Der langsame Niedergang von Nintendo.
Mir macht es keine Freude darüber zu schreiben.
Ich bin mit dem SNES 1993, 1994 quasi als Teenager aufgewachsen.
Mario, Zelda, Street Fighter, F-Zero, R-Type sind mir in guter Erinnerung.
Später kamen Soulblazer, Illusion of Gaia, Terranigma, Mickey Mouse, Tiny Toons etc. dazu.
Ich war als Teenager ständig knapp bei Kasse.
Daher konnte ich mir nicht alle Games leisten.
Dennoch war es toll das SNES zu haben. Es war interessanter als LEGO Piraten, die ich davor als Kind gesammelt hatte. Das Sega MD kam nicht infrage, auch wenn es für mich optisch ein bißchen "cooler" ausschaute. Aber ich war halt ein Nintendo-Kind.
Ich kam September 1994 auf die Realschule, damals 7. Klasse. Da gab es Informatikpflicht im naturwissenschaftlichen Zweig. Aufgrund meiner schlechten Noten, haben mir meine Eltern damals für satte 3599 DEM einen Gateway2000 PC gekauft. Er hatte einen i486 DX2/66, 8 MB PS/2 RAM, 540 MB HDD, 15" Sony CRT Monitor, kein CD-ROM, aber ein 3.5" Floppy.
Meine Noten wurden nicht viel besser. Aber mich hatte das PC-Fieber gepackt. Doom 1 auf 4x 3.5" Disketten (unter der Hand am Pausenhof). Das hat alles andere, was ich je davor gezockt hatte, in den Schatten gestellt. Ferner war es faszinierend MS-DOS 6.22 und Windows for Workgroups 3.11 zu erlernen. V.a. DOS war sehr interessant, da man damals die CONFIG.sys und AUTOEXEC.bat optimieren musste, um Spiele zu beschleunigen. Später kamen viele andere Games dazu, die mir gleichgesinnte Mitschüler unter der Hand auf dem Pausenhof "besorgt" hatten.
Ich hab dann im Laufe meiner Realschulzeit aus der Ferne beobachtet, wie andere Mitschüler sich oftmals Sony PS 1, manche Sega Saturn und ein paar sehr gut Betuchte vorher das 3DO holten. Amiga CD32 und Atari Jaguar 64 sind mir als Megaflops von damals in guter Erinnerung. Es gab natürlich auch zahlreiche Mitschüler, die später das N64 kauften. Nur schon damals ist mir in allen Zeitschriften aufgefallen, dass es hierfür weniger Games gab als bei der PS 1. Ausserdem war das N64 noch Modul basiert, wohingegen die PS 1 auf CDs setzte, die sich viele durch einen Brenner raubkopierten. Mir war die PS 1 und ihre Games zu teuer. Meine Eltern wollten mir neben dem PC keine PS 1 finanzieren. Damals hat sich die PS 1 gegen Saturn und N64 total durchgesetzt. Sie war sogar angesagter als der PC. Ich hab mir 1995 oder 1996 ein Mitsumi IDE 2x CD-ROM LW gekauft für sagenhafte 299 DEM. Das war für mich wirklich was besonderes. Ab da war ich auf der Realschule fast Elite auf dem Pausenhof. Ich konnte am PC Audio CDs abspielen und dazu die ersten CD-ROM Spiele wie Rebel Assault zocken. Ausserdem hat die PC-Player damals auf der Heft-CD zahlreiche Demos veröffentlicht. Das gab es bei den Konsolen (noch) nicht. Hier hat das Medium CD schon seine Überlegenheit gegen das Modul ausgespielt. Denn später gab es PS 1 Spielehefte, die Demoversionen von PS 1 Games veröffentlicht haben.
