Ich hatte seinerzeit das unglaubliche Glück, WOW noch vor dem Release in der amerikanischen "open beta" spielen zu dürfen(limitiert auf 10.000 Accounts weltweit). Ein Freund von mir, ein unglaublicher MMORPG(Everquest)-Fan wusste von WOW schon viel länger als ich und ich, eigentlich TFT, also RTS-Fan, hab mich halt zusammen mit ihm angemeldet. Ich bekam einen Platz, er nicht. So ist das Leben.
Ich durfte also vom 1.10.2004 bis zum, 14.10.2004 das Spiel antesten, wobei das Herunterladen schon vier Tage dauerte(~4GB bei 768kbit/s)...lief damals über einen Peer-to-peer-Client von Blizzard. Dafür lief das Spiel dann, obwohl mein Server/Realm in den USA stand, sehr gut und flüssig(im Prinzip besser, als am Anfang nach dem Release, als die Infrastruktur noch nicht passte). Ich hatte einen Nachtelf-Druiden, was ich dann ab Februar 2005 auch nach dem Release fortführte.
Ich war extrem begeistert von der fesselnden Grafik und dem Sound in der endlos großen Welt. Steuerung lief mehr oder weniger intuitiv von Anfang an einfach(wohl dank der Tooltips)...ohne dass ich eines Handbuchs oder einer Erklärung bedurft hätte...und das, obwohl ich davor noch nie ein MMORPG gespielt habe. Die Community war sofort klasse. Ich erinnere mich an einige Freundschaften, die ich dort sofort geknüpft habe(per Chat, was anderes gab es nicht), unter anderem an eine nette Nachtelfen-Priesterin(keine Ahnung ob sie auch im RL weiblich war) aus New York, mit der ich praktisch bis etwa Level 20 durchgespielt habe. Alleine war es auch für den dual geskillten Druiden einfach schwer in Vanilla...da war die Priesterin(damals eine reine Heiler-Klasse) Gold wert. Leider habe ich nach der open beta den Kontakt zu diesen Leuten verloren.
Was ich noch weiß, ist, dass ich am Ende versucht habe, noch Stormwind zu erreichen, das ich mir mal ansehen wollte. Leider war die open beta auf einen Charakter begrenzt, weshalb ich es zu Fuß schaffen musste. Also schnell an Crossroads vorbei(hier fanden täglich immer extreme PvP-Battles statt - wie dann nach dem Release auch; hatte zwar PvE angemeldet, aber Brachland war Umkämpftes Territorium, also automatisch auf PVP gesetzt. BG gab es ja noch nicht). Dann über Theramore nach Menethil, das dauerte Stunden, um nicht zu sagen 1-2 Tage. Es gab ja keine Mounts, ständig irgendwo Mobs, die einen wegen des höheren Levels abfingen, stunnten...also mühsam runterkämpfen - dann warten bis das Mana wieder da war...Tränke waren selten...; das ganze war auch nötig, denn ich war Level 22 oder so und die Mobs 26(skalierten noch nicht, sondern war an die Zone gebunden), und ich hatte eine riesige Aggro Range und lockte Mobs, obwohl ich mich auf den Wegen hielt. Alleine Reisen war wirklich gefährlich in diesen finsteren Zeiten!
Da auch in den Flussmarschen die Spinnen mit ihrem Level 26-28 unpassierbar waren, war der Gedanke, doch nach Sturmwind zu schwimmen. Einige Klassenquests hatte ich schon, also Bär und Katze konnte ich schon werden, Reisegestalt gabs noch nicht und wäre sowieso erst ab Level 40 und Schwimmgestalt gabs so glaube ich auch noch nicht. Abgesehen davon, dass die Verwandlung ein Zauber war, der Ressourcen benötigte...die man nur in den Städten bekam...und da wollte ich ja hin...
