@.Sentinel. @jonderson
Auf der Softwareseite hat AMD gar keine andere Chance als auf Open Source zu setzen. In den 2010er hat Nvidia sich auf allen Gebieten der GPU-Software einen großen Vorsprung erarbeitet.
Nvidia betrachtet die Software auch als ein Mittel ihre Hardware zu pushen. Das ist vollkommen legitim.
AMD hat wiederholt selbst erklärt, dass sie auf Open Source setzen, weil Nvidia einen zu großen Vorsprung hat, und niemand auf eine geschlossene Lösung von AMD verwenden würde.
Bei FSR vs DLSS ist die Sache ziemlich klar. Nvidia hat auch hier einen Vorsprung und im letzten halben Jahr hat die Unterstützung ziemlich zugenommen. AMD musste hier schnell etwas nachschieben. Aber AMD muss die Spieleentwickler ins Boot bekommen. Also muss AMD es den Spieleentwickler leicht machen und eine möglichst breite Plattform bieten. Aus diesem Grund hat AMD FSR offen gestaltet und es auch auf Nvidia GPUs lauffähig gemacht.
Es kann auch sein, dass bei einem Erfolg von FSR, die Verbreitung von Fidelity FX erheblicht steigt. D .h., dass viele Entwickler neben FSR auch erstmals die anderen Funktionen von Fidelity FX nutzen/unterstützen.
Die Strategie, mit einer properitären API Software und Anwender an die eigene Hardware zu binden, ist uralt. Oft hat es geklappt, oft ist es gescheitert. Auf der anderen Seite nützt eine "offene" API nichts, wenn sie nur von einem Hersteller unterstützt wird.
Ich halte generelle Debatten über pro und kontra Open Source für witzlos. Das Feld von Open Source reicht von sehr erfolgreicher Software bis zum Friedhof für fehlgeschlagene proprietäre Projekte. Man muss es immer am konkreten Beispiel festmachen. Die Diskussion FSR vs DSSL können wir unter dem Aspekt "ist Open Source ein einscheidender Vorteil" erst in ein oder zwei Jahren sinnvoll führen. Jetzt könne wir uns nur Annahmen und Behauptungen um die Ohren hauen. Macht auch Spass, ...
Es gibt viele Konstellationen bei denen Open Source sehr gut funktioniert. Es gibt viele Konstellationen wo es kläglich scheitert. Und dazwischen ist ein weites Feld.
- Viele große Projekte wie z. B. Linux haben einen Stamm von bezahlten Entwicklern. Zusätzlich mischen viele begeisterte Studenten mit. Wenn die Studenten ihr Studium abgeschlossen haben, bleiben die wenigsten im Projekt. Aber sie haben ein dickes Plus im Lebenslauf. Einige dieser Studenten finden einen Job bei Unterstützern des Projekts oder bei Unternehmen, die zulassen einen Teil der Arbeitszeit weiterhin für das Projekt zu investieren.
- Andere Open Source Projekte sind, wenn man genau hinschaut, Kooperationen kleiner Unternehmen. Diese arbeiten gemeinsam an einer Software, die jedes Unternehmen für sich selbst nie erstellen könnte. Die Unternehmen leben dann vom Consulting, von Projekten oder dem Implementieren von Features für zahlende Kunden. Hierunter fallen einige Webframeworks.
- Andere Projekte werden über mehrere Generationen hauptsächlich von Studenten getrieben. Während des Studiums arbeiten sie am Projekt. Sobald sie einen Job haben, fehlt den meisten die Zeit. Das geht so lange gut wie neue Leute nachkommen. Falls das ausbleibt bleibt die Entwicklung stehen. Siehe ArgoUML
- Einige Opensource Projekte sind defakto an zu viel Konkurrenz gescheiterte Softwareprojekte. Die Unternehmen schmeißen ihre Software auf GitHub und versuchen mit dem Konsulting zu leben. Mit ein bisschen Glück steigen ein paar Leute von außen ein. Aber da man jede Menge Geld an Marketing etc. spart, kann das funktionieren. Zope, OTRS?
- Viele kleine Open-Source-Tools sind One-Person-Shows. Nachdem das Tool erstellt wurde, muss nur wenig angepasst werden. Diese Projekte funktionieren und ruhen dann jahrelang, bis eine Anpassung erforderlich ist oder eine neue Funktion eingebaut wird. Auf der anderen Seite können auch solche One-Person-Shows für andere der Startpunkt für eigene Projekte sein.