Später bin ich nach der Realschule aufs Gymnasium gewechselt. Meinen SNES hatte ich mittlerweile verkauft. Ich erinnere mich noch genau, wie PS 2 irgendwann 97 oder 98 rauskam. Sie war mir aber wieder zu teuer und ich hatte noch meinen PC. Der Sega Dream Cast schien mir aus der ferne eine echt geile Konsole. Aber auch sie ist irgendwann gefloppt. So ist am Ende um die Jahrtausendwende nur noch Sony als Konsolenmarktführer geblieben. Danach abgeschlagen noch Nintendo. Und über beide hat der PC als allgemeine Unterhaltungsplattform geherrscht. Ich wollte 2000 irgendwie Geld sparen und die PS 2 dennoch kaufen, denn sie war die absolut angesagteste Plattform damals. Aber wieder kam mir der PC in die Quere. Es erschienen damals eine Reihe von neuen CPUs und GPUs sowie 3D-Spiele, die für die PC-Plattform einen Quantensprung bedeutet haben. Ich war in Mai 2000 in der 13. Klasse Gymnasium und kurz vorm Abi. Ich habe bei Comtech 2000 als PC-Techniker angefangen. Das verdiente Geld, hab ich in PC Komponenten gesteckt. Ich hab mir einen Intel Celeron 400, eine nVidia TNT 2 mit 16 MB RAM PCI und 64 MB RAM gegönnt sowie einen Teac 6x CDR-Brenner SCSI. Auf diesem System hab ich Tag und Nacht Ultima 9 gezockt. Für eine Voodoo 3300 hatte ich leider kein Geld. Aber Ultima 9 hat mich dann endgültig an den PC gefesselt. Dann gab es noch einige sehr grafikgeile Shooter. Quake 1, Duke Nukem 3D, Shadow Warrior etc. Währenddessen haute Sony auf der PS2 ein geiles Game nach dem anderen raus. Mir tat es weh, dass ich nicht die Zeit das Geld hatte neben dem PC noch die PS 2 und all die geilen Games zu besitzen.
Nach dem Abi bin ich studieren gegangen. An der Uni hab ich sukzessive meinen PC ausgebaut. 2002 hab ich mir nach dem Vordiplom die X-Box 1 gegönnt. Ich wollte gegen den Mainstream schwimmen und da ich mir die Sega Dreamcast nicht gegönnt hatte, wollte ich diesemal etwas "besonderes" machen und hab mich gegen die etablierte PS 2 entschieden. Ich erinnere mich, dass paralle dazu das GameCube erschien. Schon damals ist mir dasselbe wie beim N64 aufgefallen. Wieder ein proprietäres Medium. Mini-Disc statt DVD wie PS 2 und XBox-1. Die PS 2 und X-Box haben sich durchgesetzt. Natürlich auch wegen der lächerlich einfachen Raubkopiermöglichkeiten. Ausserdem wurden viele PC Spiele leichter auf Sony und Microsoft portiert als auf Nintendo. Und mit dem GameCube hat Nintendo irgendwie das Kiddie Image verstärkt. Ich hatte zwar noch Gefühle für Nintendo aufgrund meiner Kindheit. Aber ich war langsam erwachsen.
An der Uni hatte mich mal eine Vorlesung zu Enterpreneuership und strategischem Marketing. Dort lernte ich, dass Firmen nicht aus der Sicht der eigenen Produkte, sondern aus der Sicht des Kundennutzens denken müssen. Und schon damals hab ich mir überlegt, dass Nintendo ja nicht Spiele verkauft, sondern Freizeitspass. Und als Unterrubrik zum Freizeitspass waren halt die Video-/Computerspiele. Somit konkurrierte Nintendo nicht nur mit anderen Spieleherstellern, sondern mit allen Firmen der Welt, die eine interessante spielerische Freizeitgestaltung anboten. Schon damals waren Handies Spielzeug Nr. 1 unter den Studenten. Denn die wenigsten hatten Zeit und Lust sich mit Konsole oder PC zu beschäftigen. Ich hab beobachtet, wie Tausende Std auf ihrem Nokia 6210 oder Siemens S35i gespielt haben. Simpelste Dumpfbackengames. Da war mir klar, dass meine Überlegung, dass Nintendo es in ferner Zukunft sehr schwer haben wird gar nicht so verkehrt war. Der PC wurde immer leistungsstärker. 2006 ist die PS 3 erschienen, 2007 das erste iPhone. Die Anzahl Gadgets, mit denen Nintendo um die Freizeit seiner potentiellen neuen, sowie der schon vorhandenen Kunden kämpfen musste, hat sich erhöht.
Ich habe mir aber als Student neben dem PC und der X-Box 1 noch einen gebrauchten GameCube gegönnt. Ich erinnere mich, wie ich mir Metroid aus der Videothek geliehen hab. Und das war für mich ein Desaster. Ich war von Maus + Tastatur sowie vom Xbox Joypad so verwöhnt, dass ich dieses Spiel nach 3 Std. frustriert beendet hab. Aufgrund des zu kleinen Joypads konnte ich nie präzise "strafen" und schiessen. Spätestens da wusste ich, dass es Nintendo richtig verbockt hatte. Denn ich hatte damals und habe heute noch im Keller ein waschechtes Ascii-Pad fürs SNES. Das geb ich nicht her. Denn eines Tages kauf ich mir wieder ein SNES (ebay) und werde die alten Perlen sicher bequem darauf zocken. Das GC hab ich nach 3 Monaten wieder verkauft.
