Skoll schrieb:
Es wird reagiert, aber ich bezweifle, dass darüberhinaus irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden, um diesen Mitgliederschwund aufzuhalten.
Diese Reaktionen scheinen nötig zu sein, weil den niedrigeren Einnahmen konstant hohe oder höhere Kosten gegenüberstehen. Die Kirche betreibt ja auch noch Kindergärten und andere Einrichtungen, die finanziert werden müssen.
Ich sehe das als problematisch an, wenn ich beispielsweise an viele alte Leute denke, die Probleme haben, den Weg zur Kirche zurückzulegen. Wenn diese Kirchgänger nun auf eine Kirche in der Nachbargemeinde ausweichen müssen, könnte das für sie zu einem Problem werden. Damit trifft man die Stammkundschaft am härtesten.
Skoll schrieb:
Und pure Mitgliederzahlen sagen gar nichts aus, erst recht nicht in Sachen Religion. Viele Menschen sind absolut unreligiös, scheuen aber noch immer einen Kirchenaustritt oder finden es peinlich, nur wegen einer Heirat wieder einzutreten, um zwei Monate danach wieder auszutreten.
Eine Arbeitskollegin von mir ist vor ein paar Jahren ebenfalls ausgetreten. Mittlerweile hat sie eine schulpflichtige Tochter und sie ist (vor allem wegen ihr) wieder eingetreten.
Ich denke, dass die Rolle der Kirche (in Deutschland) gerne unterschätzt wird. Natürlich kann ich gut nachvollziehen, wenn Jugendliche am Samstagabend in die Disco gehen und am Sonntag erst zum Mittagessen aufstehen. Da passt ein Besuch der Messe überhaupt nicht in den Tagesablauf. Und auf die Vorabendmesse am Samstagabend wird auch nicht ausgewichen, weil man wieder etwas anderes zu tun hat.
Trotzdem ist das christliche Gedankengut tief verankert. Das sieht man an den kirchlichen Trauungen, an Ostern und an Weihnachten. Es schlägt sich weiterhin in der Gesetzgebung wieder (kirchliche Feiertage, keine Tanzveranstaltungen an Karfreitag).
Würde man die kirchlich-religiösen Aspekte aus unserem Alltag mit aller Konsequenz ausklammern (als hätte es die Kirche nie gegeben), dann wäre die Welt sicher eine andere. Das christliche Gedankengut ist tief verwurzelt, sei es auch nur in solchen Aussprüchen wie „Um Himmels willen“ oder „Fahr zur Hölle“ oder „Gott sei Dank“. In anderen Kulturkreisen mit anderen Religionen ist das nicht anders. Auch dort prägt die Religion das Leben mit.
Außerdem glaube ich, dass ein weitgehend religionsloses Leben eine „Erfindung“ der westeuropäischen Gesellschaften ist. Auch wenn es immer Atheisten oder weniger religiöse Menschen gegeben hat, so ist die Säkularisierung nirgendwo so weit fortgeschritten wie in Westeuropa. Aber selbst in Deutschland wurde sie nie vollständig umgesetzt (Artikel 7, Absatz 3 GG).
In anderen Gegenden der Welt, ob in Südamerika, Afrika oder Asien, käme man überhaupt nicht auf die Idee, die von Odium aufgeworfene Frage zu stellen, weil dort die Religion nicht selten ein zentraler Bestandteil des Lebens ist, so wie das Essen und der Schlaf.
Nur in Europa, und dort auch nicht überall, hat sich bei den (materiell verwöhnten) Menschen in einem größeren Maße die Auffassung durchgesetzt, Religion sei Unsinn oder unnütz. Ob das stimmt oder nicht, sei dahingestellt. Mir fällt nur auf, dass die „Kirchengegner“ hier eine Sonderrolle einnehmen, die woanders nicht zu beobachten ist.
sturme schrieb:
Im Gegenteil, durch die Einführung einer höheren Macht und dem „Schicksal“ nehmen sich die Menschen selbst aus der Verantwortung.
Das Gegenteil ist der Fall. Die christliche Religion baut nicht darauf auf, dass Dein Schicksal von vornherein feststeht. Sie beruht auf dem freien Willen, das heißt, dass Du ganz allein für Dein Schicksal verantwortlich bist, weil Du Deine Entscheidungen selbst triffst.