Mandharb schrieb:
Da bin ich bei dir und das verstehe ich grundsätzlich auch.
.....
Gruß
Danke für deine Aussage - ich bin schon zu lange politisch aktiv, als das ich alles persönlich nehmen würde, von daher gerne raus damit, so lange es sachlich bleibt.
Ich möchte mich dann kurz outen. (auch nachzulesen auf meiner Homepage in der Signatur).
So bin ich Mitglied der Piratenpartei, war dort drei Jahre im Landesvorstand in NRW und Mitarbeiter eines Abgeordneten für Kultur und Medien der Piratenfraktion. Mit einigen Ministern und Europapolitikern bin ich "per Du". Mit Julia Reda habe ich letzte Woche noch bzgl. des Abstimmung sprechen können.
Das sage ich nicht, um "Wahlkampf" zu machen, sondern, damit du und andere meine Aussage ggf. besser / anders bewerten können.
Ich möchte zunächst auf deine drei Punkte eingehen.
Mandharb schrieb:
- 90% der Entscheidungen sind (gefühlt) gegen den kleinen Bürger!
- Vorteile gibt es nur für die "reichen".
- Wahlen ändern nix. Die Politik belügt uns eh. Dazu gerade das aktuelle Beispiel aus Beitrag #51.
In der Politik werden auf all ihren Ebenen sehr viele Entscheidungen getroffen - viele davon betreffen jeden einzelnen.
Die Kommunalpolitik (Gemeinde-/Stadt-/Bezirksräte) trifft entscheidungen, und sorgt dafür, das die Straße vor deiner Tür keine Schlaglöcher hat oder das das Freibad dann doch noch mal für weitere zwei Jahre Finanziert wird.
In Kreistagen wird über den Rückkauf von Energienetzten (Rekommunalisierung) oder den Bau einer Umgehungsstraße gesprochen.
Die Landschaftsverbände beraten über Museen und Kultur.
Landtage üder das Straßennetz, die Energieversorgung Naturschutzgebiete etc.
Und auch, dass der ISS (Raumstation) mehr Geld zum Ausbau, Erhalt und Forschung bewilligt wird, wird im Bundestag geklärt.
Nur um wirklich einen wenig Beispiele zu nennen.
Die Fehlentscheidungen, von denen es nicht nur reichlich, sondern gewiss zu viele gibt, werden aber auch medial bearbeitet. Es wird gerne darüber berichtet - denn hier, und da muss sich jeder an die eigene Nase fassen, lass sich Gut drucken oder Ausstrahlen. Man / jeder regt sich gerne auf, über "die da oben", die mal wieder nichts hinbekommen haben. Und es ist wichtig, meckern und motzen sind die ersten politschen handlungen
Und es spielt dabei keine rolle, ob man sich über die kommunalpolitik aufregt, oder über etwas im EU Parlament.
Du kennst es vielleicht von der Arbeit - wenn du mint Kunden zu tun hast, dann merkt sich dieser immer nur das, was schlecht gelaufen ist. Wenn 90% super sind aber 10% nicht - war es unterm strich dann doch unzureichend.
Von daher - ja - die 90% gegen der Bürger gerichtete Entscheidungen sind subjektiv - aber damit bist du nicht alleine.
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Das es Vorteile nur für die Reichen gäbe... das ist eine sehr komplexe Aussage.
Es gibt mehere Faktoren welche in diese Wahrnehmung reinspielen.
Einerseits - ja, es stimmt. Als Mensch, welcher immer mehr in das politische System aufsteigt / einarbeitet, entfernt sich von Menschen, welche es nicht tun.
Diese Zeilen, welche hier gerade runterschreibe, sind für mich sehr schwer, weil ich versuche, sehr stark zu vereinfachen, und zu kürzen, ohne den Sinn zu verdrehen. Ich habe mich rein von der politischen Kommunikation von den meisten Menschen entfernt. Und auch das sage ich nicht um zu prahlen, sondern ich möchte es versuchen greifbar zu machen. - Auf Infoständen konnten ich den Menschen mit all ihren kleinen Problemen kaum noch zuhören, weil ich eben schon ganz andere Zusammenhänge zu sehen bekam und an deren Lösung mitarbeiten durfte. - Kenn jeder von der IT. Du kennst dich gut aus, kannst Instruktionen in einer CPU erklären, aber dein Nachbar möchte, dass du ihm einfach nur Windows installierst.
- Also Politiker entfernen sich - das stimmt, und wenn politiker schlau sind, dann ist ihnen das bewusst und können damit umgehen und gegensteuern.
Der Soziale Kreis der politischen Entscheidungsträger verändert sich automatisch auch. Man fängt an zu glauben, dass das was man lebt und erlebt die "Lebenrealität" ist. Entscheidungen zugunsten von Besserverdiendnen werden in den meisten Fällen nicht aus "Boshaftigkeit" sondern aufgrund von fehlender Reflektion über die Gesellschaft getroffen.
Des Weiteren gibt es natürlich auch die Subjektive Ansicht der Bürger.
