Bei so viel verletzten Gefühlen und den Versuch dem mit Worten wie Fanatismus (und dann gleich angedeutet Terrorismus), missionarischer Eifer, usw. entgegenzuwirken, es ist ein Wunder, dass der Thread noch nicht im wüsten Streit ausgeartet ist.
Obwohl klar sein sollte, dass schon im Ausdruck Zurückhaltung geboten ist, werden hier sorglos Worten benutzt, die in diesem Zusammenhang nach einer Erklärung gerade schreien.
Glauben ("ich glaube") wurde bereits erwähnt. "Ich glaube, dass..." bedeutet bloß "ich bin der Meinung, dass...". "Ich glaube dir." ist eine Vertrauenserklärung; die Darstellung von Etwas wird als wahr und real angenommen. "Ich glaube an Gott" ist eine persönliche Überzeugung, dass es über den Menschen eine höhere Macht gibt, in welcher Form auch immer. Es ist auch die korrekte Form der Aussage, die einzige, die eindeutig ist. Das zeugt nicht von Existenz Gottes. Die Ausdrücke: "Ich weiß, dass es Gott gibt" oder "Gott existiert" spielen öffentlich keine Rolle, sie sind lediglich als Ausdrücke einer persönlichen Überzeugung zu verstehen.
Das kann man daran festmachen, dass z. B. Existenz Gottes nicht als Grund für irgendwelche Handlungen vors Gericht gilt. Anderswo, wie in Geschäft oder sogar in der Familie auch nicht. Der Papst selbst – alle Kirchenleute übrigens auch – begründet ihre Sachen auch nicht mit der Existenz Gottes, sondern mit menschlichen Gründen und logischen Begriffen. Auch in der Politik wird nicht mit Gott argumentiert, sondern auf die Seite der Herrschaft mit Macht und auf die Seite der Untertanen mit Moral.
Wie dieses Missverständnis funktioniert kann man hier sehen:
Post #206.
ich verurteile niemanden ! aber gott und glauben sind erfindungen von menschen und somit schon mal grundsätzlich falsch.
1. nicht verurteilen: was er behauptet geht nicht in sein Urteil über andere, er will die anderen Meinungen stehen lassen – mindestens zuerst.
2. Erfindungen: er meint
Erdachtes oder
Einbildung
3. grundsätzlich: er meint
für die reale Welt
4. falsch: Von Falsch und Wahr ist hier gar nicht die Rede, er meint
nicht tatsächlich existierend
Na ja, alles in allem eine ziemlich schlecht ausgedruckte Meinung.
So viel Widerspruch in 2 kurzen Sätzen. Selten erlebt ... Du verurteilst niemanden, stellst stempelst dann aber den Glauben von Milliarden von Menschen als falsch ab. [...] ist die Schlussfolgerung deinerseits dumm, unnütz und schlichtweg falsch
Hier wird mit Falsch und Wahr weiter gemacht, als ginge nicht um den Glaube, sondern um wissenschaftliche Erkenntnisse. Und, wenn es darum ginge, gäbe es nicht
stellen als,
stempeln als,
verurteilen oder
beleidigen wie bei den Muslimen, sondern Streit um eine Sache, die allen Beteiligten vorstellig ist. Was hier offensichtlich nicht der Fall ist.
Der Glaube und der Gott sind nicht wahr oder falsch, sondern wird daran geglaubt oder nicht geglaubt. Nichts weiter.
Wie keschkau auch gemerkt hat, spielen die Gläubigen und die Nichtgläubigen in zwei verschieden Ligen.
Aber dann die Sache mit der Brauchbarkeit der Kirche(n): Heutzutage wird sowieso alles ausschließlich von der Brauchbarkeit her gedacht. Was das Ding ist, ist egal. Kein Mensch fragt sich, was das ist. Wenn es nützlich ist, ist OK. Dann überlegt man sich, wie nützlich das Ding auch vor Tausenden von Jahren gewesen sein müsste. Vorbei schon von vornherein schon klar sein sollte, etwas, was Heute noch so nützlich ist, muss damals genau so nützlich gewesen sein.
Und das stimmt sogar. Für die Herrschaftsverhältnisse war diese Selbstunterwerfung der Menschen unter einer höheren Macht eine sehr willkommene und nützliche Einbildung. Egal wie sie zustande gekommen war, hat die Herrschaft sie ausgenutzt. Der Grund: Die höhere Macht war nur ideell, die Wirkung – die freie Bereitschaft zur Selbstunterwerfung – konnte die weltliche Macht für sich in Anspruch nehmen, weil diese Bereitschaft ganz und gar real war.