- ...
Die Probleme von Open Source Projekten können wie erwähnt sein, dass nicht genügend Entwickler nachrücken und das Projekt schließlich einschläft. Es ist auch kein Open Source Projekt, wenn eine Firma die Source für ein gescheitertes Projekt bei GitHub ablädt, und sich niemand um den Code kümmert.
https://www.openhub.net/ ist eine gute Möglichkeit schnell zu checken, wie aktiv verschiedene Projekte weiterentwickelt werden. Die Tools geben einen sehr guten Einblick wie viele Entwickler an einem Projekt arbeiten und auf welchen Schultern das Projekt ruht. Wenn man nur ein Projekt begutachten will, kann man natürlich auch GitHub besuchen.
@jonderson ich finde, die Diskussion welche Open Source Lizenz verwendet wird, ist oft naiv.
Wenn AMD ihr Fidelity FX unter GPL stellen würde, können es keine Gamedeveloper verwenden, die ihre Games verkaufen wollen/müssen.
Das bedeutet für alle Dinge, die abgeschlossen funktionieren passt GPL. Wenn man mit dem Code der Anwender interagiert, muss man überlegen, ob GPL wirklich passt. D. h. ich kann bewusst mit GPL die Optionen für die Anwender einschränken. Und dann ist frei nicht wirklich frei. Und genau deshalb hat Guido van Rossum ganz bewusst nicht die GPL für Python gewählt.
@.Sentinel. Ich denke Du solltest Dir klarmachen, dass die Leute bei Nvidia erheblich mehr Respekt vor Ihrer Konkurrenz bei AMD haben als Du. Die Arbeit anderer Leute zu kritisieren ist immer einfach.
Aber relevant ist die Kritik erst dann, wenn man die Umstände unter denen die Arbeit entstanden ist, kennt und berücksichtigt. Einige Dinge die AMD unternommen hat, haben nicht so funktioniert wie erhofft und wurden von AMD fallengelassen oder nicht weiterverfolgt. Darunter auch HSA. Hier hat AMD 2015 erkannt, dass sie mit Ihren Resourcen auf diesem Weg nicht mit Nvidia mithalten können. Das ist sehr schade, weil damit ein großes Potential der APUs defakto nicht genutzt wird. AMD hat 2015 unter anderem das GPU-Softwareteam umorganisiert und die Weichen weg von HSA auf ROCm gestellt, mit dem klaren Fokus auf HPC. Es war allen Beteiligten klar, dass sie damit Nvidia in vielen Bereichen das Feld überlassen. Aber für AMD war es die Frage überall zu scheitern oder wenigstens in HPC Fuß zu fassen.
Aber das Scheitern von HSA sagt nicht aus, dass die beteiligten Leute nichts können. Für Erfolg oder Misserfolg spielen viele Faktoren rein. Wie realistische oder unrealistische Ziele, offene oder geschlossene Zeitfenster, Konkurrenz, Können bzw. Erfahrung der Beteiligten, verfügbare Ressourcen, ... Die verfügbaren Resourcen waren 2015 bei AMD auf dem Tiefpunkt und die Konkurrenz (Nvidia) hat gut geliefert.
Phil Rogers der AMD Corporate Fellow, der für HSA zuständig war, hat nach der Umorganisation im Jahr 2015 AMD verlassen. Er ging zu Nvidia. Und ist heute noch dort.
@.Sentinel. Ausgaben für Forschung und Entwicklung:
https://www.statista.com/statistics/267873/amds-expenditure-on-research-and-development-since-2001/
https://www.statista.com/statistics/988048/nvidia-research-and-development-expenses/
https://www.statista.com/statistics/263562/intel-expenditure-on-research-and-development-since-2004/
Bei den Zahlen muss man berücksichten:
- AMD CPU + GPU Der Sprung 2007 war der Zukauf von ATI, 2009 wurde die Halbleiterfertigung ausgegliedert (der geringe Rückgang der F&E-Ausgaben spricht Bände). Ab 2010 verschärfte sich die große Krise mit mehreren Entlassungsrunden und Umstrukturierungen. Erst der Erfolg von Zen ab 2017 hat die Krise beendet*. 2015 ging übrigens auch Jim Keller wieder. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte er das CPU-Team neu aufgestellt und dort eine neue Entwicklungsmethologie verankert.