Am Ende meines Winf Studiums hab ich mit dem Job angefangen. Ich hatte immer weniger Zeit zum Zocken. Aber 2008 hab ich mir dennoch gebraucht bei eBay Nintendo DS mit Zelda Phantom Hourglass gegönnt. Und wisst ihr was? Das war geil! Leider war es auch das einzige Spiel, da ich beruflich immer stärker eingespannt wurde. Ausserdem hatte ich noch ein Smartphone und durch viel SMS mit Kumpels sowie ab und zu PC zocken ist auch viel Zeit vergangen. Mein Bekanntenkreis gliederte sich in 4 Gruppen: Smartphone, PC, Xbox 360 oder PS 3 Superzocker.
Erst 2007-2008 hatte das Wii nennenswerte Marktanteile. Es war echt aufregend. Nur wie gesagt, schon damals war es auf die Casual Gamer und eben nicht-Konsolen-Zocker ausgerichtet. Eine Zielgruppe, die über die Zeit nicht konstant bleibt in Sachen Altern, Einkommen und verfügbare Freizeit. Ehrlich gesagt, ich wollte mir noch die Wii holen. Aber es gab keine freie Zeit hierfür. Ich hatte meinen PC, mein Smartphone und noch die Xbox 360, auf der ich sehr wenig gezockt hab.
Und irgenwann ist das Wii U erschienen. In einer Zeit, wo die Smartphones wirklich hammergeil waren, immer grössere Bildschirme, Samsung Note sei Dank (das hab ich immer noch, das Note 1). Und die Wii U ist eben zur falschen Zeit am falschen Markt für die falsche Zielgruppe erschienen. Durch die Smartphones, Facebook, Twitter, Instagram, Whatup Social Media allgemein haben sogar Microsoft und Sony Probleme bekommen. Die PC Hardwareverkäufe sind seit ca. 4 Jahren rückläufig. Viele Jugendliche haben kein Bock mehr komplexe Games zu zocken, egal auf welcher Plattform. Smartphones und Tablets dominieren den Markt. Dummfick-Dödelgames dominieren die App-Stores. Viele 20 jährige sind zu doof oder zu verwöhnt um längerfristige Games durchzuhalten. Die 30 Jährigen sind unentschlossen. Und meine Generation, d.h. Ende 30, sind langsam am "aussterben". Sobald meine Generation endgültig geheiratet hat und Kinder bekommt, ist die Erinnerung an die guten alten Zeiten futsch. Wo soll die Zeit für die ahso innovativen Nintendo Konzepte denn herkommen?
Ich bin 8 Std. im Büro, Montag bis Freitag als IT-Spezialist. Nur die WE sind frei. Und diese teile ich mit der Freundin. Viele gute PC Games werde ich bis zur Rente nimmer zocken.
Um meine Freizeit konkurrieren:
1. Freundin.
2. Freundeskreis
3. Fitness Studio
4. Social Media Diskussionsforen zu Themen, die mich interessieren
5. Internet News Konsum
6. Weiterbildung IT
7. Börse und Finanzen
8. Smartphone -> Whatsup, Anrufe, Facebook, Youtube
9. ab und zu Vor-/Nachbereitung für den Job am WE
Sollte ich je heiraten und Kinder haben, dann kann ich erst ans Zocken denken, wenn diese ca. 7 Jahre alt sind.
Bis dahin sind VR-Brillen sicherlich das nonplus ultra und werden sämtliche Konsolen ersetzt haben.
Es geistern Themen wie Internet of Things, Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz, Deep Learning etc. durch die Welt. Wie will Nintendo da ein grösseres Stück vom Kuchen haben? Sie haben nicht gelernt, dass die knappe Ressource NICHT die Spiele sind, sondern die frei verfügbare Zeit der potentiellen Konsumenten.
Wenn ich Nintendo wäre, würde ich die HW-Abteilung dichtmachen und wie Sega nur noch Spiele produzieren und zwar für alle erfolgreichen Plattformen: Smartphone, Tablet, PC, VR-Brille, evtl. PS 4 oder Xbox One. Ansonsten sehe ich Nintendo 2018 in der Insolvenz und Ausverkauf.
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mir der Zeit!
So, sorry für den mega langen Text.
Hoffe, ihr könnt darüber nachdenken und mir zustimmen oder konstruktiv kritisieren. Bitte kein Bäshing. Ich bin mit ganzem Herzen noch in meinen Erinnerungen an 1993-1994 wo ich noch mein heißgeliebtes SNES hatte.