Jedenfalls erinnere ich mich noch, dass ich Sturmwind dann zumindest von hinten über eine unüberwindliche Bergkuppe gesehen habe. Also etwa von dort, wo heute der Hafen ist. Die Kirch- und Burgtürme. Dort war übrigens damals schon eine kleine Fischerhütte(die einzige auf dem langen Weg), allerdings hatte sie keine Funktion und auch kein Personal...aber irgendwie hatte mich deswegen seit der Beta schon der Gedanke begleitet, dass Sturmwind wohl noch einen Hafen braucht. Ich weiß nicht, ob ich der einzige Mensch auf der Welt bin, der da jemals dort war...denn das Schwimmen hat damals echt über 2 Stunden gedauert(ja, die Welt war nicht nur gefühlt größer) und war...ziemlich öde - also zumindest dieser Schwimm-Marathon, aber mehr war in den verbleibenden Stunden eh nicht mehr zu erreichen...man musste aber an der Tastatur bleiben, weil der Slot zwischen Berg/Küste und Erschöpfungszone praktisch nicht existent war und man immer mal wieder an den Berg ran springen musste, um den Balken wieder aufzuladen
Ich habe dann zum Ende von Vanilla aufgehört und mein Dauerabo nicht verlängert. Das hatte verschiedene Gründe, aber ich weiß, dass einer davon war, dass die Dropraten echt elendig klein waren. Ich kann mich erinnern, dass ich trotz extremem Raid- und Dungeonspiel(ging damals noch nicht per Knopfdruck, da musste man im Chat z.B. in SW oder IF suchen...auch Gilden gabs noch nicht, wenn ich recht erinnere) noch immer nicht das komplette T3-Set hatte(Brust und die imposanten Schultern fehlten noch...fehlen immer noch, denn der Char liegt seither unangetastet auf dem Realm). Ich bin dann abgesehen von einigen "kehre für eine Woche zurück"-Promos bei Cata und LK bis Draenor nicht mehr dabei gewesen. Der Gedanke an eigene Basen weckte aber mein RTS-Gen wieder und das wollte ich mir natürlich ansehen, Legion und BfA hab ich mir die CE dann auch noch geholt aber nur sporadisch gespielt.
Ich war auch da wieder überwältigt, weil sich doch so viel (meist) zum Guten geändert hatte. Zu bedauern ist aber auf jeden Fall, dass die Communtiy, die es zu "Vanilla"-Zeiten gab futsch ist und nie mehr wieder kommen wird! Was meines Erachtens nach auch mit solchen Details zusammenhängt, wie dem Dungeonfinder, mit dem man problemlos von 0-120 leveln kann, ohne den Ingame-Chat auch ein einziges Mal nur angesehen zu haben. Andererseits ist der Dungeonfinder auch eine Komfortfunktion, auf die man, wenn man ehrlich ist, eigentlich nicht mehr wirklich verzichten will. Es hängt aber auch damit zusammen, dass die "News" damals im Game-Chat ausgetauscht wurden und nicht über irgendwelche (teils kommerziellen) Fanpages mit ihren How To's, Videos und Erklärungen: die gab es schlicht noch nicht und man musste die Welt ingame gemeinsam entdecken.
Alles in Allem ist das Spiel für mich einzigartig, weil es meines Wissens nach die einzige Applikation/Software ist, die es geschafft hat, 15 Jahre ununterbrochen von unzähligen Usern genutzt zu werden und dabei großteils unverändert zu bleiben. Andere Spiele(und Software auch), selbst die "Blockbuster", sind nach 2-3 Jahren wieder völlig out...und keiner ist mehr auf den Servern zu finden oder man muss die neue Version kaufen(fraglich, ob Mircosoft, Adobe und wer auch immer sich das Abo-Modell nicht sogar von Blizzard abgekuckt haben). Klar sind die Nutzerzahlen heute deutlich niedriger, als zu den Bestzeiten in Vanilla, wo es meines Wissens nach alleine in Europa mal mehr als 20 Millionen Abonnenten waren. Das war übrigens mehr, als "Wetten Dass" (die meistgesehene europäische Fernsehsendung) jemals an Zuschauern hatte. Allerdings gibt es für mich als "Nutzer der ersten Stunde" durchaus eine Vielzahl an Kritikpunkten. Aber das würde hier jetzt zu weit führen.
Ich habe Classic momentan noch nicht ausprobiert, aber da ich auf einem alten Rechner noch eine Classic-Installation rumfliegen habe, könnte ich ja mal versuchen, diese auszuprobieren
Scherz beiseite. Ich bin halt auch älter geworden und habe nicht mehr wirklich die Zeit und finde das Abo inzwischen auch zu teuer, für das, was man geboten bekommt. Das mag jetzt komisch klingen, weil es mir jetzt ja eigentlich wurst sein sollte, was es kostet. Trotzdem finde ich, dass man für 12 Euro im Monat zum Beispiel eine Handyflatrate mit vielen RL-Freunden buchen kann, was um einiges mehr wert ist, als irgendwelche T42-Rüstungen zu farmen.
Nachtrag:
@SV3N: Danke für den tollen Beitrag über die Geburtsstunde von WoW und die Erinnerungen, die sich geweckt haben! Der Erscheinungstermin von Reforged ist mir auch neu gewesen.