Die Sozialausgaben haben einen riesen Anteil in dem Bundeshaushalt - und Gesetzte wie zum Mindestlohn oder der Mietpreisbrmese sind häufig gute Ansätze, müssen jedoch in der ausführung verbessert werden.
Ich persönlich (und die Piratenpartei) kämpfen für ein BGE (Bedingungsloses Grundeinkommen), aber wir leben aktuell in einer gesellschaft, in der Parteien gewählt werden, welche sagen, sie würden eine Maut für Ausländische Fahrzeuge erheben, weil man ihnen die Kostenlose Nutzung der Straßen nicht "gönnt".
Sprich - die Gesellschaft honoriert soziale und gerechte Politische Ideen und Initativen leider nicht - sondern das "Führen der Harten Hand". (<- Das soziologisch zu erklären, könnte ich einen extra Thread machen ^^)
Zum dritten Punkt.
Wahlen ändern sehr wohl etwas - es ist sogar ein unglaublich effektives Mittel.
Aktuell haben wir auf Bundesebene eine Große Koalition aus CDU, CSU und SPD. Beide Parteien sind in die Bundestagswahl mit einem mehr oder weniger umfangreichen Wahlprogramm gezogen.
Als es nun zu den Koalitionsgesprächen kam, wurden die Punkte aus dem Programm übereinandergelgt, und es wurde sich auf Kompromisse geeinigt. Das Resulatat ist aber, dass jede Partei nun in der Fraktion für "Dinge" kämpft, welche sie ggf. vorher verteufelt haben. Der Kompromiss eine koalitionsvertrags sieht nach außen hin so aus, als würden man die Leute nur hintergehen und im Wahlkampf lügen. - Stimmt zum glück nicht.
Natürlich gibt es auch zweifelhafte Wahlversprechen, aber das bildet häufig die Außnahme.
Dein vierter Punkt:
Die hast aus dem Koalitionsvertrag zitirt in dem sich gegen Uploadfilter ausgesprochen wird.
Die abstimmung findet jedoch auf EU ebene statt, und dort ider der Koalitionsvertrag nicht anzuwenden.
So etwas siehst du auf Landes oder Kommunalebene ständig.
Die Grünen in Hessen, wollen z.B., dass dort Trojaner vom Staat eingesetzt werden dürfen um "Verbrecher" ding fest zu machen. Wogegen es die Grüne im Bundesprogramm eindeutig Ablehnen.
In NRW haben sich die Grünen gegen dne ausstieg von der Braunkohle und gegen die Cannabislegalisierung ausgesprochen.
Das ist scheiße - ist absolut zermürbend und schwächt das vertrauen in die Politik noch weiter.
Die Medien berichten sehr viel über politik, aktuell über Trump und dem Streit der Union. In meinen Bezugsquellen spielt die WM sogar eher eine sekundäre rolle - aber das ist rein subjektiv.
Grundsätzlich Berichten aber (private) Medien das, was die Menschen interessiert.
Wie häufig musste ich schon hier auf Computerbase Kommentare lesen, welche über die Relefanz eines Beitrags philosophierte...
Medien haben nur bis zu einem gewissen Punkt einen bildungsauftrag (wird in den Landesmedienanstalten und den in den dazugehörigen Verträgen geregelt) - alle themen darüber hinaus werden gebracht, wie sie Klicks, Aufflage oder Zuschauerzahlen bringen - Die Menschen müssen Geld verdienen und Reiche Journalisten sind mir selten untergekommen
Du solltest natürlich nicht rechts Wählen. Nehemen wir mal die CSU als beispiel.
Dort ist im Oktober Landtagswahl, und die CSU eifert der AfD in vielen Punkten hinterher. Von wirklich schwachsinnigen Gesetzten, wie Kreuze in öffentlichen Gebäuden etc ... aber auch Grenzkontrollen und Abschiebungen sind Themen der AfD.
Dabei realisiert die CSU nicht, warum die AfD gewählt wird. Das größte Wählerpotential der AfD kommt nach wie vor aus dem Protestwahllager (wie auch einst bei uns, der Piratenpartei). Dort wählen viele die AfD, nicht weil die die unmenschliche Politik ggü den Flüchtlingen befürworten, sondern weil sie die Nase voll haben, wie Politik bisher gelebt wird.
So sagte noch am Freitag letzte woche ein Hocher CSU Politiker, dass man auf die Meinung von 1Mio Münchernern "scheißen" wird, nachdem sie sich gegen eine weitere Startbahn ausgesprochen haben. Das sind die Punkte weswegen die AfD (protest) gewählt wird.
Politik kann frustrierend sein, und ich kann dir sagen, ich kam als informatiker in das System, wollte etwas verändern und habe über viele Jahre sehr viel gelernt, aber auch wie man gewisse hebel (winzig kleine) in bewegung setzten kann. Und es macht mir nach wie vor sehr viel Spaß - vorallem auch mein gelerntes Wissen weiterzugeben ( Hey, Computerbase, braucht ihr noch einen Redakteur für Politik
? ). Aber ich habe akzeptiert, dass es mehr als ein Menschenleben andauern wird, bis die Ziele, für die ich Kämpfe umgesetzt werden :/
Ich schließe jetzt hier, sonst wird der Post zu lang