- Nvidia GPU + Networking. Der große Sprung der F&E-Ausgaben von 2020 auf 2021 geht auch auf den Mellanox-Kauf zurück, der am 27. 4 2020 abgeschlossen wurde. Das Nvidia Geschäftsjahr 2021 endete am 31. Januar 2021. Im Geschäftsjahr 2015 hat Nvida ca 80 % Umsatz im GPU-Segment gemacht. Nvidia hat konsequent die F&E-Ausgaben erhöht und sich damit neue Geschäftsfelder erschlossen.
- Intel hat den eindeutigen Schwerpunkt CPU, von dem nach meiner Rechnung ca. 14 Mrd $US der 18,6 Mrd $US Umsatz im Q1 2021 herkommen. Intel hat in den letzten Jahren erheblich in GPUs investiert. Intel hat große F&E-Ausgaben für Halbleiterfertigungstechnologie. Aber die absoluten F&E-Ausgaben sind enorm.
Auch wenn man berücksichtigt, dass Intel und Nvidia auch andere Entwicklungen wie CPU und GPU abdecken, ist klar, dass AMD mit einem (erheblich) kleinerem Entwicklungs-Budget für CPUs und GPUs als Intel bzw. Nvidia arbeiten musste.
@foo_1337 D. h. Dir ist bekannt, dass die Treibersituation unter Linux momentan für AMD-Grafikkarten weit besser ist als für Nvidia-Grafikkarten. Und dass Nvidia dafür massiv kritisiert wird. Wieso zündest Du so viele Nebelkerzen?
Ich denke auf Dauer hat Nvidia keine andere Chance als hier nachzuziehen.
@foo_1337 so wie ich es sehe, wird die LGPL-Lizenz sehr selten verwendet. In den meisten Fällen wird eher die MIT-Lizenz oder ein Derivat der MIT-Lizenz verwendet.
* Natürlich hat 2017 auch die erste Miningblase geholfen. AMD konnte damit ihre eigentlich nicht konkurrenzfähigen GPUs in großer Stückzahl absetzen. Der Rückschlag 2018 tat AMD weh. Deshalb sind die F&E-Ausgaben 2019 nicht stark gestiegen. Da 2018 die CPU-Umsätze schon höher waren, brachte der Rückschlag AMD nicht in größere Probleme. Er hat aber die Wachstumsstory verhagelt und den Aktienkurs gedrückt.
McSchott schrieb:
Das mag ja richtig sein. Nur auf Nvidia bezogen bin ich mir nicht sicher ob deren Haltung langfristig so gut ist. Ein Pferd mag nur so hoch springen wie es springen muss. Aber irgendwann muss es vielleicht doch höher springen, bekommt es dann vielleicht nicht mehr auf die Kette weil es zu satt und eingerostet ist. Hat man ja bei Intel gesehen das die enorme Mühen auf sich nehmen mussten um wieder in die Spur zu finden.
Wenn ich das Interview mit Jim Keller bei anandtech lese, komme ich zu einem ganz anderen Schluss. Bei Intel hatte sich die Einstellung "
Moore's Law is dead" breitgemacht. D. h. es kann nur noch kleine Fortschritte in der CPU-Technik geben. Und dann kam das Prozessdesaster dazu. Vielleicht hat auch hier die Einstellung "
Moore's Law is dead" zugeschlagen, so dass Intel wichtige Maßnahmen zu lange hinausgezögert hat.
https://www.anandtech.com/show/16762/an-anandtech-interview-with-jim-keller-laziest-person-at-tesla
Es gibt da einen Abschnitt: Kontext ist, dass Jim Keller erklärt dass Interviews zu geben auch ein guter Weg war viele Leute bei Intel zu ereichen:
Like everybody thought Moore's Law was dead, and I thought ‘holy crap, it's the Moore's Law company!’.It was really a drag if [as an engineer] your main thing was that [Moore’s Law is dead], because I thought it wasn't. So I talked to various people, then they amplified what I said and debated it, and it went back inside.
Dieses Interview ist absolut genial. Es hat unglaublich viele Facetten und Einsichten. Es ist ein Meisterstück von Ian Cutress.
@McSchott
Man kann Nvidia einiges vorwerfen. Aber ganz sicher nicht sich in den letzten Jahren ausgeruht zu haben. Es ist ganz einfach so, Nvidia ist der Marktführer und ein Technologietreiber bei GPUs. Nvidia hat die Option Defacto-Standards zu setzen. Also tun sie es. Sie haben damit auch einige offene Standards beerdigt.