ausbeutung, ansonsten sprechen wir von kriminellen Machenschaften, die mal außen vorgelassen.

Einen Fachkräftemangel gibt es, in vielen Branchen und auch in gut bezahlten. Und Einzelbeispiele belegen noch keinen Gegentrend oder Trend.
 
Fu Manchu schrieb:
Und selber mehr bezahlen ist je nach region oder Geschäftserfolg evtl. nicht möglich.

Dann ist mein Geschäftsmodell gescheitert und ich muss zusperren. Viele wollen das aber nicht sehen. Das fängt beim Handwerker an und geht bis zum kleinen Gasthaus.
 
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vaju schrieb:
Wobei man als Erzieher wohl keine sonderlich große Ausbildung benötigt. Wenn man sich so umsieht, wer alles den Beruf des Erziehers ausübt, scheint dies echt oftmals die Resterampe zu sein, die sonst nirgends Fuß fassen konnte. Die Arbeitsbedingungen in diesem Bereich sind immer wieder (im positiven) erstaunlich.
Dann erprobe dich an der 3 Jährigen Ausbildung bei Kleinkindern bis zu Jugendlichen, viel Spaß dabei.

Danach kannst du dich zum Beispiel daran erfreuen in einer Kita für 9 Kinder verantwortlich zu sein (natürlich nur wenn alle Mitarbeiter da sind) und für jedes Kind einen individuellen Plan zur Förderung zu erstellen, durchzuführen und zu dokumentieren. Mehr werde ich nicht ins Detail gehen da dies den Rahmen des Themas sprengen würde.

Gutes Beispiel für die Würdigung einer Profession. :freak:
 
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Zum Eingangspost: Wie fast immer lohnt es sich, einfach mal in der Wikipedia nachzuschauen. Damit wäre die eigentliche Frage zur Bedeutung des Wortes "Fachkräftemangel" dann auch schon geklärt.

Gaugaumera schrieb:
Liegt daran dass die Ausbildung im Sozialen Bereich nicht vergütet wird. Sondern Geld kostet.
Kann sich im Azubi Alter halt kaum einer leisten das zu lernen wenn er nicht von daheim Unterstützt wird.
Hier müsste der Staat zumindest die Schulgebühren übernehmen. Aber meckern und Fachkräftemangel schreien ist halt einfacher
Bei den Erziehern, von denen die Rede war, tut sich doch etwas: In fast jedem Bundesland ist mittlerweile eine sogenannte praxisintegrierte Ausbildung (PiA) möglich, da bekommt man eine Ausbildungsvergütung.
 
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