Ich möchte darauf hinweisen, dass der Papst das Oberhaupt
aller Katholiken ist – weltweit. Nun sind die Entwicklungen hinsichtlich der Rolle der Frau oder der Sexualmoral usw. längst nicht überall gleich.
Die deutsche Elterngeneration der 1950er-Jahre hätte vermutlich die Hände über den Kopf zusammengeschlagen, wenn sie mit unserem heutigen Leben konfrontiert worden wäre. Dieser Kulturschock existiert immer noch in anderen Ländern, dafür muss man nicht einmal in die arabische Welt gehen.
Wenn die Deutschen oder die Europäer nun Reformen einfordern, seien es Mädchen als Messdiener, weibliche Priester und Bischöfe und viele Dinge mehr, dann mögen diese Punkte aus unserer Sicht eine Selbstverständlichkeit sein. Woanders sind sie das aber nicht.
Der Vatikan muss diese Spannungen berücksichtigen und kann nicht einfach den „fortschrittlichen“ Europäern Privilegien einräumen, die bei anderen Katholiken auf Unverständnis stoßen würden. Ganz unabhängig davon stellt sich die Frage, ob die Amtskirche überhaupt ein Interesse daran hätte, bestimmte Veränderungen hinzunehmen.
Wenn wir z. B. ein „Recht auf Abtreibung“ beanspruchen, dann ist das nun einmal nicht mit dem Gebot „Du sollst nicht töten“ vereinbar. Das Strafgesetzbuch mag das in bestimmten Fällen nicht ahnden, aber der Sachverhalt bleibt bestehen. Deshalb ist so ein Punkt mit der Kirche nicht verhandelbar.
Zweitens will ich Odium (#190) antworten und einen Beleg dafür anführen, warum der Wirkungsgrad oder die Berechtigung der Kirche keineswegs eine Frage der Masse sein muss. Im reichen Singapur (4,5 Mio. Einwohner) leben nur 4 Prozent Katholiken. „Acht von zehn Katholiken des Inselstaates sagten, die Messe jeden Sonntag zu besuchen.“
Quelle:
http://www.kreuz.net/article.7293.html
Dann wurde an einer Stelle argumentiert: „Ich brauche für meinen Glauben keine Kirche.“ Der Kirchenbesuch soll die Gemeinschaft der Gläubigen erfahrbar machen. Das ist einer der zentralen Aspekte. Außerdem hört man dort das „Wort Gottes“ und lässt es sich von den Gelehrten erklären. In allen anderen Fragen geht man ja auch zum Fachmann (z. B. für Computerfragen zu Computerbase.de). Warum sollte das nicht auch für den Glauben gelten?
Die Bibel wurde sicher auch für Leute geschrieben, die nicht lesen können. Die konnten die Bibel dann zwar nicht selbst lesen, aber die Texte sind ja nicht hoch philosophisch und abstrakt, sondern ausdrücklich bildgewaltig. Ich denke, deshalb haben wir als Otto Normalverbraucher auch so große Schwierigkeiten, die Texte richtig zu interpretieren. Denn unsere Sprache funktioniert heute anders. Die Kirche dagegen hat sich seit 2.000 Jahren mit diesen Texten beschäftigt und ist am ehesten in der Lage, sie zu erklären.
Schließlich habe ich noch eine lesenswerte Interpretation von Zahlen zur „religiösen Landkarte Deutschlands“ aus katholischer Sicht.
http://www.franz-hitze-haus.de/pdf/sozsem0104.pdf